Disclaimer: Die Jungs gehören immer noch Panzer/Davis und Rysher Entertainment. Ich hab' sie nur ausgeliehen.
Fandom: HL:TS
Charakterliste: M, J
Kurzbeschreibung: Urlaub der etwas anderen Art. Aber was will man schon erwarten, wenn man einen Immortal dabei hat?
Rubrik: Humor
??2000



Urlaub gefällig?
von
Counselor und Jeherion


***


Joe Dawson blickte nachdenklich aus dem Fenster. Das Knacken und Knirschen in den alten Rahmen wurde immer bedrohlicher und der Sturm, der über Paris tobte, hatte noch nichts von seiner Kraft verloren. Bereits in den ersten Stunden hatte dieser Jahrhundert-Orkan, wie man ihn nach kurzer Zeit nannte, immense Schäden angerichtet und noch immer ließen die tosenden Winde nicht nach. Seufzend sah Joe zur Tür. Mit Gästen konnte er heute wohl nicht rechnen. Wieder so ein trister Tag, an dem er seinen Gedanken nachhängen würde. Gedanken, die seine Stimmung auf den Tiefpunkt treiben und ihn an dem Sinn des Wortes "Freundschaft" zweifeln lassen würden. Gedanken an Duncan MacLeod, von dem er seit dessen Kampf mit O'Rourke nichts mehr gehört hatte. Gedanken an Methos, der in der Welt umherzog, aber ihm wenigstens hin und wieder ein Lebenszeichen zukommen ließ. Gedanken an...
Krachend flog die Eingangstür auf und eine vermummte Gestalt taumelte herein.

"Meine Güte Joe, was ist das hier für ein beschissenes Wetter!?" Der schlanke Mann in dem schlichten grauen Trenchcoat schlenderte kopfschüttelnd in Richtung Theke.

Joe traute seinen Augen kaum. "Methos? Du?"

Der dunkelhaarige Unsterbliche setzte ein breites Grinsen auf. "Natürlich ich, denkst Du, ich lasse meine Freunde an Weihnachten alleine?" Er bemerkte Joe's vorwurfsvollen Blick. "Ja, schon gut, ich bin ein bißchen spät dran, die Feiertage sind fast vorbei. Trotzdem musst Du mir zugute halten, daß ich mich durch den Sturm bis zu Dir vorgekämpft habe!?" Methos schälte sich aus seinem durchnässten Mantel und plazierte sich auf einem der Barhocker.

Joe versuchte seiner Gefühle Herr zu werden, er war zwar unendlich erleichtert, den über 5000 Jahre alten Unsterblichen wieder bei sich zu haben, wollte es sich aber nicht anmerken lassen. Darum hielt er sich nicht lange mit einer Begrüßung auf. "Was willst Du trinken?"

"Öh, ein Kaffee wäre nicht schlecht!"

Mit einer Hand bereits am Zapfhahn blickte Joe auf. "Wie, Kaffee? Kein Bier? Bist Du krank?"

Seine kalten Finger massierend erwiderte Methos:"Ich dachte, bei dieser Apokalypse draußen....!" Wieder erschien das spitzbübische Lächeln auf seinem Gesicht. "Kleiner Scherz. Eigentlich wollte ich...ach, vergiss' es, diese guten Vorsätze zum neuen Jahr sind sowieso 'ne dumme Erfindung. Also, her mit dem Bier! - Ach, übrigens...." er beugte sich zur Seite und zog ein Päckchen aus dem Trenchcoat hervor, "....Frohe Weihnachten, Joe."

Erstaunt nahm Joe das kunstvoll verpackte Etwas entgegen. Er war vollkommen verblüfft und gerührt - ein Geschenk von Methos. Langsam löste er die große Schleife und schlug das glänzende Papier zur Seite. Sprachlos blickte er auf den Inhalt.

"Joe? Gefällt Dir das Buch etwa nicht?"

" 'Heidi' von Johanna Spyri? Methos, das ist ein Kinderbuch!"

"Aber Joe, blühende Almwiesen, ein kleines Mädchen, der wortkarge Alm-Öhi ... wer kann sich schon diesem Charme entziehen?"

Joe zupfte seinen graumelierten Bart. "Alm-Öhi, hm? - Du nimmst mich auf den Arm, oder?"

Der Unsterbliche warf dem grinsenden Beobachter seinen "Unschulds-Blick" zu und fügte mit ernster Stimme an: "Das Buch sollte nur ein Symbol für mein eigentliches Geschenk sein. Ich wollte Dich über Silvester in die Schweiz mitnehmen, damit Du mal ein wenig Entspannung hast." Er machte eine abwehrende Handbewegung als Joe den Mund zu einer Erwiderung öffnete. "Glaub' mir, Joe, Du hast eine Abwechslung dringend nötig; und wenn Du mir nicht glaubst, dann sieh' in den Spiegel!"

Joe schloß die Augen und fuhr sich mit der Hand durch das kurzgeschnittene Haar. Wann hatte er das letzte Mal Urlaub gehabt? Aber sollte er das Angebot wirklich annehmen? Dagegen sprach sein Ehrenkodex als Beobachter, doch den hatte er schon vor einigen Jahren durch die Freundschaft mit MacLeod gebrochen. In Begleitung eines Unsterblichen zu reisen, bedeutete auch, sich eventuell in Gefahr zu begeben. Zu oft war Joe von den weniger freundlichen Unsterblichen als Druckmittel einge- setzt worden, um MacLeod aus der Deckung zu locken. Konnte er sich und Methos dieser Gefahr aus- setzen?

"Joe?" Methos' fragende Stimme brachte ihn in die Wirklichkeit zurück. "Ich hab' alles sorgfältig geplant, Du brauchst nur Deine Sachen packen - und die Bar machst Du für ein paar Tage zu! Na?"

Entgegen aller Bedenken und Vorschriften nickte Joe. "Abgemacht!"



* * * * *


Drei Tage später zog er frühmorgens die Tür hinter sich ins Schloß und betrachtete mit innerlichem Seufzen den leicht verdreckten Jeep auf der anderen Straßenseite. Methos stand gelassen an der Fahrertür und grinste ihm entgegen, während Joe noch einen prüfenden Blick zum Himmel warf. Der Sturm hatte inzwischen nachgelassen, doch es war noch immer leicht windig. Schöneres Wetter würde weiter auf sich warten lassen, es gab einfach zu viele Wolken, als daß die Wintersonne eine reelle Chance gehabt hätte. Zumindest regnete es nicht, die Straßen waren nicht vereist und es fiel kein Schnee, in dieser Hinsicht konnte nichts ihre Fahrt behindern. Reisewetter.
Er holte noch einmal tief Luft, schwang sich die Reisetasche über die rechte Schulter und überquerte die leere Straße in Richtung des vollbepackten Wagens. "Methos, ich dachte, wir reden hier von einem kurzen Urlaub?! Das hier sieht mir eher nach einem monatelangen Überlebenstrip in der Arktis aus. Was um Himmels willen hast Du da eingepackt?"

Methos trat ein paar Schritte von seinem Auto zurück und begutachtete es kritisch. Ihm schien bisher nicht aufgefallen zu sein, daß es mit unzähligen Taschen und kleineren Kisten beladen war. Nach einem letzten Blick, wandte er sich wieder seinem Begleiter zu: "Das ist nur das Notwendigste, Joe, - ehrlich!"

Joe runzelte fragend die Stirn, zog es aber vor, weitere Kommentare für sich zu behalten. Er öffnete die hintere Tür und mühte sich damit ab, seine Tasche zwischen die anderen Gepäckstücke auf dem Rücksitz zu zwängen. Geschafft, aber.... "Sag' mal, wo willst Du die Kaffeekanne und die belegten Brötchen unterbringen?"

"Kein Problem, Joe, vorne ist noch reichlich Platz."

"Achja, vermutlich vor mir auf dem Boden?"

"So in etwa - ja"

Murrend setzte sich Joe und stellte die Thermoskanne sowie die Tasche mit dem Proviant vor sich ab. Neben ihm ließ Methos sich wenig elegant in den Sitz plumpsen, startete und fädelte sich in den frühmorgendlichen Verkehr ein.
Sie waren noch keine halbe Stunde unterwegs, als Joe nach der Straßenkarte griff und diese eingehend studierte.

"Joe?"

"Hm?" Der Beobachter hob den Kopf.

"Was ist? Willst Du das Ding auswendig lernen? Das ist bloß 'ne Karte und keine Chronik!"

"Eigentlich wollte ich nur herausfinden, welche Strecke Du wohl nimmst..." gab Joe nüchtern zurück.

"Wie wär's mal mit fragen gewesen? Aaaalso, wir fahren hier auf der A6 nach Dijon, dann halten wir uns in Richtung Lausanne, fahren ein kurzes Stück am Lac Leman entlang und dann quasi Luftlinie in die Gegend von Gstaad."

Joe blickte wieder auf die Karte, bemühte sich, die Reiseroute nachzuvollziehen und nickte. Das klang ja eigentlich recht vernünftig.

"Joe, gibst Du mir ein Brötchen und einen Kaffee?"

Kaffee? Ist die Kiste mit dem Bier außer Reichweite oder was? Naja, ist ja genug da...Er schüttete etwas von der dampfenden Flüssigkeit in einen Becher und reichte ihn an Methos weiter. "So, und was ist mit dem Brötchen? Käse, Schinken, Fleischwurst oder Salami?"

"Hast Du keins mit Leberwurst?"

"Nein, keine Leberwurst!"

"Wie jetzt? Keine Leberwurst?"

"Nein, Methos, keine Leberwurst!" wiederholte Joe nachdrücklich.

Methos warf ihm einen vernichtenden Blick zu, begnügte sich dann aber gezwungenermaßen mit einem Salami-Brötchen und verlangte einen weiteren Becher Kaffee.

Als nach zwei Stunden Fahrt die meisten Brötchen vertilgt und die Thermoskanne beunruhigend leicht geworden war, beschloß Joe, sich auch einen Kaffee zu gönnen. Geduldig wartete er, bis auch der letzte Tropfen aus der Kanne in den Becher getropft war und setzte zu einem genußvollen Schluck an, als das Chaos losbrach.

Ein kleiner roter Wagen zog plötzlich ohne zu blinken vor ihnen auf die Spur, um einen LKW zu überholen. Methos trat auf die Bremse und riß, nach einem schnellen Blick in den Rückspiegel, das Steuer nach links, um einen Unfall zu vermeiden.
Nachdem der erste Schreck verwunden war, starrte er seinen Beifahrer vorwurfsvoll an. In einer Hand hielt Joe noch immer den Kaffeebecher, nur daß dieser leer war und sich der Inhalt nun komplett auf Methos' Jeans befand. Joe grinste breit, und obwohl es ihn seinen heißen Kaffee gekostet hatte, fand er die ganze Situation offensichtlich furchtbar komisch. Ganz im Gegensatz zu Methos, der nun - fluchend und über die Naturgesetzte schimpfend - endlich das Gaspedal wiederentdeckte und den Schadenver- ursacher überholte. Sie versuchten beide, einen Blick auf den Fahrer des unvorsichtigen Wagens zu werfen und sahen zu ihrem Erstaunen eine ziemlich betagte Dame am Steuer. Methos schüttelte verzweifelt den Kopf, trat das Gas durch und fuhr vorbei.

"Diese uralten Leute haben echt nichts mehr auf der Straße zu suchen." beschwerte sich der Unsterbliche.

Das war zuviel. Joe brach in lautes Gelächter aus und klopfte sich auf die Schenkel. Methos musterte ihn verwirrt, erkannte dann aber seinen Fauxpas und setzte gerade zu einem Kommentar an, als er ein Schild erspähte, laut dem er in wenigen hundert Metern auf eine andere Autobahn wechseln konnte. Er setzte sofort den Blinker und nachdem er in vorbildlicher Manier in den Rückspiegel und über seine rechte Schulter geschaut hatte, überquerte er in rasantem Tempo die Fahrbahn auf die Abfahrtsspur.

"Na bitte, ich wußte doch, daß es hier eine Abkürzung gibt!"


* * * * *


Joe betrachtete schweigend die Landschaft. Längst hatte er jegliche Orientierung verloren. Kein Wunder bei dem ständigen "Hier kenne ich eine Abkürzung" und "Versuchen wir's doch mal da lang" - langsam zweifelte er daran, daß Methos wußte, was er tat. Doch er konnte nichts anderes tun, als sich seinem Schicksal zu fügen. Sein Rücken schmerzte vom langen sitzen, auch die Beinprothesen machten Ärger; da er nicht genug Fußraum hatte, waren die Beinstümpfe, auf denen die Prothesen aufsaßen, durch die Beugung besonders beansprucht. Ein Königreich für ein heißes Bad. Ein Ruckeln riß ihn aus seinen Gedanken, dazu ein leises Fluchen von der Fahrerseite. Joe hoffte, daß sich seine Befürchtungen nicht bestätigen würden. Erneut gab der Wagen tuckernde Geräusche von sich, was bei Joe eine Art Deja Vu hervorrief. Nicht schon wieder! Mit einem letzten kurzen Hopser blieb der Wagen stehen.

"Methos?"

"Ja, Joe?"

"Ich nehme an, Du hast diesmal einen Ersatzkanister Benzin dabei?"

"Äh....nein. - Aber bevor jetzt ein Donnerwetter auf mich herniedergeht.....siehst Du die Häuser dort vorn? Dort gibt es eine Tankstelle."

Tatsächlich waren in relativ kurzer Entfernung, einige Gebäude zu sehen. Joe verschränkte die Arme vor der Brust. "Und nun wirst Du mir wahrscheinlich erklären, daß Du geplant hattest, daß wir genau bis zu dieser Tankstelle kommen .... und daß dieses Überholmanöver mit der alten Lady genau den Sprit gekostet hat, den wir gebraucht hätten, um die letzten ...naja... 800 Meter bis zum Dorf zu schaffen!?"

"Jaaaa, so ungefähr." Methos schaute dermaßen geknickt, daß Joe sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte.

"Tja, mein Lieber, dann schnapp' Dir den Kanister und mach' Dich auf den Weg. Ich gehe diesmal nicht!"

"Mit dieser Hose?" Skeptisch begutachtete Methos seine mit Kaffeeflecken verzierte Jeans.

"Von mir aus kannst Du auch ohne gehen. Oder willst Du warten, bis die Tankstelle zu uns kommt?"

Der Unsterbliche stieg aus dem Wagen und suchte im Kofferraum einige Zeit nach dem Ersatzkanister. Dann machte er sich murrend auf den Weg.

Joe öffnete die Tür und streckte die Beine während er sich die schwachen Strahlen der Nachmittags- Sonne über sein Gesicht streichen ließ. Wenn das so weitergeht, dann brauche ich nach diesem Urlaub dringend Urlaub!


* * * * *


Sie hatten den Ort Gsteig kurz zuvor passiert, als Methos den Jeep auf eine Nebenstraße lenkte, die sich am Berg entlang schlängelte. Obwohl die Steigung erheblich und die Straße nicht geräumt war, kam der Wagen durch den Vierradantrieb mühelos voran. Nach einer Weile kam ein abgelegenes Gehöft in Sicht. Methos bemerkte Joe's fragenden Blick.

"Nein, nein," lachte er, "das wäre doch ein bißchen zu groß für mich. Das sind die nächsten Nachbarn. Frau Schilchegger, die Frau des Bauern, hält meine Hütte instand - sie wird alles vorbereitet haben."

"Du hast sie informiert, daß wir kommen?"

"Irgendeiner musste ja die Öfen und den Kamin anmachen, damit die Bude warm ist. Zum frieren komme ich nicht hierher!"

Joe schüttelte den Kopf. "Bequemer geht's wohl nicht mehr. Oh Mann, die arme Frau, die Dich mal abkriegt!"

Mit einem breiten Grinsen erwiderte Methos: "Bisher hat sich jedenfalls noch keine beschwert."

Während der Unsterbliche sich auf die immer enger werdende Straße konzentrierte, rief Joe sich wieder ins Gedächtnis, daß Methos mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr Erfahrung im Umgang mit Frauen hatte als er. Wieviel Frauen kann man in 5.000 Jahren haben? Er würde nicht darüber nachdenken - denn im Vergleich zu dem ältesten lebenden Unsterblichen war er nicht mehr als ein Kindergartenkind.

"Joe, hey, nicht einschlafen ... noch eine Kurve, dann kommt mein Haus!"

Interessiert schaute Joe nach vorne, gleich würde er seine alten Knochen strecken können. Er war sehr gespannt ... das nächste, was er sah, war eine Kuh. Mitten auf der Straße. Der Jeep stoppte mit einem Ruck. Eine hellbraune Kuh, mit großen braunen Kulleraugen und einer großen Glocke um den Hals.
Methos schien nicht sehr überrascht zu sein. "Nicht die schon wieder!"

"Ach, Ihr seid Euch schon vorgestellt worden?" frotzelte Joe.

"Ich erklär's Dir später. Jetzt mache ich erstmal die Straße frei." Methos drückte auf die Hupe und fuhr langsam an. Die Kuh blieb unbeeindruckt. Joe kicherte leise. "Ich nehme an, Du hast alles unter Kontrolle?"

"Natürlich habe ich alles unter Kontrolle!" Methos schien ein wenig genervt zu sein. Er stieg aus dem Wagen, nicht ohne sich vorher seine Winterjacke übergezogen zu haben, und ging geradewegs auf die Kuh zu. Joe jurbelte das Fenster herunter und lehnte sich ein Stück raus. "Übrigens, falls ich Dir einen kleinen Tip geben darf: mit diskutieren wirst Du wohl nicht viel erreichen!"

Methos drehte sich kurz um und schnitt eine Grimasse. Er griff nach dem breiten Lederband, an dem die Glocke befestigt war, und zog mit aller Kraft - ohne Erfolg. Als nächstes versuchte er es mit schieben - die Kuh bewegte sich keinen Zentimeter. Sie blickte ihn nur mit ihren Kulleraugen an und käute ihr Mittagessen wider. Methos sah sich nach Joe um, der Tränen lachend im Wagen saß. Das war zuviel.
"Wenn es im Guten nicht geht, dann wirst du schon sehen, was du davon hast." drohte er der Kuh. Doch, wie alles andere zuvor, machte es keinerlei Eindruck auf das Tier.

Joe beobachtete, wie Methos zurück zum Jeep stapfte und sein Schwert unter den Taschen auf dem Rücksitz hervorzog. Schlagartig verschwand das Lachen von Joe's Gesicht. "Methos! Mach' bloß keinen Unsinn!" Er hatte keine Lust, sich die nächsten Tage nur von Rindfleisch zu ernähren.
Methos reagierte nicht auf seinen Zuruf, sondern ging schnurstracks auf die Kuh zu und mit einem lauten Klatschen sauste die flache Seite des Schwertes auf ihre Flanke nieder. Erschreckt machte das Tier einen Sprung zur Seite und trottete dann beleidigt von dannen.

Methos schmiß sein Schwert auf den Rücksitz und stieg mit unbewegtem Gesicht ein. "Ich möchte jetzt nicht weiter darüber reden!" Joe biß sich auf die Lippen und gluckste in sich hinein. Der Wagen bog um die Kurve und gab den Blick auf eine typische Alpenhütte frei.



* * * * *


Als Joe am nächsten Morgen die kleine Küche betrat, erwartete ihn bereits ein reichhaltiges Frühstück. Ein kurzer Blick aus dem Fenster - und ein breites Grinsen erschien auf seinem Gesicht, aber er zog es vor, Methos - noch - nicht über den morgendlichen Besuch auf dem Hof zu informieren.

"Äh, Methos, sag' mal, was war das denn für eine Kuh gestern?"

Methos zog die große Pfanne mit Rührei und Speck vom Herd und runzelte die Brauen. "Sei bloß still. Dieses Vieh tauchte letztes Jahr schon dauernd hier auf. Nach zwei Tagen litt ich bereits unter Ver- folgungswahn! Hab' telefonisch bei Schilcheggers nachgefragt und erfahren, daß es deren Kuh ist, die sozusagen Narrenfreiheit genießt. Sie spaziert den ganzen Tag durch die Gegend und, wenn ihr Euter voll ist, geht sie zum melken zurück auf den Hof." Kurzes Räuspern. "Und sie heißt Heidi."

Joe fing an zu kichern. "Ach, übrigens, Alm-Öhi.....Dein Charme ist wieder gefragt, .... Heidi steht draußen!"


* * * * *



Zwei Stunden später rieselten große weiße Flocken schwerelos zur Erde. Das dumpfe gelb-graue Licht erweckte den Anschein als blicke man auf eine Märchenlandschaft. Alle Geräusche wurden vom dichten Schneeteppich verschluckt und Joe hatte das Gefühl, als befände er sich in einer Welt fernab von jeglicher Realität.

Methos betrachtete seinen Freund mit ernster Miene. Er mußte ihn dringend ein wenig von seinen trüben Gedanken abbringen - aber wie? Grübelnd schaltete Methos die Kaffeemaschine ab und goß den Kaffee in die großen Tassen. Am liebsten würde er diesem sturen Schotten MacLeod kräftig in seinen Allerwertesten treten. Dieser hatte beschlossen, daß es für seine Freunde zu gefährlich würde, wenn er sich in ihrer Nähe aufhielt. MacLeod hatte entschieden, und alle anderen mußten es akzeptieren. Dieser selbstgerechte Kerl - konnte er die Leute nicht selbst entscheiden lassen, was sie wollen? Ihm, Methos, machte es zwar nicht viel aus ein paar Jahrzehnte ohne Mac auszukommen, denn dieses schwarz/weiß Denken des Highlanders - wenn es um Recht oder Unrecht ging - konnte relativ nervend sein. Doch für Joe war der - scheinbar - endgültige Abschied ein herber Schlag gewesen. Mit den Tassen in beiden Händen trat er an Joe heran.

"Na? Welchen traurigen Gedanken hängst Du jetzt schon wieder nach?"

Joe zuckte mit den Schultern. "Dies und das ... nichts bestimmtes."

Methos starrte auf das Schneetreiben. "Ja... klar...ich glaub' Dir auf's Wort." Es klang wenig überzeugend.

"Hey, ich hab' Dich nicht um 'ne Psycho-Analyse gebeten!"

Der schlanke Unsterbliche kratzte sich an der Nasenspitze. "Hab' ich Dir schon erzählt, daß ich einige Zeit der Berater von Hannibal war?"

"Ich dachte, das war Antigonos!?"

"Du weißt doch, in meiner Lage muß man sich etwas zurückhalten! Immer schön auf Abstand zu den Geschichtsschreibern bleiben."

"Aha." Joe wußte, es gab kein Entkommen. Er würde keine Gelegenheit erhalten, sich weiter mit seinen negativen Gefühlen auseinanderzusetzen. Außerdem mußte man die geschwätzigen Momente bei Methos nutzen, denn was seine Erlebnisse in vergangenen Jahrtausenden betraf, kam diese Gesprächigkeit selten. Auch, wenn man nie sicher sein konnte, daß man wirklich die ungeschminkte Wahrheit erfuhr, waren es trotzdem interessante Geschichtsstunden.



* * * * *


Wenige Stunden - und eine "Alpenüberquerung" - später ließ der Schneefall nach.

"Los geht's," forderte Methos Joe auf, "frische Luft schnappen!"

Joe erhob sich von der Couch und ging in sein Zimmer, um Winterjacke und Schal zu holen. Als er zurück kam, bot sich ihm ein ungewöhnlicher Anblick. Methos war in seine neueste Anschaffung - eine dunkelgraue Jacke aus Klimatex in modischer Longform - geschlüpft. Passende Länge für ein Schwert; muß bei Unsterblichen der Renner sein! Doch das rief bei Joe nicht das amüsierte Stirnrunzeln hervor. Vielmehr passte das leuchtend rote Etwas auf Methos Kopf nicht ganz ins Bild. Wieder einmal zupfte Joe unbewußt an seinem Bart.

"Du willst so doch nicht rausgehen, Methos?"

Der Unsterbliche zog seine Kopfbedeckung ab und betrachtete amüsiert die Pudelmütze mit dem großen Bommel.

"Joe," begann er, selbst mühsam ein Lachen zurückhaltend, "es geht hier nicht darum, einen Schön- heitswettbewerb zu gewinnen! Ich will mir nur nicht die Ohren abfrieren. Auch wenn diese Mütze schrecklich aussieht, sie ist waaarm!"

"Du hättest Dir wenigstens was in einer anderen Farbe aussuchen können .... oder zumindest was ohne Bommel!" Joe gluckste.

"Nein! Schließlich ist die Mütze nicht gekauft, sie war ein Geschenk! Außerdem ist rot eine gute Farbe. Falls ich von einer Lawine verschüttet werde, kannst Du mich schneller finden und ausbuddeln!"

"Ich .... Dich .... ausbuddeln?" unkte Joe. "Wenn Du Dich da mal nicht täuschst! Das wäre wahrscheinlich die einzige Möglichkeit, Ruhe vor Dir zu haben!"

"Oh? Du fühlst Dich belästigt? Keine Sorge, ich verspreche, Deinen gequälten Ohren Erholung zu gönnen!" Methos zog die Pudelmütze wieder über die Ohren und deutete Richtung Tür. "Und jetzt: raus hier!"


* * * * *


Jodelnd rauschte die rote Pudelmütze wieder an ihm vorbei, den kleinen Abhang hinab. Sogar die Kinder, die in der Nähe einen Schneemann bauten, kicherten ungläubig. Joe schüttelte den Kopf. Das nächste mal, wenn der Kerl wieder mit Urlaubsplänen zu ihm kam, würde er vorsichtshalber eine Annonce aufgeben; sowas wie: "5000 Jahre alter Kindskopf sucht Reisebegleitung".

Er drehte sich um und beobachtete Methos, der mit dem Schlitten im Schlepptau den Hügel hinauf stapfte.

"Joe, das macht echt tierischen Spaß. Komm', tu mir den Gefallen, eine Fahrt kannst Du doch wohl mit- machen! Bitteeeeee!?"

"Wie oft bist Du schon runtergefahren? Bestimmt zwanzigmal, wenn nicht öfter.... reicht das nicht?"

"Och, Joe, Du Spielverderber," nörgelte Methos, "mach' mit, nur eine Fahrt! Ich hab' extra den großen Schlitten gekauft!"

Joe blickte auf den stabilen Holz-Schlitten, danach auf Methos, dessen Wangen dieselbe Färbung angenommen hatten wie die Mütze. Warum eigentlich nicht?

"Gut - aber nur eine Fahrt!"

Methos stellte den Schlitten in Position und nahm darauf Platz. Joe steckte seinen Stock in den Schnee und plazierte sich hinter dem Unsterblichen, die Füße auf den breiten Kufen. Ein leichter Ruck und der Schlitten sauste los. Lachend rodelten sie den Berg hinab. Joe fand mit jedem Meter mehr Gefallen daran. Voller Übermut steuerte Methos auf die von den Kindern errichtete kleine Schanze aus Schnee zu. Tatsächlich hob der Schlitten ab - überschlug sich und die beiden ausgelassenen Männer flogen in hohem Bogen in die nächste Schneewehe. Stille. Methos kroch zu seinem Freund.

Ängstlich rief er: "Joe? Alles klar?"

Der Beobachter setzte sich ruckartig auf, warf die Arme in die Luft und atmete tief. Dann schaute er mit strahlenden Augen den verunsicherten Unsterblichen an. "Wow! Das nenne ich eine rasante Fahrt."
Kichernd zog er Methos am Arm, woraufhin dieser die Balance verlor und Gesicht voraus im Schnee landete. Der über 5.000 Jahre alte Mann, der in diesem Moment eher wie ein Kind wirkte, revanchierte sich mit einer Portion Schnee, die er großzügig in Joe's Gesicht rieb. Sie balgten sich wild, stießen sich immer wieder in den Schnee bis sie vor lachen kaum noch zu Atem kamen. Dann suchten sie nach dem Schlitten und machten sich völlig durchnäßt auf den Rückweg zur Hütte.



* * * * *


Gleichmäßig perlte das heiße Wasser über seinen durchtrainierten Oberkörper. Methos verteilte das Duschgel in kreisenden Bewegungen und langsam kam wieder Gefühl in die unterkühlten Muskeln. Ein letztes Mal ließ er das wohltuende Naß über seinen Körper rinnen, dann öffnete er die Tür der Dusch- kabine und wickelte sich in das große Badetuch. Nachdem er sich gründlich abgerubbelt hatte, schlüpfte er in einen Freizeit-Anzug und dicke Wollsocken. Dann machte er sich auf den Weg ins Wohnzimmer.

Joe hatte bereits den Kamin angezündet und die Flammen warfen ein gemütliches, flackerndes Licht in den ansonsten dunklen Raum. Außerdem erschnüffelte Methos einen angenehmen Duft.

"Kann es sein, daß Du den Glühwein gefunden hast, Joe?"

Grinsend kam Joe um die Ecke. "Ich dachte, unserer Gesundheit zuliebe, sollten wir uns auch von innen wärmen! Komm' und hilf mir mal mit dem Topf!"

Sie gingen in die kleine Küche und Methos nahm den großen Topf vom Herd, während Joe die Tassen aus dem Schrank holte.

"Methos! Nimm' sofort Deine Nase aus dem Glühwein!"

"Ich habe meine Nase über dem Glühwein, nicht darin!" entrüstete sich der Unsterbliche.

"Egal- sieh' gefälligst zu, daß Du den Topf ins Wohnzimmer beförderst - solange noch etwas darin ist!"

Vorsichtig trippelte Methos in Richtung Couchtisch, Joe folgte mit den Tassen und einer Schüssel Spekulatius. Der Beobachter ließ sich im Sessel nieder und beobachtete, wie Methos die beiden Tassen bis zum Rand mit dampfendem Glühwein füllte.

Etliche Tassen später.....

"Joeee,.... das Sofa ... sch...schw....schwankt!" Methos glitt langsam von der Couch zu Boden und hielt sich dann am Tisch fest.

 Das geschieht ihm recht!
Joe grinste breit. Methos war der Auffassung, um innerlich richtig warm zu werden, müsse man schnell und reichlich trinken; und er hatte dies unverzüglich in die Tat umgesetzt. Irgendwann - von einem Moment zum anderen - war er jedoch kaum noch ansprechbar.

"Methos? Bist Du noch wach?"

Der zerzauste Haarschopf hob sich und ein Paar braun-grüne Augen lugten über die Tischkante. "Natürlich ... bin ich noch .... wach. Was denkst Du denn?"

"Ich dachte, Du wärst mitten im Satz eingeschlafen! Was war denn nun mit diesem Musiker?"

"Ich....ich schlaa..hafe nicht. Ich denke...nach. Also," Methos zog die Stirn in Falten und versuchte, seine Gedanken zu ordnen, "...Sir Michael ging dann mit seiner...Kompo...Kompo.. mit den Noten zu Lord... äh, ... sowieso, und der....öööh"

Joe raufte sich die Haare. Diese Glühwein-Orgie war wohl doch etwas zuviel des Guten gewesen, denn er hatte noch nie erlebt, daß Methos außerstande war, zusammenhängende Sätze zu bilden.

"Und dann hat mir Sir Michael das Buch sig...sign....unterschrieben. Es steht drüben in der Bibl.io..., Du weißt schon wo..., äh, ganz rechts außen..."

Joe erhob sich leicht schwankend aus dem Sessel, - huch, soviel Glühwein hatte ich doch gar nicht - , verließ den Raum und suchte nach besagtem Buch, ohne auf den Rest des Satzes zu warten.

"....aber... nicht rausziehen...."

Das laute Gepolter aus der kleinen Bibliothek schien Methos nicht wahrzunehmen. Er redete völlig unbeeindruckt weiter. ".....weil sonst ....das ganze Regal .... zusammenbricht...."



* * * * *


Methos erwachte mit leichten Kopfschmerzen auf der Couch. Aua. Ein Blick auf die Uhr an der Wand verriet ihm, daß es noch viel zu früh zum aufstehen war. Nie wieder Glühwein. Er drehte sich auf die andere Seite und wickelte sich in die Wolldecke, mit der ihn Joe fürsorglich zugedeckt hatte. Plötzlich spitzte er die Ohren. Was ist das? Er lauschte in die Dunkelheit. Da - wieder - ein Geräusch vor der Tür. Das heiß-kalte Prickeln, das einen anderen Unsterblichen ankündigte, blieb aus. Das bedeutet, ich muß aufstehen und nachsehen. Seufzend schlug er die Decke zurück, stand auf und tappte auf Strümpfen zur Tür. Langsam drückte er die Klinke nieder und lugte durch einen Spalt nach draußen - geradewegs in die braunen Augen seiner speziellen "Lieblingskuh", die ihn mit einem fröhlichen 'Muh' begrüßte. Rasch schloß er die Tür, marschierte zielstrebig in die Küche, griff sein Schwert und mit ein paar Schritten war er zurück am Eingang. Entnervt riß er die Tür auf und stellte sich mit seiner Waffe in Positur. Nicht, daß er in Jogging-Hose und Wollsocken ein furchterregender Anblick gewesen wäre, doch für Heidi reichte es. In Anbetracht des Schwertes gab sie ein vorwurfsvolles 'Muh' von sich und ergriff die Flucht.
Methos drückte die Tür ins Schloß und fluchte. Völlig übermüdet schleppte er sich zurück zum Sofa und zog sich die Decke über die Ohren.

"Ich hasse diese Kuh!"



* * * * *



Der Duft von frischem Kaffee brachte ihn in die wirkliche Welt zurück. "Oh nein, Joe, lass' mich schlafen.....geh weg....geh...!"

Joe duckte sich vor dem Kissen, das ihm entgegengeflogen kam und rüttelte dann hartnäckig an Methos' Schulter. "Aufstehen, alter Junge - wir haben heute noch was vor!" Mit einem Schmunzeln beobachtete er, wie Methos sich fluchend vom Sofa quälte. Im Vorbeigehen nahm ihm der Unsterbliche die Tasse mit Kaffee aus der Hand, verschwand dann auf der Treppe in Richtung Badezimmer, um keine 10 Minuten später frisch geduscht wieder aufzutauchen.

"Sag' mal," wandte sich Joe an seinen Freund, "Du siehst aber irgendwie noch nicht so richtig wach aus?"

Methos gähnte herzhaft. "Erst hat mich diese Kuh geweckt und nachdem ich endlich wieder einge- schlafen war, hatte ich einen anstrengenden Traum!"

Joe fragte lachend: "Wieviel Frauen waren es denn?"

"Haha, sehr witzig! - Nein, es war total verrückt. Ich kann mich nur noch an Bruchstücke erinnern....zuerst war ich auf einer Raumstation... dann auf einem Planeten, dessen Bewohner gefurchte Nasenrücken hatten ... und zu guter letzt tauchte ein allmächtiger Kerl auf - an Arroganz kaum zu übertreffen - und forderte mich heraus! - Eigentlich war es ganz gut, daß Du mich geweckt hast, sonst wäre ich jetzt wahrscheinlich einen Kopf kürzer!"

Joe murmelte etwas von "zuviel Glühwein", doch Methos ließ sich zu keiner Erwiderung hinreißen und machte sich über sein Frühstück her.



* * * * *


Joe war am Rande der Verzweiflung. "Methos, hör' verdammt noch mal auf, Dir die Nase voll Schnupf- tabak zu stopfen - die Leute gucken schon!"

"Ich glaub' bei mir wirkt's nicht!" näselte Methos enttäuscht, Nasenlöcher und Oberlippe braun verfärbt.

"Hier, putz' Dir die Nase! Das ist ja nicht auszuhalten!" Joe zog ein Taschentuch heraus und hielt es ihm hin.

"Ohoh......" Methos schnappte sich das Tuch," es kribbelt.... ganz... ge..wuatschiiiiehhh!"

Einige Momente später.

"....dreizehn......vierzehn...." zählte Joe mit. Darauf folgte ein heftiges schneuzen. "So - bist Du fertig?" Der Beobachter klopfte mit seinem Stock ungeduldig gegen einen Laternenpfahl. "Ich würde jetzt gerne endlich das Geschenk für Amy besorgen!"

"Joe, muß das denn wirklich sein? Wir waren doch bereits in vier Geschäften!"

"Aber ich habe immer noch kein Geschenk!...Ah, das sieht doch vielversprechend aus!"

Methos sah in die Richtung, in die der Beobachter mit seiner Hand wies. "Das ist nicht Dein Ernst, Joe! Kuckucksuhren?!"

Joe bedachte seinen Freund mit einem wütenden Blick. "Warum denn nicht?"

"Bitte, ganz wie Du meinst. Es ist schließlich Deine Tochter.....und Dein Geschenk!"

"Genau." pflichtete Joe bei, den sarkastischen Tonfall ignorierend, und schleifte den dunkelhaarigen Unsterblichen zu der schmalen Glastür. Als sie den gut geheizten Verkaufsraum betraten, bimmelte über der Tür eine etwas zu groß geratene Glocke und rief damit den Verkäufer aus einem Neben- zimmer herbei. Joe pilgerte zwischen den hohen Regalen auf und ab, ließ sich beraten und stöberte weiter. Dann fand er eine Reihe kleiner Kuckucksuhren, die durch ihre aufwendigen Verzierungen be- eindruckten und zu einem erschwinglichen Preis angeboten wurden. Während er die Uhren verglich, ertönte wieder die Glocke über dem Eingang. Methos, der gelangweilt vor sich hin gestarrt hatte, be- äugte die beiden Personen an der Tür und zog heftig an Joe's Jacke. "Joe! Das ist.... " - Keine Reaktion. "Joe...da, Joe, schau doch!"

Seufzend gab der Beobachter nach und riskierte einen Blick auf das Pärchen im Eingangsbereich. "Und?"

"Joe ... das ist er! Das allmächtige Wesen!"

Der Mann mit den dunklen, leicht gewellten, Haaren blickte stirnrunzelnd in ihre Richtung und wandte sich an seine Begleiterin. "Lassen sie uns gehen. Das ist schon wieder so ein Trekkie, der nicht kapiert, daß ich nicht wirklich Q bin!"

Joe hörte noch das knappe "In Ordnung, Mr. de Lancie." der jungen Frau, dann hatten die beiden das Geschäft bereits wieder verlassen.

Methos stand noch immer sprachlos im Raum und Joe nutzte die Gelegenheit, um die ausgewählte Uhr zu bezahlen. Nachdem das Geschenk sorgfältig in einen kleinen Karton verpackt war, verabschiedete er sich und schob Methos vor sich her aus dem Laden.

Der Verkäufer blickte ihnen noch einen Moment nach. Merkwürdige Leute. Aber, halt...... Er stutzte, schüttelte den Kopf.  Nein, das kann nicht sein. Die sehen sicher nur so aus wie zwei der Hauptfiguren aus der Fantasy-Serie, die sich Katja mit Vorliebe anschaut, ....Unsterbliche....Beobachter...Er lachte leise vor sich hin. "So ein Unsinn!"


* * * * *


Der Minutenzeiger näherte sich unaufhaltsam der großen "12" , Joe seufzte - noch wenige Minuten, dann zählte das Jahr 1999 endgültig zur Vergangenheit. Er wußte nicht so recht, wie er sich in Anbetracht dessen fühlen sollte. "2000" - das klang futuristisch in seinen Ohren .. und irgendwie bedrohlich. Als junger Mann hatte er sich vorgestellt, wie weit die Wissenschaft wohl zu Beginn des 21. Jahrhunderts sein würde, ob sich seine Welt sehr verändern würde....

"Joe? Grübelst Du schon wieder?"

Der Beobachter nickte. "Dieser Jahreswechsel macht mir irgendwie mehr zu schaffen, als alle anderen!"

Methos nahm neben seinem Freund Platz und zum ersten Mal in diesen Tagen spiegelte sich die über Jahrtausende gesammelte Lebenserfahrung in seinem Blick wider.

"Glaub' mir, Joe, es wird alles weiterlaufen wie bisher. Vielleicht stürzen ein paar Computer ab - das ist das Risiko einer hochtechnisierten Welt - aber ansonsten bleibt alles beim alten. - Ich muß wohl nicht erwähnen, daß andere Kulturen zum Teil früher oder erst später mit dieser Zählerei begonnen haben .....wie sich das Leben entwickelt hängt bestimmt nicht von einer Jahreszahl ab!"

Joe schaute auf und lächelte. "Danke ....Du bist ein guter Freund, Methos. - Und manchmal bringst Du es tatsächlich fertig, meine Zweifel zu vertreiben!" Er verbannte die dunklen Gedanken endgültig aus seinem Kopf.

Die beiden erhoben sich nach einem Blick auf die Uhr, nahmen ihre mit Champagner gefüllten Gläser vom Tisch und gingen zur Tür. Als sie vor das Haus traten, wurden sie von Heidi mit einem freudigen "Muh" begrüßt. Zuerst beäugte Methos skeptisch die braune Kuh, aber nach einem kurzen Blickwechsel mit Joe, erklärte er: "Na gut, da ich heute so überaus freundschaftlich gestimmt bin, darf 'die da' auch dran teilhaben!"

Aus einiger Entfernung hörte man eine Kirchenglocke schlagen und überall im Tal erhoben sich zischend und knallend Feuerwerkskörper in den Nachthimmel. Sie prosteten einander zu.

"Auf die Freundschaft!"

Methos nahm einen Schluck aus seinem Glas und hielt es dann Heidi hin. "Hier, trink' Du das Blubberwasser, ich hole mir lieber ein Bier!"

Amüsiert beobachtete Joe, wie die Kuh begeistert den Champagner aufleckte und wandte sich dann dem Unsterblichen zu.

"Soll ich Dir mal was sagen?"

Methos blickte in Erwartung eines Lobes zu ihm.

"Für einen über 5.000 Jahre alten Unsterblichen bist Du manchmal ganz schön peinlich!"

Heidi gab laut muhend ihre Zustimmung und Methos hob entschuldigend die Arme, ein breites Grinsen auf dem Gesicht.

 


ENDE