Zur Beachtung: Diese Geschichte wurde nur zu meinem eigenen und zum Spaß für andere SW-Fans geschrieben. Ich verfolge damit keine finanziellen Absichten; weder jetzt noch in Zukunft. Sie soll in keiner Weise die Rechte von Lucasfilm, LucasArts und anderen Rechteinhabern berühren!
Anmerkung für die Leser: Ich schreibe meine Storys, wie ich gerade Lust habe. Dass sie dadurch nicht immer ins offizielle SW-Universum passen und untereinander nicht unbedingt in Beziehung stehen, betrachte ich als kreative Freiheit. Man möge mir verzeihen. Konstruktive Kritik wird gerne entgegengenommen - aber treibt es nicht zu bunt, Leute ;-)
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DairyûDiese Story spielt ca. ein halbes Jahr nachdem aus Anakin Skywalker Darth Vader geworden ist; aber noch nicht so, wie wir ihn kennen ;-)
Sie ist als (vorläufige) Anschlussgeschichte für "Ein perfides Spiel" zu betrachten, auch wenn sie einige Zeit später spielt. Sie lässt sich aber auch eigenständig lesen. Sie beschäftigt sich mit einem eher nebensächlichen Aspekt des SW-Universums. Lasst Euch überraschen!
Schein und Sein
Dairyû
Darth Vader betrat den Hauptturbolift des imposanten imperialen Palastes.
Sein Gebieter hatte nach ihm verlangt, und obwohl dieser Ruf Vader zu einer sehr ungünstigen Zeit erreichte, war er sofort auf dem Weg. Seine Studien über die Geschichte der alten Sith mussten warten, denn dem Imperator widersetzte sich niemand ungestraft.
Vader hatte erst einige äußerst unangenehme Erfahrungen sammeln müssen, um endgültig davon abzusehen, seinen eigenen Kopf durchzusetzen. Er erschauerte bei der bloßen Erinnerung an diese unerfreulichen Lektionen.
Als der Imperator ihn unter seine Fittiche nahm, war er ein gütiger und geduldiger Lehrmeister gewesen, hatte Vader mit den wahren und unbegrenzten Möglichkeiten der Macht vertraut gemacht und ihm eine ungeheure Stärke verliehen, die ihn zu einem Meister der Dunklen Seite und Lord der Sith werden ließ - kein Schüler mehr, der sich den Anweisungen und Ermahnungen seines Lehrers beugen musste. Und damit dem Imperator ebenbürtig.
Natürlich hatte es nicht lange gedauert, und Palpatine hatte Vader auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Aber Vaders Charakter und sein Stolz hatten ihn die Konfrontation mit seinem Meister förmlich suchen lassen ...
Mit dem Ergebnis, dass er jetzt demütig vor seinem Gebieter das Haupt beugte. Vader mochte ein Meister der Dunklen Seite der Macht sein, aber der Imperator war ihr Beherrscher.
Der Turbolift hielt und Vader trat hinaus in den Hauptkorridor, der zum Thron- und Audienzsaal führte. Die Schritte des Dunklen Lords hallten in dem großen Gang wider und sogar das leise Rascheln seiner nachtschwarzen Robe war deutlich zu vernehmen. Der Korridor war so angelegt, dass jedes noch so leise Geräusch erheblich verstärkt wurde. Das veranlasste die Besucher, sich ehrfürchtig so leise wie möglich zu bewegen. Eine sehr effiziente Einschüchterungsmethode, die in den meisten Fällen allerdings unnötig war. In der Regel waren die Besucher des imperialen Palastes schon eingeschüchtert genug, besonders dann, wenn sie sehr nachdrücklich herzitiert worden waren.
Vader hingegen störte sich nicht an dem Lärm, den seine beschlagenen Stiefel auf dem hellen Marmorboden erzeugten. Er wollte möglichst schnell den Audienzsaal erreichen.
Je näher Vader dem Ziel durch den sanft geschwungenen Gang kam, der ein Gefühl der Unendlichkeit erzeugte, desto mehr Personen begegneten dem Lord der Sith. Die meisten waren unauffällige Bedienstete, die geschäftig hin und her eilten. Einige waren jedoch Angehörige des Hofes und des Senats, die auf eine Audienz beim Imperator warteten und sich die Zeit damit vertrieben, durch den langen Gang zu wandern.
Als Vader um die letzte sanfte Biegung des Korridors kam, sah er weitere Höflinge und Senatoren. Sie standen in kleinen Gruppen vor der meterhohen Tür des Thronsaals und unterhielten sich leise. Keiner setzte sich je auf die samtbezogenen Bänke, die in den Korridorwänden eingelassen waren. Niemand wollte sich angesichts der Ausmaße, die der Gang vor dem Audienzsaal einnahm, noch kleiner machen und fühlen.
Als die Anwesenden Vaders Schritte vernahmen, verstummten die Gespräche und aller Augen wandten sich dem Dunklen Lord zu.
Darth Vader lächelte innerlich, denn die meisten Augen hatten einen kaum verhohlenen verächtlichen, ja angewiderten Ausdruck. Er konnte sich gut vorstellen, dass sein Anblick bei den Hofschranzen keine freundschaftlichen Gefühle auslöste und das aus mehreren Gründen. In ihren Augen war er ein dahergelaufener Emporkömmling, von dem sie so gut wie nichts wussten, außer dass er vor noch nicht allzu langer Zeit plötzlich an der Seite des Imperators erschienen war; ohne sich hochdienen zu müssen, in ihren Kreisen völlig unbekannt ... nicht ihresgleichen.
Nun ... es gab einige, die ihn kannten. Aber sie gingen ihm aus dem Weg, und waren froh, wenn er sie seinerseits nicht beachtete. Es schien eine stillschweigende Vereinbarung zwischen ihm und ihnen zu geben, die die Vergangenheit ausklammerte. Und das war für beide Seiten das Beste.
Die Anderen mussten sich zähneknirschend an den imposanten Anblick gewöhnen, den Vader ihnen bot; mit seiner Größe, seinem durchtrainierten Körper - ganz im Gegensatz zu den Körpern der meisten dekadenten Höflinge, denen man das üppige Leben nur zu gut ansah.
Auch für die Senatsmitglieder war er ein Dorn im Auge, stellte er als mächtiger Oberbefehlshaber der imperialen Streitkräfte doch buchstäblich die fleischgewordene Gewalt des Imperiums über die ehemals unabhängigen und gleichberechtigten Welten dar, die von den Senatsmitgliedern nur noch zum Schein vertreten wurden. Vader erinnerte die Senatoren immer wieder aufs Neue an die bittere Tatsache des Beherrschtwerdens.
Zudem konnte Vader von sich behaupten, nicht nur ein imposanter, sondern auch ein gutaussehender Mann zu sein, der sich nicht um Modekonventionen kümmerte - was sein langes hellbraunes Haar bewies - und der bei Hofe, wenn auch unbeabsichtigt, auffiel und dem Gefolge des Imperators die Schau stahl.
So wie die Männer ihn dafür hassten, so waren die Frauen von ihm angetan; was so manchen Ehemann oder Geliebten noch mehr hassen ließ. Allerdings zog Vader aus diesem Umstand keinen Nutzen, er hatte einfach keine Zeit für amouröse Abenteuer und auch kein Interesse. Ihn trieben andere, dunklere Leidenschaften, die der Befriedigung des Geistes dienten und nicht der des Körpers.
Momentan waren die Anwesenden jedoch am meisten darüber erbost, dass Vader ohne Umstände zum Imperator vorgelassen wurde, während sie teilweise Stunden darauf warten mussten. Er war ein vielgeliebter Mann, wie sich Darth Vader ironisch sagte.Der Dunkle Lord war den Wartenden jetzt sehr nahe gekommen und erwiderte die heuchlerischen Grüße der Senatoren flüchtig - die Angehörigen des Hofes fanden es unter ihrer Würde Vader ihren Gruß zu entbieten.
Die meisten Höflinge und Senatsmitglieder waren Vader ohnehin völlig egal. Besonders der Senat war ein Spielzeug des Imperators, auch wenn das kaum jemandem auffiel, oder keiner es sehen wollte. Nur eine Handvoll Senatoren bewahrte Würde und versuchte, die Unabhängigkeit des Senats wenigstens zum Teil wiederzuerlangen.
Und da Vader den Mut dieser Männer anerkannte, blieb er trotz seiner Eile, bei dem zuletzt Grüßenden stehen, um einige Worte mit ihm zu wechseln.
Bail Organa war einer der jüngsten Senatoren, aber Intelligenz und Ehrgeiz machten ihn zu einem respektierten Mann.
"Mein Lord!" Bail Organa neigte leicht den Kopf und lächelte.
Senator Organa war Darth Vader genauso wenig gewogen, wie die anderen Anwesenden; allerdings nicht aus so profanen Gründen wie Eifersucht. Und es war das Gefühl, besser eine Ahnung zukünftiger grausamer Ereignisse, in denen Vader eine wesentliche Rolle spielen würde, das Bail Organa in Gegenwart des Dunklen Lords bedrückte und erschauern ließ.
Aber Organa war nicht umsonst durch eine harte diplomatische Schule gegangen, so dass er Vader offen begegnen konnte, ohne dem Lord der Sith Grund zur Verärgerung zu geben. Denn Bail war sich darüber im Klaren, dass Vaders Gleichmut der verächtlichen Haltung des Hofes und der Senatoren gegenüber seine Grenzen hatte; nämlich dort, wo diese Verachtung zu konkreter Gegnerschaft wurde.
Es hatte zwar noch niemand öffentlich versucht, den Dunklen Lord in irgendeiner Art zu kompromittieren, aber Bail hatte Gerüchte über fehlgeschlagene geheime Versuche gehört, deren Drahtzieher sich bei Hofe nicht mehr blicken lassen konnten. Vader war mit Vorsicht zu behandeln und Bail Organa gedachte, sich dessen immer zu erinnern.
Vader erwiderte Organas Lächeln mit einem knappen Kopfnicken und sagte: "Es ist eine Weile her, dass Sie die Senatssitzungen mit Ihrer Anwesenheit bereichert haben, Senator Organa."
Vader musste auf Wunsch des Imperators manchmal an Sitzungen des Senats teilnehmen; als stiller Zuhörer. Eine Aufgabe, die Darth Vader einiges abverlangte, denn er war ein Mann der Tat und nicht der langen Reden. Wenn sich allerdings Bail Organa zu Wort meldete, bekamen die Sitzungsdebatten eine entschieden interessantere Nuance. Denn Senator Organa sagte, was er dachte, zwar brillant ausgedrückt, aber sehr bestimmt. Wenn die anderen Senatoren von seinem Eifer angesteckt wurden, kam eine erfrischende Debatte in Gang.
Bail Organa lächelte abermals. Er erkannte eines der seltenen Komplimente des Schwarzen Lords, auch wenn es in Ironie verpackt war.
"Meine Anwesenheit auf Alderaan war für längere Zeit erforderlich. Das alderaanische Königshaus bedarf manchmal einer ordnenden Hand", erwiderte Organa.
Vader gestattete sich ein feines Lächeln. So direkt Senator Organa in den Senatssitzungen seine Meinung sagte, so geschickt brachte er es fertig, in zwei Sätzen alles und nichts zu offenbaren und damit höflich, aber bestimmt kundzutun, dass gewisse Dinge sein Gegenüber überhaupt nichts angingen.Darth Vader verließ Bail Organa mit einem weiteren knappen Nicken und schritt auf die Tür des Thronsaals zu. Die beiden rotgewandeten Wächter traten zur Seite und gaben den Weg frei, um den Dunklen Lord einzulassen.
Einmal hatten sie versucht, ihn am Betreten des Saales zu hindern, weil er sein Lichtschwert trug. Vader hatte ihnen unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass er seine Waffe in der Öffentlichkeit nicht ablegen würde. Seitdem ließen sie ihn ungehindert eintreten.
Die beiden gewaltigen Türflügel öffneten sich lautlos und Vader trat in den Thronsaal.
Hätte er diesen Saal nicht schon unzählige Male betreten und wäre er nicht mit der besonderen Architektur dieses phantastischen Raumes vertraut gewesen, so wäre er zunächst ehrfurchtsvoll stehen geblieben, um alles zu betrachten. Aber Vaders Erstaunen über die Erhabenheit des imperialen Palastes im allgemeinen und des Thronsaals im besonderen war schnell der Gewohnheit gewichen, und dem Wissen um die Notwendigkeit, sich nicht von Äußerlichkeiten täuschen zu lassen.
Also schritt er ohne Zögern auf den Thron des Imperators zu, der sich auf einer erhöhten Plattform am Ende des Saales befand. Breite Stufen umschlossen den Hochsitz von drei Seiten, während er rückwärtig von einem gewaltigen ovalen Fenster begrenzt wurde, durch das die rötlichen Strahlen der untergehenden Sonne einfielen und alles in gedämpftem Licht funkeln ließen.
Der Imperator stand, dem Saal den Rücken zuwendend, vor dem Fenster und schien seinen Gedanken nachzuhängen; eine dunkle Silhouette, eingehüllt in schwarze Gewänder, das Haupt mit einer großen Kapuze bedeckt.
Vader erreichte die Stufen vor dem Thron und ließ sich auf einem Knie nieder, den Kopf geneigt, so dass seine langen Haare sein Gesicht verdeckten.
Palpatine rührte sich erst, als die letzten Sonnenstrahlen schon längst verblasst waren und die Dunkelheit hereinbrach. Im Thronsaal ging langsam ein gedämpftes goldenes Licht an. Der Imperator wandte sich vom Fenster ab und nahm auf dem Thron Platz. Er betrachtete Vader eine Zeitlang, dann umspielte ein Lächeln seine Lippen.
"Erhebt Euch, Lord Vader!"
Vader stand langsam auf. Seine Muskeln schmerzten durch die ungewohnte Belastung des langen Kniens.
Der Dunkle Lord schaute auf.
Der Mann auf dem Thron hatte, ganz gegen seine sonstige Gewohnheit, die Kapuze der Zeydtuch-Robe abgenommen, so dass Vader nun sein Gesicht sehen konnte; durch das gedämpfte Licht zwar nur eine schemenhafte, aber unerwartete Enthüllung. Vader schlug schnell die Augen nieder. Denn auch wenn der Imperator wie ein normaler Mensch aussah ... seine seltsamen Augen waren nicht zu ertragen. Sie glühten in einem kalten, bösen Licht, das von innen zu kommen schien und bohrten sich sondierend und fast obszön in Vaders Augen, als wollten sie dem Dunklen Lord auf den Grund der Seele blicken.
"Wie ich sehe, habt Ihr gelernt Eure Ungeduld zu beherrschen", sagte Palpatine leicht spöttisch.
Vader spürte Zorn in sich aufsteigen. Sollte das Ganze etwa wieder eine der berüchtigten Lektionen sein, mit denen der Imperator sein Missfallen über irgend etwas ausdrückte und seine Untergebenen maßregelte? Zugegeben, Vader war ungeduldig, aber der Imperator hatte eben selbst verlauten lassen, dass ...
"Ah ... nein, Lord Vader!" Palpatine lachte belustigt. "Ihr habt Eure Lektionen in punkto Geduld tatsächlich sehr schnell begriffen ... Allerdings fehlt Euch immer noch die Einsicht, mein Handeln nicht in Frage zu stellen", fügte er spitz hinzu.
Vader seufzte. Soviel dazu, den Imperator in dessen Gegenwart zu kritisieren und mochte es auch nur in Gedanken sein.
"Ich verstehe, mein Gebieter", antwortete Vader.
Palpatine quittierte die Antwort mit einer wegwerfenden Handbewegung.
"Ich habe einen Auftrag für Euch ..."Darth Vader betrachtete sich nachdenklich in dem bodenlangen Spiegel seines Ankleidezimmers. Er hatte seine schwarze Kleidung abgelegt und trug nun das einfache Gewand eines Jedi.
Sein Gewand, von dem er sich aus unerfindlichen Gründen noch nicht hatte trennen können ... Ach was, du machst dir etwas vor, sagte er in Gedanken zu seinem Spiegelbild. Du weißt ganz genau, dass ein Teil von dir noch nicht bereit ist, mit der Vergangenheit abzuschließen!
Vader war über sich erzürnt. Er konnte keine sentimentalen Gefühle gebrauchen; sie machten schwach und damit verwundbar. Vader war überzeugt, die Gespenster der Vergangenheit, die ihn in seinen Träumen noch manchmal verfolgten, vertreiben zu können ... und zwar endgültig. Er hatte lange genug mit sich gekämpft, den Schritt zur Dunklen Seite zu tun, aber er hatte es nicht bereut, denn die Macht, die ihm dadurch zuteil wurde, war mit nichts zu vergleichen, was die Helle Seite bot. Er mochte zwar einiges verloren haben, aber der Gewinn wog diesen Verlust allemal auf. Und Vader gedachte nicht, beim Anblick seiner alten Jedi-Robe, wieder damit zu beginnen, einigen besonderen Aspekten des Verlorenen nachzutrauern ...
Darth Vader schüttelte den Kopf, um die unerwünscht hervordrängenden Erinnerungen zu vertreiben. Dann begann er seine Haare zu flechten; den fertigen Zopf steckte er in die Robe. So störten ihn die Haare nicht. Ein Krieger hatte nun einmal darauf zu achten, sich nicht aus Unachtsamkeit selbst ein Bein zu stellen, indem ihn seine Haarpracht plötzlich behinderte.
Vader warf noch einen letzten Blick in den Spiegel und war zufrieden, mit dem was er sah. Seine Erscheinung war dort, wohin zu gehen er gedachte, unauffällig genug, aber immer noch so prägnant, dass man ihn in Ruhe lassen und mit Respekt behandeln würde.Der Dunkle Lord verließ das Ankleidezimmer und trat in den Wohnbereich seines Hauses. Allerdings war die Bezeichnung Haus maßlos untertrieben; palastartige Festung beschrieb die Wirklichkeit besser.
Vaders Domizil war ein gewaltiges Gebäude unweit des imperialen Palastes, dessen fremdartige Architektur und Dunkelheit das düstere Wesen seines Besitzers unterstrich. Ebenso streng wie das Äußere war auch das Innere des Gebäudes gehalten, mit seinen abgezirkelten Gängen und Räumen, von denen die meisten völlig leer waren.
Vader bewohnte die Räumlichkeiten des obersten Stockwerks, während die wenigen Personen, die Dienerschaft und Personal bildeten, es vorzogen, so weit von ihrem Herrn entfernt zu leben wie möglich: im Erdgeschoss.
Vaders persönliche Räume waren sehr karg eingerichtet; nur das nötigste an Möbeln, keine Bilder, alles in dunklen Farben gehalten. Darth Vader hatte zuvor keinen Luxus genossen - auch wenn er ihm zur Verfügung gestanden hatte - und verspürte auch nicht das Bedürfnis, daran etwas zu ändern, seit er sein neues Leben begonnen hatte.
Vader wandte sich dem großen Tisch in der Mitte des Zimmers zu. Auf der glänzenden, makellosen Tischplatte lagen ein Lichtschwert, ein Beutel mit Kredits und einige Schriftrollen; eng beschrieben mit seltsamen Schriftzeichen, die auf dem Pergament zu glühen schienen. Alte, unermesslich kostbare Sith-Artefakte, die Vader studiert hatte, als der Ruf des Imperators ihn erreichte. Vader nahm die Pergamente, rollte sie behutsam zusammen und verschloss sie in einem großen Durastahlschrank, in dem sich schon ähnliche Gegenstände befanden. Dann kehrte er zum Tisch zurück.
Der Dunkle Lord nahm seine elegante Waffe mit einer fast liebevollen Bewegung auf und befestigte sie sorgfältig am Gürtel der Jedi-Robe. Den Geldbeutel verstaute er in den Falten des Gewandes. Jetzt war er gewappnet für den geheimen Auftrag des Imperators.
Vader aktivierte mit einer knappen Geste eine Geheimtür neben dem Durastahlschrank. Die Türöffnung gab den Weg frei in eine winzige Liftkabine. Darth Vader trat hinein und hinter ihm erlosch das Licht in seinen Gemächern.Der Dunkle Lord befand sich auf dem Weg in die dunkle und geheimnisvolle Welt, die sich unter der Oberfläche Coruscants auftat. Eine schmutzige Antipode der gleißenden und glitzernden Welt, von der der Planet völlig bedeckt war. Vader hatte diese in ewige Dunkelheit gehüllte Unterwelt schon häufiger betreten; immer dann, wenn ein geheimer Auftrag des Imperators zu erfüllen war und der Dunkle Lord den Blicken der unzähligen Spione entgehen wollte, die sich an seine Fersen hefteten, sobald er seinen Palast verließ. Coruscant war ein einzigartiger Planet mit einem ebenso einzigartigen Spionagenetz, denn hier war der Spruch "Wissen ist Macht" eine Tatsache.
Die Liftkabine kam zum Stillstand und Vader sondierte mit der Macht die Umgebung. Er nahm nichts weiter wahr als das leise Trippeln enorm großer rattenähnlicher Tiere, die zwar unschön anzusehen, aber harmlos waren - sofern man nicht in ihrer Nähe einschlief. Vader öffnete die Lifttür und betrat einen dunklen, engen, mit Schutt verlegten und in Gestein gehauenen Gang, in dem ein durchdringender Fäulnisgeruch herrschte.
Die Gegebenheiten des Ganges schreckten etwaige neugierige Besucher, von den Ratten einmal abgesehen, schon genug ab, aber Darth Vader verließ sich nicht allein darauf und auf die Tatsache, dass die Lifttür für die Augen der meisten Lebewesen unsichtbar war.
Der Dunkle Lord hatte eine Barriere aus dunklen Energien errichtet, die dem Betrachter die Illusion einer massiven Felswand vorgaukelte und ihm gleichzeitig ein irrationales Gefühl der Angst vermittelte, dass übrigens auch die Ratten davon abhielt, sich der imaginären Felswand zu nähern. So sorgte Vader dafür, dass niemand mehr als ein paar Schritte in den Gang wagte.
Darth Vader schlängelte sich an Schutt und Unrat vorbei in die Richtung des Gangendes, das auf einen größeren Quergang traf, setzte die Kapuze der Jedi-Robe auf und trat aus der Sackgasse heraus.
Der Quergang war leer. In seiner Mitte floss träge ein kleines Abwasserrinnsal; die Wände waren mit grünlich-blau fluoreszierenden Bakterien bedeckt, die genügend Licht erzeugten, um künstliche Lichtquellen überflüssig zu machen.
Der Dunkle Lord nahm zielstrebig einen bestimmten Weg auf, was in diesen labyrinthischen Tiefen mit den vielfach gewundenen Gängen und verschiedenen Ebenen nicht ganz einfach war. Aber Vader kannte sich in dem Sektor unterhalb des Regierungsviertels und der angrenzenden Gebiete so genau aus wie die ständigen Bewohner dieser unangenehm feuchten und stickigen Welt.
Der Dunkle Lord bewegte sich kontinuierlich aufwärts, denn sein Ziel lag an der Oberfläche des Planeten. Als Vader die höheren Ebenen erreichte, wurde es belebter.
Verschiedenartigste Wesen gingen hier ihren Geschäften nach; Menschen, Twi'leks, Gamorreaner ... Manche verlottert und zerlumpt, die meisten aber normal gekleidet, wenn auch etwas ärmlich.
Hierher kamen die Gescheiterten, die Vergessenen (oder die, die vergessen werden wollten), die Identitätslosen, die sich der geschäftigen Konformität auf der Oberfläche nicht beugen wollten, die Geschäftemacher, Diebe, Mörder ...
Das Leben hier musste allerdings nicht einer Strafe gleichkommen; die Gewieften und Rücksichtslosen konnten sich ein feines Leben machen, unbeaufsichtigt und lukrativ ... genauso, wie es eigentlich auch auf der Oberfläche Coruscants der Fall war, nur das dort etwas feinere Gesetze und Sitten herrschten.Vader setzte seinen Weg ungehindert fort, denn niemand achtete hier sonderlich auf die Geschäfte des anderen. Schließlich gelangte er in die Kellerräume eines alten Gebäudes, das als Absteige - die Bezeichnung Hotel wäre zuviel der Ehre gewesen - für die weniger begüterten Besucher Coruscants diente. Denn auch wenn sich die planetenumspannende Stadt einen Anstrich der allgegenwärtigen Pracht zu geben verstand, waren die üblichen schäbigen Gegenden auch hier vorhanden; manche von der Unterwelt Coruscants nicht mehr zu unterscheiden.
Der Imperator hatte angeordnet, gegen diese Gegenden etwas zu unternehmen, aber sooft die Sicherheitskräfte und die Baudroiden gegen Personen und Ruinen vorgingen, sooft entstanden woanders neue Schandflecken, die der Staatsmacht trotzten.
Vader zog dankbar Nutzen aus diesem Umstand.
Der Dunkle Lord begab sich in das Erdgeschoss des Gebäudes, und ging, vorbei an zahlreichen Türen, in den schmutzigen Eingangsbereich und durch die außerordentlich verdreckte Eingangstür, ohne einer Seele zu begegnen. Vader trat auf einen nur schwach erleuchteten Gehsteig. Mittlerweile war es tief in der Nacht - die Wanderung durch Coruscants Unterwelt hatte einige Stunden gedauert - und die Straßen nur wenig belebt. In einiger Entfernung stand ein Taxi-Droide unter einer flackernden Laterne, um auf Fahrgäste zu warten. Vader nahm die günstige Gelegenheit wahr und drei Minuten später befand er sich auf dem Weg zu einer kleinen Raumhafensektion.
Die Illusion, das Schiff welches Vader zu nutzen gedachte, gab äußerlich nicht viel her. Sie war klein, schäbig und verbeult. Allerdings verbarg diese nicht gerade vertrauenseinflößende Hülle die modernste Technik, die das Imperium zu bieten hatte; starke Maschinen, einen außerordentlich leistungsfähigen Hyperantrieb und Lasergeschütze, die in einem solchen Raumschiff eigentlich nichts verloren hatten. Alles war eigens nach den Wünschen des Dunklen Lords entworfen und gebaut worden; für Missionen wie diese.
Und Vader hatte sich diese Raumhafensektion als Standort ausgewählt, weil hier die imperialen Überwachungsroutinen nicht allzu genau gehandhabt wurden; noch ein Vorteil der weniger prachtvollen Gegenden Coruscants.
Darth Vader betrat Dockbucht Zwei, machte gewohnheitsmäßig einen Rundgang um die Illusion und begab sich an Bord. Er ging sofort in die Pilotenkanzel, nahm die notwendigen Systemchecks durch und programmierte den Computer des Hyperantriebs auf den gewünschten Kurs. Als alles bereit war und zufriedenstellend lief, nahm Vader Funkkontakt mit der Sektionskontrolle auf. Anscheinend hatte er einen ungünstigen Zeitpunkt ausgewählt, denn am anderen Ende der Leitung meldete sich erst nach mehreren Versuchen eine verschlafene Stimme.
"Ja, was is' denn?"
Vader schnaubte und zwang sich zur Ruhe. Die Sektionsoffiziere hatten ihren Dienst in Schichten zu versehen und sollten daher nicht an ihrem Arbeitsplatz schlafen und Vader hätte diesem speziellen Zeitgenossen gerne die Leviten gelesen. Aber er war in seiner jetzigen Rolle nicht befugt, dem Offizier dumm zu kommen, ohne die Tarnung zu verlieren.
Also sagte Vader höflich, aber bestimmt: "Die Illusion, Dockbucht Zwei, erbittet Starterlaubnis!"
Die Stimme aus dem Kommlink brummelte irgend etwas von "mitten in der Nacht" und "Unverschämtheit", aber der Offizier machte sich schließlich doch daran, den Deckenbereich der Dockbucht zu öffnen. Die Decke surrte leise zur Seite und gab den Blick auf einen Nachthimmel frei, dessen Myriaden Sterne sich in der gelblichen, künstlichen Strahlung Coruscants regelrecht verloren; der Planet kannte keine Nacht.
"Starterlaubnis erteilt, Illusion", quäkte es kurz darauf aus dem Kommlink.
Der Sektionsoffizier musste sich vor der Startfreigabe mit den Schildoffizieren verständigen, die in orbitalen Stationen rund um Coruscant einerseits dafür sorgten, dass die Deflektorschilde zuverlässig arbeiteten, andererseits den Flugverkehr überwachten und besagte Deflektorschilde in den Flugschneisen zum richtigen Zeitpunkt deaktivierten.
Vader setzte zu einer Bestätigung an, aber in dem Moment unterbrach der Sektionsoffizier die Verbindung. Darth Vader zuckte die Achseln, betätigte die Schubkontrollen der Illusion und manövrierte das Schiff vorsichtig aus der Dockbucht heraus. Der Dunkle Lord ließ den Autopiloten den Funkleitstrahl der Orbitalstation anpeilen, lehnte sich zurück und wartete, bis die Illusion den freien Weltraum erreicht hatte. Dann aktivierte Vader den Hyperantrieb und das Raumschiff verschwand lautlos in den Tiefen des Alls.Vader überließ dem Autopiloten die Kontrolle über die Illusion und zog sich in den hinteren Teil des Schiffes zurück, in dem sich eine kleine Sitzgruppe, eine Kochnische, eine Nasszelle und ein in die Stahlwand eingelassenes Bett - das nicht mehr war, als eine waagerechte Stahlplatte mit einem weichen Bezug - befanden. Unter diesem Schiffsbereich lag der Hyperantrieb, so dass ein fortwährendes gedämpftes, tiefes Brummen zu vernehmen war.
Darth Vader betrat die Kochnische, um sich etwas Essen aufzuwärmen. Die Beschriftung der Synthetikessen-Packung, die Vader aus einem kleinen Schrank genommen hatte, wies den Inhalt als illurischen Lachs mit Kräutersoße aus. Aber von Farbe und Konsistenz her hätte es auch ebenso gut dunkelgrauer Schlamm sein können, befand Vader. Nun, zumindest roch das Ganze halbwegs appetitlich ...
Nach dem Essen legte sich der Dunkle Lord auf dem Bett zur Ruhe. Die Stunden im Hyperraum wollte Vader für die Meditation verwenden und um sich den Auftrag des Imperators noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen.
Eigentlich war nichts besonderes an dem Auftrag. Vader sollte lediglich eine Person namens Kirran ausfindig machen, die sich nach dem letzten Stand der Dinge auf Rhen aufhalten sollte - einem zweitklassigen Hinterwäldlerplaneten mit wenig Entwicklung und Industrie, und Bewohnern, die von den Erträgen der eigenen Arbeit auf einer reinen Subsistenzgrundlage lebten. Rhen war zwar sehr nah am imperialen Zentrum, aber seine absolut unwirtliche Ausstattung machte ihn zu einem denkbar uninteressanten Objekt; zumindest was die Geschäftsleute anging.
Dieser Kirran besaß etwas, das der Imperator gerne in die Hände bekommen wollte. Also wurde Vader losgeschickt, um dieses Etwas zu besorgen.
Kirran zu finden dürfte keine großen Schwierigkeiten bereiten, überlegte der Dunkle Lord, denn Rhen war nur äußerst dünn besiedelt, da der größte Teil des Planeten mit einem undurchdringlichen Urwald bedeckt war, in dem so zahlreiche Gefahren lauerten, dass sich eigentlich nur Lebensmüde hineinwagten. Kirran hielt sich also aller Wahrscheinlichkeit nach in einer der wenigen Siedlungen auf und da Fremde auf Rhen auffielen wie ein überdurchschnittlich intelligenter Gamorreaner, dürfte Vaders Suche nur kurz sein. Was dem Dunklen Lord an diesem Auftrag allerdings zu denken gab, war die Tatsache, dass eine Abteilung Sturmtruppen ihn ebenso gut hätte ausführen können. Er hatte das dem Imperator auch gesagt, aber Palpatine hatte nur geantwortet, dass das nicht möglich sei, da die Zielperson den Kontakt mit dem Imperium um jeden Preis zu verhindern suche.
Also musste Kirran etwas auf dem Kerbholz haben, was ihn dazu veranlasste, vor den Imperialen Reißaus zu nehmen; notfalls sogar in den Urwald Rhens, wobei die Wahrscheinlichkeit, dass er dort umkam sehr groß war. Oder - was Vader plausibler erschien - Kirran wusste, dass er etwas besaß, was für den Imperator von größtem Wert war.
Vader fragte sich natürlich, was dieses Etwas sein könnte, denn Palpatine hatte ihm nur gesagt, er würde früh genug wissen, was er Kirran abnehmen solle. Was konnte ein Mann begehren, dem beinahe die gesamte Galaxis untertan war, der ein unermessliches Vermögen besaß und die Herrschaft über die Dunkle Seite der Macht?
Höchst wahrscheinlich hatte Palpatine schon versucht Kirrans habhaft zu werden und den Mann damit zur Flucht gezwungen. Vader musste demnach sehr vorsichtig sein, um Kirrans Misstrauen nicht zu erregen.
Die Ankunft eines Jedi auf Rhen dürfte allerdings nicht ein so großes Aufsehen erregen, wie die Ankunft eines anderen Fremden, denn zum einen waren die Jedi fast überall willkommen und zum anderen auf Rhen ganz besonders, denn der Planet wurde von ihnen häufig besucht, da seine Urtümlichkeit und fast gänzliche Unberührtheit einen guten Platz zum Ausruhen boten. Allerdings suchten auch Flüchtlinge Rhen häufiger auf, da die wenigen Bewohner sehr gastfreundlich und hilfsbereit waren; so manches Lebewesen war dadurch schon vor dem Tod bewahrt worden.
Nun, Vader würde sich mit der Situation auf Rhen schon arrangieren.
Vader hatte vier Stunden mit der Meditation verbracht, als die Illusion auf Unterlichtgeschwindigkeit ging. Das Brummen des Hyperantriebs erstarb und wurde vom leisen Dröhnen des normalen Antriebs abgelöst.
Der Dunkle Lord erhob sich, um den Landeanflug auf Rhen vorzubereiten.
Der Planet hatte nur einen einzigen Raumhafen, der jeglicher Kontrollen entbehrte. Hier musste jeder selber sehen, wie er heil vom Himmel kam. Allerdings war das kein allzu großes Kunststück, denn Rhens Luftraum war so gut wie immer leer; die Chancen mit einem anderen Schiff zu kollidieren, waren schon gar nicht mehr zu benennen.
Rhen bot einen außerordentlich reizvollen Anblick mit seiner smaragdgrünen Farbe, die von den urwaldbedeckten Landmassen herrührte. Hatte man sich dem Planeten weit genug genähert, konnte man eine langgezogene baumfreie Zone von vielleicht dreihundert Kilometern Länge und einhundert Kilometern Breite sehen, die das gesamte bebau- und bewohnbare Land darstellte. Der Raumhafen lag zentral und Vader steuerte das betonierte Fleckchen Erde an, dass am Rande einer größeren Siedlung lag, setzte die Illusion sicher auf und deaktivierte die Triebwerke.
Der Dunkle Lord verließ das Schiff und sah sich um.
Eine unbelebtere Gegend konnte er sich kaum vorstellen. Keine Menschenseele ließ sich blicken. Vader zuckte sie Achseln. Dass die Leute hier so phlegmatisch waren, hätte er sich nicht träumen lassen! Am helllichten Tag musste doch jemand unterwegs sein, aber er sah noch nicht einmal einen Hund oder ein anderes Wesen, welches die Leute hier als Haustier betrachteten.
Auch gut. Das befürchtete Aufsehen erregte er also nicht; andererseits war es schon wieder verdächtig, nicht einen einzigen Neugierigen zu sehen.
Vader sondierte die Umgebung, aber seine machtgeschärften Sinne nahmen nichts Ungewöhnliches war. Also setzte sich der Dunkle Lord in Richtung der Siedlungshäuser in Bewegung, um mit der Suche nach Kirran zu beginnen.
Die Häuser, an denen Vader vorbeikam, waren aus massivem Holz, einstöckig und recht groß. Vor den Fenstern hingen hölzerne Fensterläden, die in den meisten Fällen geschlossen waren. Vader war nicht wenig verwundert; die Bewohner schienen sich förmlich verkrochen zu haben.
Der Dunkle Lord ging weiter. Die staubige Straße führte auf einen großen Platz - zweifelsohne der Marktplatz, der ebenso ausgestorben war, wie alles andere. Vader sah sich um und entdeckte ein Gebäude, dass unzweifelhaft eine Wirtschaft war. Auch hier waren die Fensterläden geschlossen, aber die massive Tür öffnete sich, als Vader probeweise den Türgriff herunterdrückte.
Darth Vader trat vorsichtig ein ... und verharrte auf der Schwelle.
Die Gaststube war nicht etwa leer, wie die absolute Stille hätte vermuten lassen, sondern besetzt mit Männern und Frauen. Jede Person hielt mindestens eine Waffe in der Hand; vom Blaster bis zur Heugabel. Und alle Waffen waren auf die Tür gerichtet.
Vader warf einen schnellen Blick in die Runde und griff mit der Macht nach den Gefühlen der Anwesenden. Auf ihren Gesichtern sah er Misstrauen und Feindseligkeit, ihre Gefühle drückten das Gleiche aus ... und noch etwas mehr: Angst.
Vader trat langsam vor, die Handflächen ausgestreckt als Zeichen des Friedens und lächelte.
"Mir wurde gesagt, Rhen und seine Bewohner seien zu Besuchern immer sehr höflich ... und besonders Jedi seien hier willkommen. Hätte ich gewusst, dass diese illustre Runde unter sich bleiben will, wäre ich natürlich nicht eingetreten", sagte er.
Die starrenden Augen blieben unbewegt und auch die Waffen blieben auf Vader gerichtet. Vader zuckte gespielt hilflos die Schultern und wandte sich, entschuldigend lächelnd, der Tür zu, aber eine scharfe Stimme gebot ihm Einhalt.
"Wartet! Was wollt ihr hier, Jedi?"
Der Sprecher, ein großer hagerer Mann mit derben Gesichtszügen und einem Blaster in der Hand, trat vor und funkelte Vader an.
Der Dunkle Lord überlegte schnell. Hier war offensichtlich etwas vorgefallen und der Vorfall hatte mit den Jedi zu tun, anders war die unverhohlene Feindseligkeit ihm gegenüber nicht zu erklären. Es war besser, mit der Wahrheit herauszurücken und zu erfahren, was passiert war. Die Menschen waren so sensibilisiert, dass es ihnen vielleicht aufgefallen wäre, wenn Vader die Unwahrheit sagte. Und Vader hatte keine große Lust, sich gegen mehr als zwei Dutzend aufgebrachte Farmer zur Wehr zu setzen.
Vader erwiderte den bösen Blick des Sprechers gelassen und sagte: "Ich suche jemanden. Kirran."
Dieser Name rief eine Reaktion hervor, die - gelinde gesagt - recht heftig war. Ein Teil der Leute sprang auf, um auf Vader einzudringen, andere begannen lebhaft aufeinander einzureden und alle waren eindeutig sehr erregt. Nun, fast alle. Der Wortführer blieb still und betrachtete Vader sekundenlang nachdenklich, dann fasste er einen Entschluss und schrie ein einziges Wort in einer gutturalen Sprache. Alle verharrten und verstummten auf der Stelle. Vader entspannte sich. Er hatte schon fast das Lichtschwert ergriffen, um gegen die Angreifer vorzugehen, was die ganze Angelegenheit garantiert nicht günstiger beeinflusst hätte.
Der Sprecher bedeutete seinen Leuten sich wieder zu setzen und die Waffen zu senken. Einige murrten leise ob dieses Befehls, aber alle fügten sich. Der Anführer trat weiter auf Vader zu bis er ungefähr zwei Meter vor dem Dunklen Lord stehen blieb. Kein Wunder, dass dieser Mann hier das Sagen hatte, dachte Vader, denn er spürte die kraftvolle Präsenz, die von dem anderen ausging.
"Warum?"
Dieses eine Wort besaß eine unglaubliche Schärfe und Vader wusste genau, dass es jetzt darauf ankam, nicht das Falsche zu antworten. Sein Gegenüber schien - ebenso wie die anderen Anwesenden - sehr starke Gefühle für Kirran zu haben, denn Vader spürte einen tiefen, verzweifelten Schmerz in den Menschen, der auf einen großen Verlust hindeuten konnte. Also sagte er - von seinem Standpunkt aus - die Wahrheit.
"Ich habe eine Botschaft für Kirran und da mir Rhen als Aufenthaltsort bekannt war, kam ich hier her, um die Nachricht zu überbringen. Außerdem hat Kirran etwas für mich ... Aber wie mir scheint, komme ich zu spät."
"Ja, zu spät, Jedi!" fauchte der Anführer. "Wo wart Ihr, als Kirran Euch brauchte! Wo wart Ihr, als die beiden Fremden kamen und unter uns zu wüten begannen, um Kirrans Versteck zu erfahren! Wo ..."
Der Mann verstummte plötzlich, als sei ihm bewusst geworden, dass sich sein Zorn auf den Falschen richte.
"Verzeiht mir, ehrwürdiger Herr. Ich vergaß mich", entschuldigte er sich leise. Verzweifelt trat er zurück, ließ sich auf einen Stuhl sinken und verbarg sein Gesicht in den Händen.
Vader schüttelte mitfühlend den Kopf.
"Ich weiß, wie Ihnen zumute ist. Aber vielleicht sollten Sie mir erst einmal genau erzählen, was hier vorgefallen ist. Möglicherweise kann ich Ihnen helfen ... und vielleicht besteht auch für Kirran noch eine Chance."
Ein beifälliges Gemurmel erhob sich und Vader spürte die aufkeimende Hoffnung in den Anwesenden.
"Nun gut. Was schadet es jetzt noch!"
Der Anführer hob resigniert und hilflos die Schultern.
"Mein Name ist Sarel und ich bin so etwas wie der Siedlungsvorsteher hier ...", begann er. "Kirran kam vor einem guten Standardmonat zu uns, von irgendwem oder irgend etwas verfolgt. Sie bat uns, sich auf Rhen verstecken zu dürfen, und wir erfüllten ihre Bitte sehr gern, denn wir verehren die Jedi ..."
Sarel sah Vader an und verstummte.
Der Dunkle Lord nickte. So, so. Kirran war also eine Frau und - was weitaus interessanter war - eine Jedi. Allmählich begann Vader seinen Auftrag anregend zu finden. Was mochte hinter Kirrans Flucht vor dem Imperator - dass es sich darum handelte, dessen war Vader überzeugt - stehen und was hatten die Fremden damit zu tun? Sollte Palpatine den Auftrag mehrmals vergeben haben? Vaders Überlegungen wurden unterbrochen, als Sarel weitersprach.
"Wir versteckten Kirrans Schiff und jede Familie dieser Siedlung gewährte ihr abwechselnd Unterkunft. Sie machte sich überall nützlich ... aber am meisten schätzten wir ihre heilenden Kräfte. Vor drei Tagen wurde Kirran unruhig. Sie war besorgt, wollte uns aber den Grund dafür nicht nennen. Allerdings drängte sie darauf, die Siedlung zu verlassen und im Urwald Unterschlupf zu suchen. Wir wollten sie davon abhalten, aber sie bestand darauf. Also waren wir ihr behilflich, sich an einem Ort ihrer Wahl, nicht zu weit von der Waldgrenze entfernt, einzurichten. Wir versorgten sie dann mit Nahrung für einige Tage und zwar so heimlich, wie es uns möglich war. Natürlich war uns anfangs nicht wohl bei der Sache, denn Rhen ist ein gefährlicher Planet, aber Kirrans Anwesenheit scheint die Gefahren in der Umgebung gebannt zu haben, denn keinem von uns ist im Wald oder auf dem Weg zu ihr etwas passiert."
Sarel geriet wieder ins Stocken, so als würde er um die folgenden Worte ringen müssen. Vader war sich sicher, dass jetzt die mysteriösen Fremden ins Spiel kamen.
"Nun, schließlich kam das, was Kirran wohl erwartet hatte. Vor nicht ganz zwanzig Standardstunden erschienen die beiden Fremden hier. Sie kamen am frühen Abend in die Siedlung. Als sie auf dem Marktplatz auftauchten, war dort sehr viel los, denn gestern war Markttag. Sie ... sie töteten zuerst fünf von uns, drei Frauen und zwei Kinder ..."
Sarel rang um seine Fassung und sprach nur stockend weiter. "Wir waren wie versteinert, keiner vermochte sich zu rühren und die Fremden lachten und weideten sich an unserer Angst und unserem Entsetzen. Dann rückten sie damit heraus, dass sie Kirran suchen würden. Wir weigerten uns zunächst Antwort zu geben, aber als sie mit weiteren Morden drohten, sagte ich ihnen, was sie wissen wollten. Daraufhin verschwanden sie, sich immer noch amüsierend ..."
Sarel brach ab. Was sollte er noch weiter erzählen?
Vader seufzte. Also war ihm jemand zuvorgekommen. Aber das musste noch lange nicht heißen, das alles verloren war. Es gab einige Dinge, die Sarels Schilderung nicht erklärte.
"Sarel", sagte Vader leise. "Es wird Ihnen schwer fallen, aber Sie müssen mir einige Fragen beantworten, damit ich mir ein genaues Bild der Vorgänge machen kann."
Sarel hielt den Blick gesenkt, nickte aber zum Zeichen seines Einverständnisses.
"Sind Sie ganz sicher, dass die Fremden Kirran gefunden haben und wenn ja, was haben sie mit ihr gemacht?"
"Nun ..., nein, wir wissen nicht genau, ob sie Kirran gefunden haben. Wir, wir waren zu ängstlich, uns aus der Siedlung hinauszuwagen. Die Fremden ... sie, wir ..."
"Schon gut." Vader winkte ab. "Keiner macht ihnen allen daraus einen Vorwurf. Demnach könnte Kirran sich also vor den Fremden in Sicherheit gebracht haben. Nach ihrem Schiff haben Sie sicherlich auch nicht gesehen?"
Sarel schüttelte beschämt den Kopf.
"Wie schnell konnte Kirran es erreichen und hätten Sie den Start hier bemerken können?" fragte Vader weiter.
"Das Schiff war auch im Wald versteckt, gar nicht mal sehr weit von Kirrans Unterschlupf entfernt ... sie hat wohl damit gerechnet, einmal schnell darauf angewiesen zu sein. Vom Start hätten wir nichts mitbekommen, denn unsere Siedlung liegt fast siebzig Kilometer vom Waldrand entfernt und das Land ist sehr hügelig", antwortete Sarel.
"Wenn die Fremden das Schiff nicht vorher gefunden und unbrauchbar gemacht haben, bestehen gute Chancen, dass Kirran entkommen konnte", meinte Vader. "Allerdings", überlegte der Dunkle Lord laut weiter, "wären die Fremden bei einem Misserfolg nicht sehr wahrscheinlich wieder hier hergekommen, wenn auch nur, um ihre Wut auszulassen ...?" Vader verstummte. Nein, wohl doch nicht. Wenn man annahm, dass Kirran ihnen entkommen war, war es nur logisch, dass die beiden sich so schnell wie möglich an ihre Verfolgung machten.
"Tja, es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als in Kirrans Unterschlupf nachzusehen, Sarel", sagte Vader.
Sarel sah auf, sein Blick hatte einen entschlossenen Ausdruck bekommen.
"Das ist das Mindeste, was wir noch tun können", sagte er energisch.
"Schön, kommen wir zu den Fremden", fuhr Vader fort. "Wie haben sie eure Angehörigen getötet?"
Sarel sah Vader verständnislos an. "Wie ..., spielt das eine Rolle?" fragte er verdutzt.
Vader nickte. "Für mich schon. Denn wenn ich mich an die Verfolgung mache, möchte ich gerne wissen, welche Möglichkeiten meine Gegner haben. Und da Sie nur sagten, die Fremden hätten die Frauen und Kinder getötet, nicht erschlagen oder erschossen ..."
Sarel zuckte hilflos die Achseln. "Wir wissen nicht, wie unsere Leute umgekommen sind. Sie ... schrien in Qualen auf und sanken tot zu Boden. Die Fremden haben sie nicht einmal angerührt ..."
"Das genügt mir schon, Sarel", unterbrach Vader den Mann. Langsam begann sich vor Vaders geistigem Auge ein Bild zu entwickeln. Hinter seinem Auftrag verbarg sich bedeutend mehr als er zuvor angenommen hatte. Eine Jedi gejagt von zwei Dunklen Jedi ..., und ihm, nicht zu vergessen. Also musste Kirran wahrhaftig etwas sehr Wertvolles besitzen. Jetzt konnte Vader auch fast völlig ausschließen, dass der Imperator die beiden Jedi ebenfalls mit dem Auftrag betraut hatte. Die Dunklen Jedi - von wenigen Ausnahmen abgesehen - erkannten Palpatines Status als Beherrscher der Dunklen Seite nämlich nicht an. Als Imperator akzeptierten sie ihn zwar, hielten sich aber aus allen imperialen Angelegenheiten heraus und agierten nur für sich. Palpatine würde sich wohl oder übel in Zukunft mit dem Gefahrenpotential der Dunklen Jedi befassen müssen. Allerdings sah es jetzt so aus, als wenn Vader zuerst das Vergnügen haben würde, sich mit zweien von ihnen auseinander zusetzen. Er war gespannt, wie sie auf ihn reagieren würden. Da das äonenalte Erbe der Sith-Lords auf ihn übergegangen war, mussten die Dunklen ihm eigentlich den nötigen Respekt entgegenbringen. Allerdings schienen diese beiden Jedi besonders unberechenbar und skrupellos zu sein. Die fünf Siedlungsbewohner zu töten war ein absolut unnötiger Akt. Die beiden hätten Kirran auf große Entfernung spüren müssen. Nun, er würde sehen ...
"Sarel, eines noch, bevor wir uns auf den Weg machen! Beschreiben Sie mir die beiden Fremden so gut wie möglich", wandte Vader sich wieder an den Siedlungsvorsteher.
Sarel schloss die Augen; das Bild der beiden hatte sich schier in sein Gehirn eingebrannt, so dass er sich an jede Einzelheit erinnern konnte. "Die beiden sind Menschen, ein Mann und eine Frau. Beide sind identisch gekleidet gewesen; schwarze Hosen, schwarze Hemden, eine Art Tunika darüber gegürtet und einen dunklen Kapuzenumhang über die Schultern gelegt. Die Frau ist sehr schön, mit langen blonden Haaren und einer ganzen Menge Schmuck. Der Mann hat dunkle Haare, ein markantes Gesicht, dass von seltsam violetten Augen beherrscht wird, und eine lange, gezackte Narbe an der rechten Wange. Beide sind sehr klein, aber ..."
"Danke, Sarel", unterbrach Vader den Mann. "Ich weiß jetzt genug über die Beiden. Ihr braucht euch überhaupt keinen Vorwurf zu machen, nicht gehandelt zu haben. Gegen zwei Dunkle Jedi ist schwer etwas zu unternehmen, sofern man nicht selbst ein Jedi ist."
Vader spürte die Erleichterung der Menschen im Gasthaus. Sie waren froh aus der unmittelbaren Verantwortung genommen worden zu sein und ihr Vertrauen auf ihn und ihre Hoffnungen in ihn zu setzten. Wenn sie gewusst hätten, wem sie da ihr Vertrauen schenkten, dachte Vader amüsiert. Sie hatten Angst vor zwei kleinen Krayt-Drachen und wagten sich in die Höhle des großen!
"Wir sollten uns auf den Weg machen solange es noch hell ist, Sarel. Je eher wir herausgefunden haben, ob die beiden Dunklen Jedi Kirran tatsächlich gefunden haben, desto eher kann ich etwas unternehmen", sagte Vader. "Wie schnell sind Ihre Gleiter?"
"Oh ..., nicht sehr schnell. Wenn wir alles aus ihnen herausholen, sind wir in drei Stunden dort", antwortete Sarel. Vader schüttelte den Kopf. "Viel zu langsam, fürchte ich. Wir nehmen mein Schiff. Allerdings werde ich Sie wohl nicht zurückbringen können. Schicken Sie einen Gleiter auf dem schnellsten Weg voraus." Sarel nickte. Er wandte sich an eine junge Frau, die in seiner Nähe saß und sprach kurz mit ihr in der gutturalen Sprache der Einheimischen. Daraufhin verließ die Frau die Gaststube. Dann richtete Sarel das Wort an die Anwesenden.
"Ihr habt gehört, wie es weitergeht. Macht euch keine Sorgen mehr. Ich habe das gute Gefühl, dass wir Kirran noch nicht aufgeben müssen. Und was die Fremden angeht ..." Sarel warf Vader einen Blick zu. "Sie werden ihrer Strafe nicht entgehen!"
Vader nickte beifällig. So wie sich die Dinge entwickelten, würde er sich die beiden ohnehin vorknöpfen, auch wenn seine Motive nicht das Geringste mit Vergeltung zu tun hatten. Aber sollten die Menschen hier doch eine Weile ihren Frieden finden, indem sie annahmen Vader würde ihre Toten rächen und versuchen Kirran zu helfen.
Braunes, hügeliges Land huschte in verwaschen wirkenden Streifen unter der Illusion hinweg. Man konnte schmale, sandige Wege erkennen, die riesige Felder in schnurgeraden Linien unterteilten, so dass sie wie die Muster eines gewaltigen Schachbretts wirkten.
Der Waldrand kam rasch näher und Vader bremste die Illusion sanft ab.
Die Felder endeten fast einhundert Meter vor dem Waldrand, so dass ein zwar gerodeter, aber unbebauter Streifen übriggeblieben war, auf dem außer niedrigem Gras nichts wuchs.
Sarel sagte: "Dieser Grasstreifen ist unsere Sicherheitszone. Die Farmer, die die waldnahen Felder bearbeiten müssen, fühlen sich so besser. Zumindest kann sich nichts unbemerkt anschleichen und es bleibt Zeit entweder zu fliehen oder sich verteidigungsbereit zu machen."
Vader landete die Illusion an einem Punkt, den Sarel ihm zeigte. Die beiden Männer verließen das Schiff.
Sarel ging sofort auf den Waldrand zu, aber Vader hielt ihn zurück. "Warten Sie, Sarel! Ich will mir die Gegend erst ein wenig ansehen. Man kann nie wissen, ob nicht doch etwas Entzückendes in der Nähe lauert."
Der Dunkle Lord öffnete seinen Geist der Macht. Sofort änderte sich seine Wahrnehmung. Die Machtsicht schränkte zwar das normale Sehvermögen ein, schärfte aber alle anderen Sinne und ermöglichte eine veränderte Art des Sehens. Je nachdem, worauf Vader sich konzentrierte, bekam er ein unterschiedliches Bild seiner Umgebung zu sehen. Er ließ seinen Blick über den Waldrand schweifen. Alles Lebendige hatte eine spezifische Aura ... die mächtigen Bäume pulsierten in einem dunkelgrünen Glühen und Vader sah eine Vielzahl von Lebewesen, die auf dem Boden entlang huschten, sich an die Baumrinden klammerten oder herumflatterten. Er hörte ihre leisen Geräusche und das Wispern der Bäume, das einer Unterhaltung gleichkam. Vader blickte sich weiter um. Als Sarel in sein Blickfeld kam, war er eine blassblaue Aura in menschlicher Gestalt. Alle Lebewesen, die nicht machtbegabt waren, hatten diese fast durchsichtige Aura. Der Dunkle Lord vernahm das leise Knacken der Triebwerke der Illusion, die abkühlten und Sarels gleichmäßiges Atmen. Vaders Sinne tasteten sich weiter vor.
Der Wald veränderte sich nicht. Nach einem guten Kilometer stieß Vader auf anorganische Substanzen, die, als graue Flecken wahrnehmbar, verstreut umherlagen. Aber nichts deutete darauf hin, dass sich in Kirrans Lager noch jemand aufhielt; zumindest niemand Lebendiges.
Vader löste seinen Geist soweit von der Macht, dass sein normales Sehvermögen zurückkehrte, aber sein Gehör noch immer übersensibel reagierte. "Es ist alles ruhig. Wir können gehen, Sarel", sagte er.
Sarel nahm seinen Weg wieder auf. Als die beiden Männer in den Wald traten, wurden sie schier von der Dunkelheit, die zwischen den Baumstämmen herrschte, verschluckt. Der Waldboden war mit großen Moosflächen bewachsen, durch die hier und da eine mächtige Wurzel stieß. Sarel folgte einem kaum sichtbaren Pfad, der an der Stelle endete, die Kirrans Unterschlupf darstellte. Sie hatte sich eine kleine provisorische Hütte aus abgestorbenen Ästen, Blättern und Moos gebaut, die zwischen zwei Baumstämme geschmiegt war. Vor der Hütte lagen wild verstreut einige Gegenstände um eine Feuerstelle herum - Werkzeuge, Schüsseln, ein Kessel ... Der Boden war durch Fußtritte aufgewühlt und zwei Bäume hatten tiefe, schwarze Brandwunden in ungefähr zwei Meter Höhe. Vader betrachtete diese Spuren eingehend. Hier hatte jemand seine Wut ausgelassen, denn die verbrannten Wunden der Bäume waren das Ergebnis eines Lichtschwerts; kein Blaster riss bei einem Streifschuss so tiefe Furchen.
Vader ging auf die Hütte zu, um einen kurzen Blick hineinzuwerfen. Er musste sich ducken, da der Eingang sehr niedrig war. Der Dunkle Lord nahm das Lichtschwert vom Gürtel und aktivierte es. Im blau-weißen Schein der Energieklinge konnte er ausreichend sehen.
Das Innere der Hütte war ein völliges Chaos. Alles, was beweglich war, lag zerstört auf dem Boden. Vader schüttelte den Kopf. Diese beiden Dunklen Jedi schienen ihren Spaß an der Zerstörung zu haben - oder neigten zu unkontrollierten Wutausbrüchen. Aber sie hatten nicht gefunden, was sie suchten, stellte Vader befriedigt fest. Er deaktivierte sein Lichtschwert und trat aus der Hütte. Sarel sah ihn fragend und besorgt an.
"Sie ist nicht in der Hütte, Sarel. Und wie es aussieht, haben unsere beiden Freunde sie hier auch nicht erwischt. Sehen wir uns noch das Versteck des Raumschiffs an ... dann haben wir Gewissheit."
Sarel nickte. "Es ist ein ganzes Stück in östlicher Richtung. Dort existiert eine kleine Lichtung. Sie war gerade groß genug, Kirrans Schiff aufzunehmen. Wir haben es dann mit Gehölz und Blättern getarnt. Bei einem flüchtigen Blick von oben wäre es dort nicht aufgefallen."
"Ich sehe es mir an", sagte Vader und bediente sich wieder der Machtsicht. In drei Kilometern Entfernung fand er die Lichtung. Sie war leer. Allerdings war der sonst sattgrün schimmernde Moosboden in einem Durchmesser von zwanzig Metern völlig stumpf, ohne Farbe. Tot; verbrannt durch die Hitze von Triebwerken. Kirran hatte einen Schnellstart absolviert.
Vader löste sich jetzt ganz von der Macht. "Sie ist weg", sagte er zu Sarel.
"Allen Mächten sei Dank!" rief der Mann erleichtert aus. "Dann konnte sie also fliehen!"
"Ja", bestätigte Darth Vader. "Die Frage ist nur, wohin ... Ist ihr Schiff hyperraumtauglich?"
Sarel schüttelte den Kopf. "Nein. Es ist ein sehr altes Modell, dass vielleicht annähernd Lichtgeschwindigkeit schafft, aber niemals darüber."
Vader überlegte. Das schränkte Kirrans Handlungsspielraum sehr ein. Mit den Verfolgern im Nacken musste sie versuchen, so schnell wie möglich auf einer nahegelegenen Welt unterzutauchen. Auch wenn man annahm, dass sie einen etwas größeren Vorsprung hatte, konnte sie nicht einfach auf und davon fliegen, denn alte Raumschiffe waren nicht unbedingt für sparsamen Treibstoffverbrauch bekannt. Damit hatte sie eigentlich nur die Wahl zwischen zwei Planeten; Akharn und Selthur. Akharn war eine reine Vergnügungswelt, ein Ferienplanet der Reichen und Schönen. Dort würde man Kirran nicht einmal in die Nähe der Atmosphäre lassen; nicht mit ihrem Schiff und schon gar nicht, wenn sie nicht ein Vermögen vorzuweisen hatte. Bei einem Hellen Jedi war das nie der Fall. Reichtum hatte für sie keine Bedeutung. Und da bescheidene oder gar arme Lebewesen auf Akharn nicht gern gesehen wurden - sie hätten die Ferienidylle verschandelt und wären somit schlecht für das Geschäft - blieb für Kirran nur Selthur.
"Kommen Sie, Sarel. Ich will mich auf den Weg machen. Kirran ist höchstwahrscheinlich unterwegs nach Selthur", sagte Vader. Er ging auf dem schmalen Pfad zurück in Richtung der Illusion. Sarel warf noch einen letzten Blick auf Kirrans ehemaligen Unterschlupf und beeilte sich dann, Vader zu folgen, der im grünen Schatten der Bäume schon nicht mehr zu sehen war.
Vader befand sich wieder im All. Der Abschied von Sarel war nur sehr kurz ausgefallen. Vader hatte sich von ihm Kirrans Schiff und sie selbst beschreiben lassen. Dann hatte der Mann ihm gedankt und seiner Hoffnung Ausdruck verliehen, dass Vader Kirran lebendig finden würde. Der Dunkle Lord hatte aufrichtig bestätigt, dass er das Gleiche hoffe.
Vader überdachte sein weiteres Vorgehen, während er Kurs auf Selthur nahm. Er entschied sich, die Illusion selbst zu steuern, um so die Sensoren im Auge behalten zu können, die in einem großen Umkreis den Weltraum abtasteten. Vielleicht fand er Kirran ja früher als erwartet!
Aber Vader näherte sich Selthur ohne eine Spur von den Dunklen Jedi oder Kirran zu finden.
Der Planet bot einen seltsamen Anblick. Er schien an vielen Stellen das Licht der Sonne zu absorbieren, denn er zeigte sich dort nur in stumpfen dunklen, fast schwarzen Farben. Diese dunklen Flächen waren hier und da mit blauen und hellen Flecken gesprenkelt. Selthur hatte eine vulkanische Vergangenheit. Er war ein recht junger Planet, klein und zu achtzig Prozent von erkalteter Lava bedeckt, die unzählige Vulkane ausgestoßen hatten, bevor sie für immer erloschen waren. Eigentlich ein Ort, der nicht zum Verweilen einlud, aber der Fund von Bodenschätzen hatte die Glücksritter angezogen, die im Laufe der Generationen zu ehrbaren Geschäftsleuten geworden waren. Und da die Ausbeutung der gewaltigen Erzvorkommen viele Hände erforderte, waren die bewohnbaren Flecken des Planeten immer überfüllt.
Im Orbit von Selthur herrschte eine hektische Aktivität; Fracht- und Versorgungsschiffe, die auf ihre Landeerlaubnis warteten. Im Minutentakt wurden die Schiffe in die verschiedenen Raumhäfen gelotst. Soweit Vader sich erinnerte, gab es nur einen Raumhafen für den normalen Schiffsverkehr. Zweifellos würde er seine Beute dort finden.
In Vaders Gedanken reifte ein Plan heran. Er musste nur noch eine Sache klären, dann konnte er ihn in die Tat umsetzen. Der Dunkle Lord konzentrierte sich auf die Macht.
Ja, da waren sie. Zwei dunkle und eine helle Regung in der Macht, ganz nah beieinander. Die Dunklen hatten Kirran gefunden; Vader hatte es erwartet. Er musste sich beeilen, wenn er der Jagd ein baldiges Ende bereiten wollte ...
"Nach einem Dunklen Lord sieht er ja nicht gerade aus, oder Khetal?" bemerkte eine Frauenstimme spöttisch und Vader, der wartend auf einer niedrigen Mauer saß, drehte sich langsam zu der Sprecherin um.
Sarel hatte die beiden Jedi tatsächlich sehr genau beschrieben. Sie gaben ein prächtiges Paar ab; der Mann dunkel und grimmig, die Frau wunderschön und mit einem abschätzigen Lächeln auf den Lippen. Sie musterte ihn ungeniert von oben bis unten.
"Aber ein sehr stattlicher und hübscher Mann", fügte sie hinzu.
Khetal antwortete darauf mit einem unverständlichen Brummen und warf Vader einen wütenden Blick aus - tatsächlich - violetten Augen zu.
"Eigentlich keine schlechte Idee, sich als Dunkler Lord der Sith auszugeben", fuhr die Frau fort. "Das Ganze diente doch nur dazu, uns hier herzulocken, oder?" Sie zog fragend eine Augenbraue in die Höhe, aber Vader sah sie nur regungslos an.
"Irgendwie muss der Bursche geahnt haben, dass wir neugierig sind, Khetal. Und für einen kleinen Moment, glaubte ich tatsächlich etwas gespürt zu haben, als er vor Kurzem mit uns Kontakt aufnahm. Aber jetzt ..." Sie brach ab und starrte Vader in die Augen; sie erforschte seinen Geist und wenige Augenblicke später tat Khetal das Gleiche.
"Vergiss es, Dimior! Der Mann ist ein einfacher Jedi, sonst nichts." Khetal war sich absolut sicher. "Also, was soll das Ganze?" fauchte er Vader an.
"Die Jedi in unserer Gewalt, Khetal ..." Dimior lächelte Vader schief an. "Leider hat die Süße etwas, das wir auch gerne haben möchten. Bedauerlicherweise hat sie es irgendwo versteckt, bevor wir sie erwischten und will den Ort nicht preisgeben. Du wirst also verstehen, dass wir Dir Deine Gefährtin nicht herausgeben wollen und dass Du uns sehr ungelegen kommst", sagte sie ironisch in einem zuckersüßen Tonfall, der sich allerdings schlagartig änderte. "Khetal, nimm ihn dir vor!" befahl sie barsch. "Und komm dann so schnell wie möglich zum Schiff zurück. In der Zwischenzeit werde ich versuchen, unserer kleinen Freundin endgültig die Zunge zu lösen!"
Dimior lächelte Vader noch einmal zu und sagte, während sie sich zum Gehen wandte: "Schade, wirklich jammerschade, Jedi."
Khetal sah seiner Gefährtin wütend nach. Sie verstand es immer wieder seine Eifersucht zu wecken. Aber um so besser. Er würde es genießen diesen Jedi auseinander zunehmen, der sich zu allem Überfluss auch noch zu amüsieren schien.
Vader war tatsächlich hochzufrieden. Er hatte die beiden richtig eingeschätzt: neugierig und überheblich selbstsicher. So konnte Vader sich in aller Ruhe einzeln mit ihnen beschäftigen. Das machte es leichter und er würde mehr Erfahrungen im Kampf gegen einen Dunklen Jedi sammeln können; mehr positive - in seinem Sinne natürlich -, denn eine äußerst unangenehme Begegnung hatte er in der Vergangenheit schon über sich ergehen lassen müssen.
Khetal bleckte die Zähne zu einem bösartigen Grinsen. Sein Gegner mochte ihn zwar um einiges überragen, aber gegen seine hinterhältigen Tricks würde er nichts ausrichten können. Die Hellen Jedi waren einfach viel zu ehrlich, als dass sie auf unfaire Art kämpfen würden. Khetal waren solche albernen Einstellungen ein Rätsel. Aber bitte! Ihm konnte das nur recht sein. Er packte sein Lichtschwert und griff an.
Vader langte seinerseits nach seiner Waffe und wartete auf Khetals Angriff. Der Mann hielt augenscheinlich nicht viel von klassischer Kampfaufstellung oder ähnlichen Ritualen, befand Vader, denn er stürzte sich mit einem wütenden Schrei auf ihn und hieb so wild auf Vader ein, dass der Dunkle Lord einige Augenblicke brauchte, um sich auf diesen "Nicht-Stil" einzustellen. In dieser Zeit hatte Khetal ihn an den Eingang einer mit Steinen und Schutt übersäten Sackgasse getrieben. Vader war klar, dass der Dunkle Jedi ihn so in die Enge treiben wollte. Aber Vader würde den Spieß zu gegebener Zeit umdrehen. Er ließ sich in die Gasse drängen, wehrte die wilden Schläge seines Gegners ab und wartete auf dessen nächste Aktion.
Plötzlich ließ Khetal von Vader ab, trat einige Schritte zurück, senkte das Lichtschwert und grinste ihn mitleidig an. Es war an der Zeit diesem erbärmlichen Jedi zu zeigen, was die Dunkle Seite zu bieten hatte!
Vader seinerseits fand es ebenfalls an der Zeit sich der Macht zu bedienen. So wurde ihm schlagartig bewusst, was Khetal vorhatte, als dieser mit der Macht nach den hinter Vader liegenden Steinen griff. Der Dunkle Lord schützte sich mit einer Machtbarriere gegen die heranrasenden Dinge. Sein Gegner war also nicht an einem fairen Kampf interessiert! Nun gut, also würde Vader sich auch nicht mehr an irgendwelche Konventionen halten.
Khetal war verwirrt. So schnell hätte der Jedi gar nicht begreifen dürfen, was Sache war! Seine Überraschung brachte Khetal aus dem Konzept und lenkte ihn zudem ab, denn als er ein Klappern hinter sich hörte, drehte er sich unwillkürlich um, nur um eine rostige Dose über den Boden rollen zu sehen. Er verfluchte sich für seine Unachtsamkeit, wandte sich schnell wieder seinem Gegner zu und erwartete den unausweichlichen Angriff. Aber der Jedi hatte sich nicht gerührt. Wieso hatte er die Gelegenheit nicht wahrgenommen? Khetal wurde noch verwirrter. Da stimmte doch etwas nicht! Er brauchte einige Sekunden um zu begreifen. Das Lichtschwert! Sein Gegner hatte sein Lichtschwert nicht mehr in der Hand! Die Bedeutung dieser Erkenntnis traf Khetal wie ein Blitz. Er sprang verzweifelt nach vorne, an seinem Gegner vorbei und vermeinte die tödliche Energie des geworfenen Lichtschwerts im Rücken zu spüren. Khetal prallte auf die linke Schulter und rollte sich ab. Er mühte sich so schnell es ihm möglich war auf die Beine und fühlte plötzlich einen entsetzlichen Schmerz am rechten Oberarm.
Vader war hochzufrieden. Er hatte sein Lichtschwert so geworfen, dass es einen langen schrägen Bogen beschrieb, der Khetal von der linken Schulter bis zur rechten Hüfte durchtrennt hätte, wenn der Dunkle Jedi sich nicht mit einem beherzten Sprung nach vorne aus der Gefahrenzone gebracht hätte. Aber auch das hatte ihm nicht viel genutzt, denn Vader hatte sein Lichtschwert wieder gefangen ...
Khetal stieß einen langgezogenen Schrei aus, als er seinen Arm, mit dem Lichtschwert noch in der Hand, zu Boden fallen sah. Der Schmerz vernebelte für einige Augenblicke seine Gedanken, aber dann gewann die Dunkle Seite die Oberhand und Khetals Blick klärte sich. Er würde nicht aufgeben! Er hob die unversehrte Linke und griff mit der Macht nach seinem Lichtschwert. Er schrie erneut auf, diesmal aus Wut. Sein Gegner war ihm zuvorgekommen. Khetal spürte ein ungewohntes Gefühl in sich aufkommen - Angst, eine Angst, die sich langsam aber sicher in eine Panik zu steigern drohte. In ihm reifte die Erkenntnis, dass er es mit einem Gegner zu tun hatte, der nicht das zu sein schien, was er vorgab. Angenommen er hatte nicht gelogen als er sich als Sith-Lord ausgab ... Khetals Gedanken überschlugen sich. Mit den Aktionen seines Gegners hatte er nicht gerechnet. Ein Heller Jedi durfte einfach nicht hinterhältig sein! Aber der Wurf des Lichtschwerts ... Khetal stöhnte auf. Schmerz und Verwirrung verbanden sich mit dem Gefühl betrogen worden zu sein. Aber wieso hatte er vorher nichts gespürt? Er hatte den Jedi sondiert, genauso wie Dimior. Warum hatte er genau das wahrgenommen, was er bei einem Hellen Jedi erwartete? Konnte sein Gegenüber sich so verstellen?
Vader spürte mit Genugtuung die Verwirrung des Dunklen Jedi. Oh ja, er hatte seine geistige Tarnung bis zur Perfektion aufgebaut. Sie gab nur das preis, was Vader preiszugeben bereit war. Und jetzt war die Zeit, die Maske fallen zu lassen.
Vader aktivierte das zweite Lichtschwert. Sein Gegner riss entsetzt die Augen auf, in denen sich die Erkenntnis der bitteren Wahrheit abzeichnete, und versuchte aus der Gasse zu fliehen, die jetzt ihm zum Verhängnis zu werden drohte. Aber Vader vereitelte die Flucht, indem er beide Arme ausstreckte, so dass die Lichtschwerter eine unüberwindbare Barriere darstellten.
Khetal wich zurück, bis er mit dem Rücken an die Steinmauer prallte, die die Sackgasse versperrte. Er war verloren! Doch halt, vielleicht blieb ihm noch eine Chance! Er mobilisierte sämtliche verbliebenen Kräfte und griff mit der Macht nach seinem Gegner; konzentrierte sich darauf, ihm die Knochen im Leib zu brechen, seine Kehle zu zerdrücken ...
Vader spürte die Angriffe des Dunklen Jedi, aber sie waren für ihn nicht mehr als ein Hauch, so zart und wirkungslos wie eine Sommerbrise. Vader lachte und ging nun seinerseits zum Angriff über, ließ die tödliche Kälte der Dunkelheit in sich strömen, formte sie durch seinen Willen und richtete sie auf den Geist des Feindes.
Khetal heulte auf in wahnsinniger Agonie, sein Körper fiel zuckend zu Boden und wand sich dort in schier unmöglichen Bewegungen ... während seine Seele zerrissen wurde. Khetals Schreie erstarben abrupt und in der Gasse war nur noch das Summen der Lichtschwerter zu vernehmen.
Vader ließ die Arme sinken. Beide Lichtschwerter entfielen seinen Händen und er brach erschöpft in die Knie. Die entsetzlichen Todesschreie seines vernichteten Gegners hallten in seinem Kopf nach. Er presste die Hände an die Schläfen und langsam kehrte seine Beherrschung zurück. Es war das erste Mal, dass er diesen Sith-Zauber benutzt hatte.
Er würde ihn nicht wieder gebrauchen, nicht wenn er Dutzende andere Möglichkeiten hatte seine Feinde zu besiegen. Dies war der letzte Ausweg, und der gefährlichste. Denn Vader hatte sich in den wenigen Augenblicken, die er sich der Macht geöffnet hatte, in etwas Unbeschreibliches verwandelt. Er hatte die grenzenlose Macht genossen, war in eine verzückte Ekstase getaumelt, hatte eine perverse Freude bei den Leiden seines Gegners empfunden und sich gewünscht, diesen Zustand für ewig erhalten zu können. In diesem Augenblick war er fähig gewesen, alles zu vernichten, was ihm im Weg war und emporzusteigen auf den Gipfel der Dunklen Seite.
Vader empfand Grauen. Er wollte sich nicht gänzlich von der Dunklen Seite beherrschen lassen; er wollte sich ihrer bedienen, aber nicht ihr Werkzeug sein. Das Bild des Imperators kam Vader vor Augen. Erst für wenige sichtbar, aber eine unleugbare Tatsache, wandelte sich Palpatines Aussehen. Hier und da eine kleine Veränderung der Haut, schütter werdendes Haar, eine kaum merkliche, leicht geduckte Haltung ... Alles Anzeichen, die man dem Alter zuschreiben konnte. Aber Vader wusste es jetzt besser. Die Beherrschung der Macht forderte ihren Tribut ...
Der Dunkle Lord griff nach seinem Lichtschwert und erhob sich wankend. Dem Lichtschwert seines Gegners versetzte er einen Tritt, so dass es in die Öffnung eines Abwasserkanals rutschte und klappernd darin verschwand. Vader kehrte der Gasse den Rücken zu und ließ ein schwarzes Bündel zurück, dass einmal ein Mensch gewesen war.
Darth Vader näherte sich langsam dem Schiff der Dunklen Jedi. Dimior stand neben der Einstiegsrampe und hantierte an einer hydraulischen Stütze. Sie wandte Vader den Rücken zu, hatte sein Kommen aber bemerkt, obwohl sie die falschen Schlüsse daraus zog.
"Schön, dass Du auch mal kommst, Khetal", sagte sie ironisch. "Das Bürschchen war ein härterer Brocken als angenommen, nicht wahr? Dann hat er gut zu seiner Gefährtin gepasst. Sie will den Mund einfach nicht aufmachen. Dummes Luder! Sie könnte sich einiges ersparen ... Vielleicht hast Du noch eine Idee, Khetal?"
Vader blieb außer Reichweite hinter Dimior stehen und sagte: "Khetal wird keine Einfälle mehr haben ..."
Dimior erstarrte sekundenlang. Dann drehte sie sich hastig um. Ihre großen blauen Augen blickten ungläubig und verwirrt. Für Sekunden schien sie durch Vader hindurchzusehen und flüsterte einen Namen. Dann trat ein schmerzvoller und wilder Ausdruck in ihre Augen. "Khetal ...!" schrie sie und stürzte sich auf Vader. Sie dachte nicht an ihr Lichtschwert, sondern schlug mit bloßen Händen nach ihm und versuchte, außer sich vor Wut, mit ihren langen Fingernägeln sein Gesicht zu zerkratzen.
Der Dunkle Lord wich ihren Attacken aus. Dimiors zu einer Klaue gekrümmte rechte Hand traf dadurch nicht Vaders Gesicht, sondern strich an seinem Hals vorbei und riss die Jedi-Robe am Kragen einige Zentimeter auf. Dimior schluchzte jetzt und wollte erneut angreifen, aber Darth Vader packte sie hart bei den Handgelenken und drückte zu. Die Frau schrie auf. Vader hatte ihr ein Handgelenk gebrochen. Die Wut fiel so schnell von Dimior ab, wie sie gekommen war. "Khetal", murmelte sie tränenerstickt immer wieder.
Vader ließ sie los und sagte: "Er hat es nicht besser verdient. Er war in seiner Siegesgewissheit zu überheblich und konnte die Niederlage nicht akzeptieren."
Dimior blickte langsam auf, dabei streifte ihr Blick flüchtig den Kragen von Vaders zerrissenem Gewand, wanderte weiter und kehrte dann schreckensgeweitet zurück. Sie stieß einen unterdrückten Schrei aus und starrte gebannt auf eine bestimmte Stelle.
Vader lächelte grimmig. Er wusste genau, was sie sah. Eine schwarze, verschlungene Sith-Rune, unauslöschlich in das Fleisch auf der Mitte seines Brustbeins gebrannt. Das Zeichen seiner Herrschaft als Dunkler Lord der Sith; für jeden Wissenden zu lesen!
Dimior senkte den Kopf und ließ die Schultern hängen, die verletzte Hand hing nutzlos herunter und den gesunden Arm hatte sie wie schützend um ihren Leib gelegt. Sie erwartete das Schlimmste.
Vader betrachtete sie eine Weile stumm, dann sagte er: "Ich hoffe, Du bist klüger als Khetal, Dimior. Du wirst für zwölf Standardstunden diesen Raumhafen verlassen. Dein Schiff wird unversehrt sein, wenn Du zurückkommst. Dann kannst Du tun, was Dir beliebt, nur wage es ja nicht mir nachzuspionieren. Ich werde es wissen!"
Dimior nickte. Sie konnte kaum fassen, so glimpflich davonzukommen! Und ... vielleicht ließ sich aus der Situation ja auch noch etwas herausschlagen. Dimior war eine pragmatisch veranlagte Frau, die für sich immer den bestmöglichen Vorteil suchte.
"Mein Lord ...", begann sie zaghaft und trat näher an Vader heran. Sie lächelte unschuldig und zugleich verführerisch, sich ihrer Reize und ihrer Wirkung vollkommen bewusst, "vielleicht könnten wir ein Abkommen treffen ...?"
Vader lachte leise und Dimior hielt inne.
"Ich glaube kaum, dass Du in der geeigneten Position bist, um mit mir zu verhandeln", sagte er sanft und belustigt. "Strapaziere meine Geduld und Dein Glück nicht", fuhr er streng fort. Die Dunkle Jedi schaute ihn an. Schließlich nickte sie wieder und sagte: "Die Jedi ist im Maschinenraum." Dann drehte sie sich um und ging ohne zurückzublicken davon. Vader sah ihr nach, bis sie in dem Gang verschwunden war, durch den man die Dockbucht verließ.
Vader betrat die Einstiegsrampe des Schiffes und aktivierte das Schott, das ins Innere führte. Es glitt lautlos zu Seite und gab den Blick in einen nur spärlich beleuchteten Hauptgang frei. Darth Vader blieb einen Augenblick stehen und vergewisserte sich, dass nicht irgendwelche Fallen, im Dämmerlicht gut verborgen, auf ungebetene Besucher warteten. Als Vader sicher war, dass keine Gefahren lauerten, machte er sich auf den Weg in den unteren Schiffsbereich. Im gedämpften Licht erkannte er eine kreisrunde Öffnung im Stahlboden aus der eine Leiter ragte. Vader trat näher und schaute hinein. Im Maschinenraum war es stockfinster. Der Dunkle Lord tastete sich vorsichtig die Stahlleiter hinab und verharrte lautlos, als er den Boden erreichte. Er lauschte und hörte ein leises Wimmern, aus dem er einzelne Worte in einer fremden Sprache zu vernehmen glaubte. Vader aktivierte sein Lichtschwert. Das Licht der Energieklinge erzeugte gespenstische Schatten in dem Raum, die auf den Rohren und Metallstreben - die sich verzweigt und verschlungen hierhin und dorthin wanden - zuckten und tanzten. Durch dieses Geflecht konnte ein Mensch sich nur schwer hindurchkämpfen. Vader sah sich nach einer Lichtquelle um. Rechts von ihm befand sich eine Wandkonsole mit einer Reihe von Schaltern. Vader studierte die Schalter kurze Zeit und betätigte dann einen davon. Augenblicklich flammte grelles Licht auf, aus Scheinwerfern, die in zwei Reihen an der Decke befestigt waren. Die Szenerie, die sich Vader bot, hatte alles Unheimliche verloren, war deswegen aber nicht erfreulicher. Denn das Wimmern kam aus der hintersten Ecke des Maschinenraums. Angesichts seiner Größe musste Vader sich auf einen beschwerlichen Weg gefasst machen. Der Dunkle Lord verstaute das Lichtschwert wieder am Gürtel und begann sich vorzuarbeiten. In Gedanken verfluchte er die Konstrukteure des Schiffes, die augenscheinlich der Meinung gewesen waren, das sich hier niemand, der größer als ein gutgewachsener Jawa war, bewegen musste. Vader fragte sich, warum Dimior und Khetal sich die Mühe gemacht hatten, Kirran hier unten festzuhalten.
Als er die Jedi schließlich erblickte, hatte er die Antwort. Die Frau war mit den Handgelenken an zwei Rohre gekettet, so dass ihre Füße kaum den Boden berührten. Unter ihr hatte sich eine gewaltige, dunkle Blutlache gebildet.
Vader verzog angewidert das Gesicht; er hätte mit so etwas rechnen müssen. Dimior und Khetal mochten alles mögliche sein, zimperlich waren sie auf keinen Fall gewesen.
Kirran stöhnte gepeinigt auf, sie war nicht ganz bei Bewusstsein, versuchte sich aber an den Ketten aufzurichten, um die Qualen zu lindern. Diese Anstrengung raubte ihr die Sinne ganz.
Vader betrachtete Kirran kurz. Sie war groß, schlank und hatte ein weitgehend humanoides Aussehen - wenn man von den langen, seitwärts gewundenen Hörnern, die aus ihrer Stirn wuchsen und den erschreckenden Reißzähnen absah, die ihr aus dem Oberkiefer ragten. Kirrans Jedi-Gewand bestand nur noch aus Fetzen und ihr Körper wies unzählige Wunden auf; manche schon fast verheilt, die meisten aber immer noch blutend.
Kirran musste eine außerordentliche körperliche Stärke haben und über beträchtliche Heilungskräfte verfügen, wenn sie sich so lange am Leben erhalten und ihren Peinigern auch noch trotzen konnte. Vader gestattete sich einen Augenblick der Bewunderung. Dann machte er sich daran, die Jedi zu befreien. Die Ketten waren mit dem Lichtschwert schnell gelöst, aber dann kam der schwierige Teil ... Kirran durch das Rohgewirr zu bekommen. Darth Vader legte sie sich über die Schulter und versuchte sich so vorsichtig wie möglich einen Weg zu bahnen. Er brauchte einige Zeit, bis er die Leiter wieder erreichte. Kirran war noch immer bewusstlos und ihr Atem ging flach und unregelmäßig. Vader legte sie sanft auf den Boden, zog seinen Kapuzenumhang aus und wickelte sie darin ein. Irgendwie musste er die Frau aus dem Maschinenraum schaffen. Mit Hilfe der Macht? Nein! Seine Kräfte waren immer noch nicht ganz wiederhergestellt und die momentane Anstrengung tat ein Übriges. Wenn er seine Levitationskräfte einsetzte, verausgabte er sich zu sehr ... und vielleicht hatte er die Macht später noch dringend nötig.
Der Dunkle Lord wandte sich der Leiter zu, als er plötzlich unsanft am Bein gepackt wurde. Er fuhr herum und schaute auf Kirran herunter, die das Bewusstsein wiedererlangt hatte. Sie hielt ihn krampfhaft fest, ihre grünen Reptilienaugen waren vom Schmerz verschleiert, hatten aber nichtsdestotrotz einen drängenden Ausdruck. Ihr Mund formte stumme Worte und Vader spürte, dass die Kräfte sie schnell verließen. Kirran stand an der Schwelle des Todes.
Vader nickte ihr beruhigend zu, raffte sein Gewand wie zufällig am Kragen mit der Hand zusammen und kniete sich neben die sterbende Jedi. Er musste sich weit vorbeugen, um Kirrans geflüsterte Worte in der Gemeinsamen Sprache verstehen zu können.
"Der Macht sei Dank, dass Du mich gefunden hast, Bruder. Nun hat ... die Qual ein Ende. Ich ... kann gehen. Der Feind ...?"
" ... ist unschädlich", beruhigte Vader sie.
"Gut. Du musst ... den Schatz holen ... und bewahren. Hüte ihn besser ... als ich, die ich ... zu redselig war und den Feind ... aufmerksam machte."
"Ich verspreche es", sagte Vader sanft.
Er erforschte seine Gefühle. Kam er sich schuldig vor? Nein. Lächelnden Gesichts betrog und belog er die sterbende Jedi und empfand nichts als Genugtuung dabei. Er löste sich immer weiter und endgültiger von seiner Vergangenheit, von dem Mann mit den Idealen, dem seltsamen Ehrgefühl, dem Mitleid ...
Kirran riss Vader aus seinen Gedanken, da sie ihn am Arm packte und zu sich herunterzog. Er konnte ihre abgehackten Worte kaum noch verstehen.
"Das Lavafeld ... am Ende dieses Raumhafens ...!" keuchte sie. "Du wirst es spüren ..."
Spüren? Vader war verwirrt. Wieso sollte ausgerechnet er den "Schatz" spüren können, wenn Dimior und Khetal es nicht gekonnt hatten?
"Kirran, wie ...?" begann er, verstummte jedoch sofort wieder.
Die Jedi war tot. Ihre grünen Augen starrten blicklos in die Unendlichkeit, während ihre Hand sich noch immer in Vaders Ärmel krallte. Er wollte Kirrans Finger gerade mit Gewalt lösen, als ihr Körper zu flackern begann. Er wurde immer diffuser und löste sich schließlich ganz auf. Vader blickte versonnen auf die Stelle, an der Kirran vor Sekunden noch gelegen hatte und an der sich jetzt nur noch sein Umhang befand.
Darth Vader sah sich am Rande des Lavafelds um. Ein uralter Vulkan hatte vor langer Zeit eine gewaltige Menge Lava ausgestoßen und Hunderte von Kilometern verteilt. Eine dieser Glutzungen hatte sich ihren Weg in einer breiten Schneise gesucht und war beim Erkalten zu bizarren Formen erstarrt, auf denen sich das grelle Sonnenlicht nur dumpf spiegelte. Die dunkle Gesteinsfläche war riesig, schroff und tot.
Vader seufzte resigniert. Wie sollte er hier etwas finden, von dem er noch nicht einmal wusste wie es aussah? Er sandte seine Sinne aus. Nichts! Die Macht floss ruhig und stetig, dunkel und kalt.
Also ging Vader einfach ziellos geradeaus. Er kam nur langsam voran, weil er auf dem schroffen Boden sehr vorsichtig sein musste und zu allem Überfluss mit dem Gewand immer wieder an unebenen Lavakanten hängen blieb. Wenn das so weiterging, würde er ohne Kleidung nach Coruscant zurückkehren, sagte Vader sich in einem Anflug von Ironie.
Er hatte zum wiederholten Male sein Gewand von einer scharfen Kante befreit, als er plötzlich etwas spürte. Tatsächlich! Der dunkle Fluss der Macht war in Bewegung geraten. Aus welcher Richtung kam die Regung? Da! Rechts von ihm, nicht allzu weit entfernt.
Der Dunkle Lord setzte sich mit neuem Elan in Bewegung und fand kurze Zeit später den ... "Schatz". Kirran hatte sich kein besseres Versteck aussuchen können, denn der Gegenstand, den Vader jetzt eingehend betrachtete, passte sich seiner Umgebung in Form und Farbe perfekt an; so wie er auf dem Boden inmitten des Lavagesteins lag.
Vader ging in die Hocke und ergriff den Gegenstand, der etwas kleiner als seine Handfläche und quadratisch war.
DAS war der Grund, für den Lebewesen gestorben waren und für den der Imperator ein so großes Interesse zeigte? Dieses ... Ding?!
Vader schüttelte ungläubig den Kopf. Was war daran so besonderes, abgesehen davon, dass es sich von sich aus in der Macht bemerkbar machte und warum hatten die beiden Dunklen Jedi es nicht gefunden? Darth Vader wurde zornig. Er hasste zu viele Fragen und zu wenig Antworten. Er hob den Würfel in Augenhöhe und drehte ihn, konnte auf der glatten Oberfläche aber nichts erkennen. Als Vader die Hand langsam wieder sinken ließ, ertönte plötzlich eine seltsame Stimme - hohl und fremdartig - direkt aus dem Würfel.
"Ein Jedi sollte sich nicht von negativen Gefühlen leiten lassen", sagte sie und Sekunden später schwebte über dem Würfel die holographische Gestalt eines nichtmenschlichen Wesens. Vader starrte diese Gestalt verwundert an. "Was bei allen Sith ...!" entfuhr es ihm. Die kleine Gestalt schien ihn daraufhin tadelnd und ein wenig mitleidig anzusehen.
"Ich war einst ein Jedi-Meister und was Du in der Hand hältst, sind die gesammelten Erinnerungen und das Wissen der Jedi vergangener Generationen; der Zeit unserer Größe, unserer Taten und unserer Kämpfe mit der Dunkelheit. Ja, Jedi. Du bist einer von uns, nur vom rechten Weg abgekommen. Aber Du kannst immer noch umkehren. Beschreite die Pfade, die Deine Ahnen beschritten haben und weiche nicht mehr von ihnen ab."
Vader schnaubte und starrte das Hologramm wütend an. "Was weißt Du von meinen Ahnen ... Und überhaupt, wie kannst Du etwas von mir wissen, wenn Du schon ewig Vergangenheit bist?" fauchte er.
Das holographische Wesen lächelte nachsichtig.
"Es wurde geweissagt von einem mächtigen Jedi, der unsere Tradition weiterführen und für die Schwachen und den Frieden in der Galaxis kämpfen würde. Verleugne Deine Bestimmung nicht!"
Darth Vader spürte Zorn in sich aufsteigen. Dieses "Ding" redete genauso wie sein alter Meister. Bestimmung, pah. Vader wollte sein Schicksal selbst bestimmen, er wollte lernen und in der Macht wachsen, so wie es ihm richtig erschien. All das war ihm verwehrt worden. Bis Palpatine kam ...
Der Gedanke an den Imperator ließ Vaders Zorn schlagartig verrauchen. Ihm wurde die Absurdität der momentanen Situation bewusst. Er stand auf einem Lavafeld in der glühend heißen Sonne, mit zerrissenen Gewändern wie ein Bettler, einem Würfel in der Hand und im Gespräch mit dem Hologramm eines toten Jedi-Meisters. Vader sah sich selbst aus der Sicht eines Beobachters und lachte. Ein unheilvolles Lachen, gänzlich humorlos, das abrupt endete.
"Verschwinde, wohin auch immer, und behellige mich nicht mehr. Ich bin ein Meister der Dunklen Seite", sagte Vader langsam und nachdrücklich zu dem Hologramm. "Endgültig und unwiderruflich!"
Das Wesen warf ihm einen langen und rätselhaften Blick zu und sagte, während es verblasste: "Wenn Du es meinst, Jedi."
Darth Vader starrte den Würfel wütend an. Was sollte dieser letzte Satz? War das Ding etwa überzeugt, dass er sich wieder der impotenten Hellen Seite zuwenden würde?
Natürlich, und das war auch der Grund dafür, dass er den Würfel fand, während Dimior und Khetal vergeblich danach gesucht hatten. Der Würfel hatte sich von Vader finden lassen wollen.
Das Wissen der Jedi ... Vader schnaubte verächtlich. Sollte der Imperator sich doch mit dem Ding herumärgern. Er selber hatte besseres zu tun.
Die Illusion befand sich im Hyperraum und auf direktem Weg nach Coruscant.
Vader hatte geduscht und gegessen. Jetzt betrachtete er sein zerschlissenes Gewand. Es war eigentlich unbrauchbar; mit Blut befleckt, zerrissen ... Aber er würde es wohl oder übel wieder anziehen müssen, denn er hatte keine andere Kleidung an Bord. Das nächste Mal würde er daran denken, machte er sich im Geiste eine Notiz, während er sich ankleidete.
Er wollte die Stunden im Hyperraum zum Ruhen benutzen. Der Auftrag hatte ihn mehr mitgenommen, als er ursprünglich erwartet hatte. Und er hatte Vader bei weitem nicht das Gefühl der Befriedigung eingebracht, das er sonst bei dem erfolgreichen Abschluss einer solchen Aktion verspürte.
Vader fühlte sich unruhig und unzufrieden. Ob er es zugeben wollte oder nicht, aber der vermaledeite Würfel - der jetzt so harmlos und unscheinbar auf dem Tisch lag - war daran Schuld. Er hatte Vader zum Grübeln gebracht, alte Wunden wieder aufgerissen und seinen Geist in Unruhe versetzt.
Darth Vader seufzte. Vielleicht war er auf seinem Weg doch noch nicht so weit fortgeschritten, wie er geglaubt hatte. Er war noch immer unvollkommen! Aber das würde er ändern. Die Dunkle Seite gab, was man forderte ...
Vader warf noch einen bitteren Blick auf den Würfel und legte sich schlafen. Er würde rechtzeitig aufwachen.
Der Dunkle Lord wachte in der Tat rechtzeitig auf; allerdings nicht aus eigenem Willen. Er schrak aus dem Schlaf hoch, weil die Stimme seines Gebieters sich in seinem Geist bildete.
Sobald Ihr auf Coruscant gelandet seid, begebt Ihr euch zu mir! Sofort!
Ja, mein Gebieter, dachte Vader zurück und ehe er noch etwas hinzufügen konnte, hatte Palpatine die Verbindung gelöst. Vader würde dem Befehl unverzüglich Folge leisten.
Darth Vader war froh, dass der Thronsaal des Imperators über einen geheimen Turbolift verfügte, der sich unbemerkt erreichen ließ, denn sein Erscheinungsbild war alles andere als vorteilhaft; es war - gelinde gesagt - beschämend. In solchen Augenblicken wie diesen fragte Vader sich, ob der Imperator nicht genau gewusst hatte, wie Vader auf Coruscant ankommen würde und irgendeinen subtilen Spaß dabei empfand, ihn in Verlegenheit zu sehen.
Jedenfalls kniete Vader jetzt vor Palpatines Thron und wartete auf eine Regung der verhüllten Gestalt auf dem schmucklosen Thronsessel, der dieselbe Farbe wie Palpatines Zeydtuch-Robe hatte und den Imperator bei dunklen Lichtverhältnissen fast unsichtbar - aber nicht weniger erschreckend - machte.
Palpatine betrachtete Vader eingehend. Um seine Lippen spielte ein kaum merkliches Lächeln. Wieder war ein Schritt getan auf dem Weg, der der Dunkelheit zum Sieg verhelfen und die Jedi weiter dezimieren würde, bis sie schließlich vernichtet waren. Sein gelehriger und begabter Schüler hatte ein weiteres Puzzleteil für den grandiosen Plan seines Gebieters gefunden und sich gleichzeitig der absoluten Dunkelheit weiter genähert. Oh, ja ... Vader konnte vor ihm nichts verbergen - jedenfalls noch nicht. Es würde nicht mehr lange dauern und das offene Buch, das Vader für Palpatine darstellte würde verschlossen werden. Ein Grund mehr sich der absoluten Loyalität des Dunklen Lords zu versichern. Palpatine war immer wieder erstaunt darüber, wie stark die Macht in Vader war. Schon bei ihrer ersten Begegnung hatte er gespürt, dass der junge Jedi etwas ganz besonderes war. Der Imperator lachte leise. Und nun besaß die Dunkle Seite dieses Besondere. Ein wichtiger Sieg im äonenalten Kampf der Dunkelheit und des Lichts. Nein, verbesserte sich Palpatine, das entscheidende Ereignis, welches die Waagschale der Macht endgültig zugunsten der Dunklen Seite ausrichten würde. Es war nur noch eine Frage der Zeit; kurzer Zeit ... Vader hatte auf seiner Reise Erfahrungen gesammelt, die ihn in der Macht weiter wachsen ließen und zugleich seinen Entschluss bestärkten, den Dunklen Pfad kompromisslos zu beschreiten. Palpatine war hochzufrieden.
Er erhob sich von seinem Thron und schritt die Stufen soweit hinunter, dass er auf Augenhöhe mit Vader sein würde.
"Steht auf, mein Freund", sagte er lächelnd.
Vader erhob sich, hielt aber weiter den Kopf gesenkt.
"Wie ich sehe, habt Ihr meinen Auftrag zu meiner vollsten Zufriedenheit ausgeführt, Lord Vader. Allerdings werdet Ihr Euch wohl endgültig von Eurer Jedi-Robe trennen müssen."
Vader nickte, sagte aber nichts. Er brauchte die Ironie des Imperators nicht auch noch zu bestätigen. Statt dessen griff er in die Falten seines Gewands und holte den Würfel hervor. Er reichte ihn dem Imperator und schaute jetzt doch auf. Aber trotzdem Palpatine so nah vor ihm stand, konnte er sein Gesicht nicht erkennen. Die Gefühle des Imperators blieben verborgen. Er zeigte auch keine Hast oder Erregung, als er den Würfel aus Vaders Hand nahm; die dünnen Finger mit den langen Fingernägeln vorsichtig um den dargebotenen Gegenstand legend.
Vader erwartete halb, dass sich der Jedi-Meister zeigen würde, gerade weil der Würfel von dem Wesen ergriffen wurde, das für die Hellen Jedi der Inbegriff des Bösen war.
Aber es geschah nichts und Palpatine verbarg den Würfel im weiten Ärmel seines Gewandes.
"Sehr gut, Lord Vader", sagte er. "Dieses Holocron wird uns bei der Vernichtung der Jedi gute Dienste leisten.
Hattet Ihr Schwierigkeiten damit?" fragte er beiläufig.
Vader zögerte eine Sekunde und antwortete dann: "Nein, mein Gebieter."
Palpatine lächelte.
"Ich habe auch nichts anderes erwartet!"
Der Imperator wandte sich wieder seinem Thron zu und entließ Vader mit einer Handbewegung. Der Dunkle Lord hatte schon fast den geheimen Turbolift erreicht als Palpatine plötzlich sagte: "Ach, Lord Vader. Mir ist zu Ohren gekommen, dass Obi-Wan Kenobi auf dem Weg nach Coruscant ist ..."
Vaders Schritte verharrten kaum merklich einige Sekunden, die einzige sichtbare Regung, die er zeigte, aber sein Gehirn arbeitete fieberhaft ...
Dairyû 7/99