Autor's note: Chakotay's point of view - seine Gedanken nach der Rückkehr in den Alpha Quadranten.
Disclaimer: Die Charaktere gehören Paramount.
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6 Jahre, 3 Monate, 28 Tage
--Chakotay's Story--

von Trini

Es war ein ungewohntes Gefühl. Die leeren Gänge der Voyager wirkten viel enger und bedrängender, als ich sie in Erinnerung hatte. Das gedämpfte Notlicht verhinderte, dass alles ganz in Dunkelheit versank und verlieh damit den sonst so von Menschen belebten Gang eine unheimliche und düstere Note. Als das Echo meiner Schritte an den kalten metallischen Wänden widerhallte, überkam mich das Gefühl von Einsamkeit. Es war seltsam : Vor sechs Wochen bin ich noch an genau dieser Stelle mit Harry Kim zusammengestoßen. Er war so aufgeregt wegen seiner kurz bevorstehenden Rückkehr zur Erde, dass er mich gar nicht wahrgenommen hatte. Durch unseren Zusammenstoß liess er vor Schreck  seine 2 Koffer fallen und der ganze Inhalt verteilte sich über dem Boden. Ich half ihm beim Zusammentragen seiner Sachen und als er sich schliesslich wieder auf dem Weg machen wollte, wünschte ihn abschliessend viel Glück für sein weiteres Leben. Das war das letzte Mal, das ich ihn gesehen habe. Tom zufolge ist er zu seinen Eltern nach San Francisco gezogen und gönnt sich einen ausgedehnten Landurlaub.

Langsam öffnete sich die Tür am Ende des Ganges und gab den Weg zu den in Dunkelheit gehüllten Maschinenraum frei. An der Stelle des Warpkerns war nur noch ein klaffendes Loch zu sehen. Das einst so mächtige und moderne Herz der Voyager wurde bereits entfernt und zur Entsorgung in eine dafür vorgesehene Anlage auf Vulkan gebracht. Er hat wohl nicht mehr den Sicherheitsanforderungen der Sternenflotte entsprochen.

Was war die Voyager einst für ein gewaltiges Schiff gewesen: Sie hat uns ernährt, Unterschlupf gewährt und einen Weg zurück in die Heimat ermöglicht. Doch nun hat sie ausgedient. Nach der Entdeckung eines stabilen Wurmlochs und der Rückkehr zur Erde war sie am Ende ihrer Kräfte und steht nun zur Verschrottung in einem Dock der Mc Kinley Station.

6 Jahre, 2 Monate, 11 Tage... solange hatte die Voyager ihr Dasein im Delta Quadranten gefristet. Die Rückkehr wurde mit Überschwung gefeiert. Ich kann mich noch ganz genau an das Gesicht von Admiral Paris erinnern, als Kathryn ihm Seven und Neelix, unsere "Tramper" aus dem Deltaquadranten, präsentierte. Seven und Neelix... wie es ihnen wohl ergehen mag. Beide habe ich seit diesem Fest nicht mehr wiedergesehen. Gerüchten zufolge hat Neelix ein Restaurant irgendwo in San Francisco eröffnet. Ich hoffe, er wird glücklich damit. Seven soll von der Sternenflotte rekrutiert worden sein und befindet sich nun mit Tuvok auf einer Deep Space Mission. Eigentlich dachte ich, sie würde auf der Erde Kontakt zu noch lebenden Verwandten ihrer Eltern aufnehmen. Aber vielleicht ist es besser so. Seven kam nie wirklich klar mit individuellen Persönlichkeiten, jede mit eigenen Ziel und Wertvorstellungen... Ein Schiff mit 125 Individuen war schon ungewohnt, aber ein ganzer Planet muss wirklich furchteinflössend für jemanden sein, der die eigene Individualität erst vor 2 Jahren entdeckt hat. Eine Deep Space Mission weit weg von jeder grösseren Gesellschaft und in Begleitung des emotionslosen Tuvok wird wohl genau das sein, was sie sich wünscht.

Verloren in meinen Gedanken lief ich weiter durch den dunklen Maschinenraum und erblickte dabei B'Elanna's Pult. Oft hatte sie da gestanden und ihr aussergewöhnliches Talent für alles Technische bewiesen. B'Elanna und Tom habe ich vor einer Woche wiedergetroffen, als sie mich mit der freudigen Nachricht von B'Elanna's Schwangerschaft überraschen wollten. Waren beide zuvor noch unsicher über die alsbaldige Rückkehr in den Alpha Quadranten, ein Gefühl, mit dem ich selbst als ehemaliger Marquisad ebenfalls zu kämpfen hatte, haben sich diese Sorgen zum Glück als unbegründet aufgeklärt: Alle Marquisaden wurden von Star Fleet wegen ihrer beispielhaften Unterstützung im Delta Quadranten begnadigt.

Ich begab mich wieder Richtung Ausgang, doch bevor ich durch die Tür schritt, warf ich noch einen letzten Blick auf das klaffende Loch in der Mitte des Maschinenraums: Der Warpkern war nicht das Einzige gewesen, was von der Voyager entfernt wurde: Die Transwarpspulen und der Slip Stream Antrieb wurden ebenso ausgebaut und befanden sich nun auf der Jupiter Station zur Weiterentwicklung... Und der Doktor? Nun - es ist genau das passiert, was Seven vorhergesagt hatte: Sein Programm wurde überarbeitet und an die neuesten Konventionen der Holotechnologie angepasst. Damit verlor er seine Persönlichkeit, war nicht mehr der Doktor, der innerhalb von 6 Jahren, 2 Monaten und 11 Tagen von seiner ursprünglichen Programmierung abwich und zum Individuum wurde. Seven und Kathryn protestierten anfangs dagegen. Man hatte einfach kein Recht, all die individuellen Erfahrungen und Erlebnisse des Doktors durch eine kurze Aktualisierung seines Programms verschwinden zu lassen. "Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit" - die Naturrechte sind noch immer der Maßstab für individuelles Verhalten und staatliches Recht, wenn auch nun in bedeutend grösseren Ausmaßen als damals. Wann werden endlich auch Wesen mit künstlicher Intelligenz als empfindungs- und rechtsfähig angesehen? ...Natürlich hatten Seven und Kathryn keinen Erfolg - das Ganze war bereits beschlossene Sache. Ich kann mich noch ganz genau an Kathryns wütenden Blick erinnern, als ihr mitgeteilt wurde, dass es bereits zu spät für weitere Proteste war...

Das war auch der Tag, an dem ich sie das letzte Mal sah... Wir gingen gemeinsam einen Gang auf der Mc Kinley Station entlang. Dann kamen wir an eine schicksalhafte Verzweigung. Ich wendete mich zu Kathryn und schaute in ihre blau grauen Augen.

"Nun trennen sich unsere Wege, Commander."

Commander -  auch wenn sie dieses Wort mit einer ungewöhnlichen Wärme in ihrer Stimme sagte, klangen sie kalt und abweisend. Sie sprach mich mit meinen Rang an... Das war immer ihr Mittel gewesen, um die Distanz zwischen uns zu bewahren. Sie tat es immer in den Momenten, in denen wir kurz davor waren, die Linie  zu überqueren, ab der Sternenflottenprokolle und Pflichtbewustsein an Bedeutung verloren.

"Ja" war alles, was ich zu ihr sagen konnte. Ich wusste, was nun kommen würde, versuchte mich verzweifelt dagegen zu wehren, doch ich hatte keinen Erfolg. Sie ging weg. Nur eine kurze flüchtige Umarmung, ein Versprechen, dass wir uns bald wiedersehen würden und dann ging sie ihres Weges. In meinen Innersten schrie es "Nein, geh nicht! Bleib an meiner Seite.", doch äußerlich stand ich nur da und starrte die geschlossene Tür an, durch welche sie zuvor gegangen war.

Und so endet es... seitdem habe ich sie nicht mehr wiedergesehen. Ihre Arbeit scheint viel ihrer Zeit in Anspruch zu nehmen - eine Sternenflottenkonferenz nach der anderen. Noch immer lassen sie die Medien nicht in Ruhe - "Captain Kathryn Janeway - die Frau, welche die Borg herausforderte" oder "Der waghalsigste Captain, den die Sternenflotte je hatte"...

Warum habe ich meine allerletzte Chance nicht genutzt, um ihr zu sagen, wieviel sie mir bedeutete. Das Sternenflottenprotokoll stand nicht mehr zwischen uns. Ich war zu diesen Zeitpunkt nicht mehr ihr Erster Offizier. Und doch - ich habe es nicht gewagt. Vielleicht war es mittlerweile zu einer Gewohnheit für mich geworden, meine Gefühle für diese Frau zu unterdrücken.... vielleicht.

Ich ging weiter durch den schwach beleuchteten Gang in Richtung Turbolift. "Deck 1."

Das leise Summen signalisierte mir, das sich der Lift in Bewegung gesetzt hatte. Und nun stellte ich mir die Frage, über die ich die ganze Zeit nicht hatte nachdenken wollen. - Was machte ich eigentlich hier? - War es tatsächlich die Erinnerung an mein Leben auf der Voyager, die gemeinsame Zeit mit ihr, welche ich hier zu finden glaubte?

Noch bevor ich zu einer Antwort kam, öffnete sich die Tür des Turbolifts und eine unbeleuchtete Brücke mit Blick auf das Raumdock der Mc Kinley Station erstreckte sich vor mir. Ich war nicht der Einzige, der den Weg hierher gefunden hatte, einen Tag vor der endgültigen Verschrottung der Voyager... Sie stand auch auf der Brücke und schaute ins Leere. Ich bewegte mich langsam in ihre Richtung. Meine Schritte hallten durch den Raum, bis ich zum Stillstand kam, direkt neben ihr.  Sie stand einfach nur da, keine Bewegung, keine Reaktion, nur dieser seltsame Blick ins Leere...

"Chakotay..."

Ich fühlte, wie ihre Hand die meine streifte. Ich zog sie an mich, umklammerte ihre Finger. Ihr Körper berührte meine rechte Seite, verursachte ein Kribbeln in meinen Bauch und liess meine Knie weich werden. So nah, so nah, so verdammt nah. Nun drehte sie sich in meine Richtung, liess mich in ihr Gesicht blicken... Tränen liefen über ihre Wangen... Und nun merkte ich, wie sehr sie doch gelitten haben muss. Mark hatte eine Andere geheiratet, ihre Mutter war während unseres Aufenthalts im Delta Quadranten gestorben und ihre Schwester Phoebe hatte eine eigene Familie, um die sie sich kümmern musste. Ich stellte den Einzigen dar, der ihr geblieben war.

"Du hast mir gefehlt."  hörte ich sie flüstern.

Ich bot ihr meine Umarmung an und sie akzeptierte, vergrub ihren Kopf in meiner Schulter. Ihr warmer Atem an meinem Hals, die Feuchte ihrer Tränen liessen mich meine Arme nur noch fester um sie schliessen. Es war so wunderbar ihren Körper zu fühlen, ihr Schutz und Trost zu spenden.

Wieder schaute sie mir in die Augen.. "Bin ich zu spät?" kam es kaum hörbar über ihre Lippen.

6 Jahre, 3 Monate und 28 Tage sind wir nur einander ausgewichen, haben immer versucht das zu verhindern, was letztendlich unaufhaltsam war.... Und jetzt stand sie hier auf der Brücke in meinen Armen und offenbarte mir ihre Gefühle... auf der Brücke, ausgerechnet auf der Brücke der Voyager. Dort habe ich 6 Jahre, 2 Monate und 11 Tage meines Lebens an ihrer Seite verbracht, und nie ist irgendetwas zwischen uns geschehen. Der Captain in ihr und der Erste Offizier in mir hatten immer zwischen uns gestanden.

Sekunden vergingen und ich nahm nur die schweren und schnellen Schläge meines Herzens wahr. Ich hätte immer für diesen Moment leben können... Zärtlich strich  ich ihre von Tränen getränkten Haarsträhnen aus dem Gesicht, verharrte mit meiner Hand auf ihrer Wange. Alles was ich jemals gewollt und gebraucht hatte war nun hier in meinen Armen. Es war fast zu schön, um wahr zu sein.

"Kathryn.." Das erste Wort, welches ich ihr gegenüber aussprach... "Wie kannst du nur fragen... du wirst niemals zu spät sein."

Sie hob ihren Kopf. Langsam, zärtlich und zurückhaltend fühlte ich plötzlich ihre Lippen auf den meinen. Sanft antwortete ich auf den Kuss, senkte behutsam meinen Kopf und strich mit meinen Händen über ihren schmalen Rücken. Ich fühlte, wie ihre Hände über meinen Rücken wanderten und sie sich noch enger an mich presste. Wo in den ersten Sekunden noch Zurückhaltung herrschte, war nur noch pure Leidenschaft.

Für kurze Zeit trennten sich unsere Lippen und sie blickte mir tief in die Augen. Atemlos flüsterte sie "Chakotay, ich möchte dich spüren."

Wir bewegten uns rückwärts auf ihren ehemaligen Kommandosessel zu und ich fühle wieder dieses angenehme Kribbeln, als sie langsam meine Uniformjacke öffnete und mich in den Stuhl des Captains drängte...

6 Jahre, 3 Monate und 28 Tage sind vergangen, seit ich sie das erste Mal sah. 6 Jahre, 3 Monate und 28 Tage rückte dieser Augenblick unaufhaltsam näher. 6 Jahre, 3 Monate und 28 Tage stauten sich unsere ganzen Gefühle füreinander nur um in diesen Moment freigelassen zu werden - eine lange Zeit, doch es hat sich gelohnt. Jetzt weiss ich endlich, was ich hier auf der Voyager gesucht habe. Es war nicht die Erinnerung an unsere gemeinsame Vergangenheit, es war sie selbst und eine gemeinsame Zukunft mit ihr...

FINIS


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