Disclaimer: Um es mit den unsterblichen Worten einer lieben Freundin auszudrücken:
"Ich bin eben mal rüber gerudert und hab sie mir kurz ausgeborgt. Sobald wir fertig sind, bringe ich sie gleich wieder zurück."
Mit anderen Worten: Keine der Figuren, Handlungsplätze usw. gehören mir und das wissen wir ja Alle.

Man muß sich immer wieder wundern, was man auf einer Reise für Leute treffen kann. Oder?


Von Menschen und Elben
von J.T



"Was ist denn da vorne los?" Der Reiter rechts von ihm, Wergrin schüttelte den Kopf. Er hatte sich im Sattel aufgerichtet und in den Steigbügeln stehend über die Köpfe der Vordermänner gesehen. "Die Vorhut hat etwas entdeckt aber ich konnte nicht erkennen Was. Irgend etwas Kleines." Der Wald links von ihnen war an dieser Stelle nur 200 Meter entfernt. Ayl´corn sah zur Seite, vermutete ein Waldtier auf das sie jetzt wohl für das Abendessen Jagt machten. Die Neugier zog ihn allerdings nach vorne und so trieb er sein Roß zu einer schnelleren Gangart an. Der Trupp war zum stehen gekommen und die meisten schwatzten mit dem Nebenmann, Andere hatten sich, wie zuvor Wergrin, aufgestellt um besser sehen zu können. Ayl war nun soweit vorne das er den Grund für die Verzögerung ausmachen konnte. Die Vorhut hatte sich ungewöhnlich weit vom Rest entfernt und nur 50 Meter vom Wald entfern etwas eingekreist. Er konnte entfern kehliges Lachen hören. Es war von einer Art die ihm gar nicht gefiel. Er schnalzte und sein Pferd lief schneller. Ayl mußte dahin und nachsehen. Etwas stimmte nicht.
Plötzlich fiel einer der Reiter die den Kreis bildeten nach hinten und von seinem Pferd. Überraschte und verärgerte Ausrufe wurden laut. Ayl war nah genug um zu erkennen das ein Pfeil in der Schulter des Gestürzten steckte. "Heda, was habt ihr gefunden? Was ist denn los?" Es kann keine Antwort, statt dessen wichen die Reiter alle etwas von der Kreismitte zurück und richteten ihre soweit vorhandenen Bögen darauf. Das muß ja sehr gefährlich sein. Der Einzelne schob sich zwischen sie und die angrenzenden Pferde tänzelten unruhig zur Seite. "Ein Mädchen?" Ja, ein Mädchen. Ein Elbenkind um genau zu sein. Sie mochte ihrer Größe nach 12 Sommer zählen und entsprach auch sonst ganz dem Bild das man von den seltenen Elbenkindern hatte. Bis auf eine Kleinigkeit. Sie hatte ziegelrote Haare. In den Händen hielt sie einen gespannten, kleinen Nußbaumholz Bogen, die Spitze des Pfeils deutete auf den Anführer der Gruppe. Ayl lehnte sich zur Seite und raunte seinem Nebenmann eine Frage zu. "Was ist denn los?" Ebenso leise antwortete der Andere. Indessen musterten sich der Anführer und die kleine Elbin starren Blickes und entschlossen keinen Schritt zurück zu weichen. "Als wir sie zuerst sahen stürzte sie aus dem Wald, eine Horde hundsgroßer Spinnen hinter sich. Nach ein paar Metern schreckten die Spinnen vor dem Licht zurück und zogen sich zurück in die Schatten des Waldes. Sie lief noch ein paar Schritte und ließ sich dann zu Boden fallen. Rohtr näherte sich ihr und trieb sie etwas vom Waldrand weg, ich weiß nicht warum. Horin und wir anderen ritten ebenfalls hin - um nachzusehen. Kaum waren wir bei ihr als sie auch schon ihren Bogen auf uns richtete. Und jetzt haben wir die aktuelle Pattsituation. Sie fürchtet sich vor uns und Horin will nicht erschossen werden. Aber keiner von uns spricht Elbisch." Ayl nickte. Vielleicht konnte er vermitteln. Er stieg ab und trat in den Kreis. Sämtliche Aufmerksamkeit richtete sich sofort auf ihn. "Pedyn nî bedath edhellen. Tûlon nîn nara Ayl´corn. *Ich spreche die elbische Sprache. Mein Name lautet Ayl´corn*" Das Mädchen legte den Kopf leicht schief und kniff die Augen zu Schlitzen zusammen als sie ihn in Augenschein nahm. Er hatte die Sonne im Rücken und die Elben des Düsterwaldes mochten gleisende Helligkeit nicht. "Tûlon nîn nara Rána. Chî´dr vago? Nî´dr ma. *Mein Name ist Rána. Willst du kämpfen? Ich will es nicht.*" Ayl deutete ein Kopfschütteln an. "Ney! Neech sach schnek, slem-ba. *Nein. Ich bin dein Freund im Frieden.*" Sie lächelte zaghaft der freundlichen Worte wegen. Ayl lächelte zurück und wandte sich dann an Horin. "Ihr könnt eure Bögen sinken lassen. Ich denke nicht das sie eine Gefahr für uns ist. Sie hatte nur Angst." Wie um seine Worte zu bestätigen nahm Rána den Pfeil von der Sehne. Derjenige der Gruppe der den Pfeil in die Schulter bekommen hatte war inzwischen wieder auf den Beinen und sehr, sehr wütend. Es war nur eine Schramme, aber immerhin... Er hatte das kleine Mädchen unterschätzt und war nun auf sich selbst und natürlich die Elbin zornig. Sie erkannte seinen Gemütszustand und sah auch ein das er das Recht dazu hatte aber sie hatte sich schließlich auch nur verteidigt als er sie vom Pferd herunter ergreifen wollte. "Ple´dr´os. *Es tut mir leid.*" Sie meinte es aufrichtig. Ayl übersetzte, war aber nicht sehr optimistisch das die Entschuldigung angenommen wurde. Er sollte recht behalten. "Das reicht mir nicht! Ich verlange Wiedergutmachung." Mit anderen Worten wollte er ihr nun für seinen Schmerz ebenfalls Leid zufügen. Auf die kurze Distanz war ihre einzige Waffe, der Bogen, nutzlos. Was er nun vorhatte war nicht fair, auch wenn der Reiter verletzt worden war so war sie doch immer noch ein Kind und er wesentlich stärker. Sie wußte um ihre Chancen aber keiner der Reiter schien eingreifen zu wollen. Sie wandte sich an die einzige Person vor der sie sich Unterstützung erhoffen konnte. "Ayl´corn, Tiro enî! *Ayl´corn, bitte hilf mir!*" Der Angesprochene sah sie an, dann den Reiter der auf sie zuging und vor dem sie zurück wich. Er senkte den Kopf und wandte sich ab. Das kannst du doch nicht zulassen! Unternimm etwas. Sein Gewissen tobte, schrie das er das sein Leben lang bereuen würde, doch Ayl schnitt ihm das Wort ab. Ist ja gut, Das habe ich ja vor. Er saß auf und galoppierte den Beiden nach die sich inzwischen ein gutes Stück entfernt hatten.
Der Kreis der Reiter hatte sich für sie geöffnet und Rána lief um ihr Leben, den Mann dicht hinter sich. Es war zu weit bis zum Wald, sie konnte nicht gegen einen Erwachsenen gewinnen. Instinktiv schlug sie einen Haken und wich knapp der Hand aus die nach ihr griff. Sie hörte Hufgetrappel, ganz dicht neben sich. Rána drehte den Kopf und sah wie Ayl sich zu ihr hinabbeugte um sie im vollen Ritt aufzugreifen. Kann ich ihm trauen? Sie hatte keine Wahl. Kaum verlangsamend streckte er ihr seinen linken Arm entgegen und sie zog sich daran hoch, hinter ihn auf das unbesattelte Pferd.
Die anderen Reiter hatten sich inzwischen auch in Bewegung gesetzt, wahren offensichtlich mit Ayls Einmischung nicht einverstanden.
Ayl hatte vorgehabt in den Wald zu reiten und sie dort abzuhängen doch konnte er nun sehen das sich immer noch die Spinnen im Unterholz verbargen. Er ließ sein Pferd also halten und wendete es. Mit dem Rücken zum Wald wartete er das die restlichen seiner ehemaligen Reisegruppe eintrafen. Rána welche sich festgehalten hatte lockerte ihren Griff und machte Anstalten sich vom Pferd gleiten zu lasen. Er konnte ihr nicht mehr helfen und sie wollte ihn nicht in noch mehr Schwierigkeiten bringen als er eh schon hatte. Zudem waren sie unbewaffnet. Er hatte kein Schwert oder Bogen und ihren hatte sie auf der Flucht verloren. Sie würde sich stellen und die Strafe ertragen. Rohtr würde ihr wohl einen Arm oder ein Bein brechen. Ayl hielt ihre Hand, mit der sie sich um seine Taille greifend festgehalten hatte, fest als sie sie wegziehen wollte. Begriff er denn nicht? "Nî mûro noro. Nîa garo rhin sigil a henî echî gûro. *Ich muß gehen. Wir haben keine Waffen und sie werden dich töten!*" "La! Darthon at êchi. *Nein! Ich bleibe bei dir.*" Sie murmelte etwas das verdächtig nach: "Gûhand Adan! *Närrischer Mensch*" klang aber er war sich nicht sicher. Seine Aufmerksamkeit war zu sehr von den anderen Reitern eingenommen. "Du hattest kein Recht dazu. Es stand Rohtr zu sich an ihr zu rächen. Warum hast du unser Vertrauen mißbraucht?" "Weil sein Ansinnen durchaus nicht gerechtfertigt war. Sie ist noch ein Kind! Zählt das bei euch gar nichts?" "Du hattest kein Recht dazu." Sehr stichhaltiges Argument. Die Reiter zogen ihre Schwerter.
Ayl´corn führte wie Rána richtig festgestellt hatte kein Schwert mit sich, dafür aber etwas Anderes. Aus einer Innentasche seiner Robe holte ein einen kleinen, runden Metallzellinder hervor. Mit einem abgehakten Summton war aus dem faustgroßen Objekt plötzlich ein Stab geworden. Die Reiter stutzten. Was war das denn gewesen?
Ayl wog seine Denn´bok wartend in der Hand. "Anla´shok?" Rána war über alle Maßen verblüfft, sie tastete mit einer Hand nach oben knapp unter sein Schlüsselbein. Ihre Finger ertasteten eine kalte Steinbrosche. In gutem Audronado fragte sie ihn ob dies ein Isil´zha sei und der Ranger antwortete wahrheitsgemäß mit >Ja<. Horins Leute hatten sich gefaßt und kamen nun entschlossen auf sie zu.
"Alae! *Hallo!*" Eine neue Stimme ertönte. Eine große Gruppe Elben kamen auf ihren grauen Pferden aus dem Wald geritten. Sie waren offensichtlich eine Jagdgesellschaft nach der Beute zu urteilen die hinter ihnen über die Rücken der Pferde geworfen waren und den Menschen zahlenmäßig zwei zu eins überlegen. In Westrohn begannen Horin und der Anführer der Elben zu diskutieren wobei der Mensch hin und wieder aufgebracht in Ránas und Ayls Richtung deutete. Der Elb wurde zunehmend ablehnender und Horin in gleichem Maße hitziger. Glücklicherweise eskalierte die Situation nicht da sich die Menschen der zahlenmäßigen Überlegenheit der Elben nur zu bewußt waren und sich ihr schließlich beugen mußten. Mißmutig ritten sie davon.
Ayl blieb natürlich zurück, er wollte nichts mehr mit ihnen und sie nichts mehr mit ihm zu tun haben. "Ich grüße dich. Mein Name ist Lumyn und der Adan Horin sagte mir was du für unser Kind getan hast. Wir sind dir zu Dank verpflichtet. Können wir etwas für dich tun?" Ayl überlegte einen Moment sah dann zu Rána. Sie erwiderte den Blick mit interessierten, blauen Augen. "Ich würde gerne eine Nacht unter eurem Schutz verbringen. Es wird bald dunkel und der Düsterwald hält des Nachts unliebsame Überraschungen bereit. Beim Morgengrauen werde ich weiterziehen. Zuvor würde ich allerdings gerne Ránas Eltern kennen lernen. Sie weiß Dinge die mich mehr als verwundern." Lumyn nickte zustimmend. "Wenn es dein Wunsch ist, kannst du uns begleiten. König Therodan wird sich über Besuch freuen. Es war sehr ruhig in letzter Zeit."
Sie machten kehrt und die ausgelassene Truppe ritt in die beginnende Dämmerung unter den Bäumen.

Vielleicht 50 Meter von den Reitern entfernt beobachteten 3 Gestalten von Schatten und Bäumen verborgen wie sie auf dem Pfad zum Schloß von König Therodan verschwanden. Die Frauen sahen einander zufrieden an. Atropos nahm leise Lächelnd die Schriftrolle entgegen in der ihre etwas ältere Schwester ein paar Worte durchgestrichen hatte und fügte selbst etwas mit einer silbernen Feder hinzu. Lachesis ließ ihre Flachsspindel zwischen den Händen entlang rollen und starrte abwesend vor sich hin. Sie mochte Veränderungen ihrer Arbeit im Grunde nicht aber hier würde es nicht schaden und Atropos hatte mit großer Eindringlichkeit gesprochen. Nun, es konnte ihr ja egal sein, sollte ihre Schwester ihren Willen haben.
Die Moiren fasten sich bei den Händen und ihre Umrisse verloren sich in Nebel und Rauch.

 

Fin

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