Diese Geschichte entstand in den Wirren meines Geistes und ich bin für nichts verantwortlich zu machen (glaub ich wenigstens) :).

Die "netten" Charaktere aus Highlander und Mission Erde gehören leider nicht mir und ich verwende sie nur zum Vergnügen und nicht zu kommerziellen (was ist das eigentlich?) Zwecken und so weiter und so fort. Was Jara, Shelley, Trester und M'Bet'Sharan's betrifft, so sind das meine Croutons ... äh ... Kreationen.

Nachdem das hier Teil 2 meines Erstlingswerks ist, bin ich auf Feedback (positiv oder negativ) ganz heiß - verständlicherweise ist mir zwar Ersteres lieber, aber selbst Nicht-Menschen, Unsterbliche und vor allem Sterbliche lernen ja nie (aus).

Viel Spaß beim Lesen!


M'Bet'Sharan (Teil 2)
von Minno


Das kalte Büfett verbreiteten einen verlockenden Duft. Kincaids Magen krampfte sich beim bloßen Gedanken an eines der dick belegten Brötchen schmerzhaft zusammen, schließlich war er seit einem eher spartanischen Frühstück noch zu nichts Eßbarem gekommen und jetzt war es bereits nach acht am Abend. Die Reden zur Eröffnung der ‚Ausstellung über historische Artefakte' zogen sich endlos dahin und so tröstete er sich mit einem Seitenblick auf Captain Marquette, die sich genauso zu langweilen schien wie er. Heißhungrig versuchte Kincaid keine halbe Stunde später sich endlich ein paar Häppchen auf seinen Teller zu laden.
"Oh, tut mir leid." brachte eine junge Frau entschuldigend zum Ausdruck, als sie ihn wie unabsichtlich anstieß und seine Jacke fast Bekanntschaft mit dem Senf auf seinem Brötchen schloß.
"Nichts passiert." Langes, rotes, lockiges Haar floß wallend über die schwarze Seide eines hochgeschlossenen Abendkleides, das den Körper darin ansprechend betonte. Anfang bis Mitte Zwanzig war seine erste Einschätzung nach einem flüchtigen Blick in ihr Gesicht. Doch dann wurden seine Augen etwas größer. Nur noch schemenhaft erkannte man unter einem dezenten Make-Up die Linien zweier Narben, die ihre Lippen zu einem leicht spöttischen Lächeln verzerrten.
"Erfreut sie wiederzusehen, Major Kincaid.", begrüßte sie ihn eher formell.
"Was machst du hier?", fragte er etwas aus der Fassung. Hastig sah er sich nach Da'an um. Dieser stand in eine Unterhaltung vertieft, am anderen Ende des Raumes auf der Tribüne. Sie folgte seinem Blick.
"Tz, was denkst du nur von mir?!" versuchte sie seine Nerven zu beruhigen. "Komm, laß uns etwas aus dem Gedränge hier raus."
"Bist du verrückt, dich hier blicken zu lassen?" fuhr er sie an. "Wenn Sandoval dich erkennt, bist du geliefert."
"Sandoval ... hm ... ist das der etwas angespannte Herr da hinten, der mir so freundlich weitergeholfen hat, dich zu finden?" Kincaid verdrehte die Augen, ob solchem Leichtsinn. Normalerweise war er ja für solche Eskapaden zuständig. Sie setzte sich an einen der Tische und begann die Häppchen auf ihrem Teller mit sichtbarem Appetit zu vertilgen. Liams Anspannung ließ im gleichen Maße nach, wie sich sein Magen füllte.
"Wie hast du Da'an nur dazu bekommen?" forschte sie nach.
"Diplomatisches Geschick und ein fusseliger Mund. Aber eigentlich wundert es mich selber noch. Diese besonderen Artefakte aus Ma'els Grab bedeuten ihm sehr viel. Es fiel ihm sichtlich schwer, sie öffentlich auszustellen. Schließlich hat er sich ja bei den bisherigen Ausstellungen strikt geweigert."
"Es wird sich auf alle Fälle lohnen ..." Kincaid entging nicht, wie sich ihr Körper unmerklich versteifte und ihr Blick aufmerksam über die Gäste wanderte. Das Objekt ihres Interesses war ein athletisch gebauter Mann um die dreißig, der ebenfalls die Gäste sondierte. Mit nach oben verdrehten Augen und einem genervten Schnauben wandte sie sich wieder Kincaid zu.
"Ich glaube wir sollten später weiterreden. Hast du irgendeinen Trick, mich hier und jetzt in Luft aufzulösen?"
"Nein, mein Zauberkurs beginnt erst nächste Woche. Warum?" konterte er trocken. Der Mann kam auf die beiden zu.
"Dann halt ihn irgendwie auf." Mit diesen Worten erhob sie sich und machte sich auf den Weg Richtung Ausgang. Kincaid verstand zwar nicht um was es ging, entschied sich aber, den Kerl genauer unter die Lupe zu nehmen, als dieser ihr schon fast im Laufschritt folgte.
"Einen Moment, bitte!" hielt ihn der Mann zurück, der sich gerade mit Jara unterhalten hatte.
"Was ist?" Mr. Pferdeschwänzchen hat es wohl eilig, dachte Kincaid amüsiert.
"Könnte ich bitte Ihre Einladung sehen?" fragte er statt dessen formell.
"Was soll das? Wer sind sie überhaupt?" Kincaid zückte seinen Ausweis. Resigniert brachte der Mann seine Einladung zum Vorschein. Kincaid prägte sich den Namen zur späteren Überprüfung gut ein.
"Danke Mr. MacLeod. Noch einen schönen Abend." Ohne ein weiteres Wort hastete MacLeod zur Tür, doch Jara war verschwunden.


***

"Mir fällt es immer noch schwer, zu glauben, daß Shelley bereits 3000 Jahre alt ist. Irgendwie denke ich immer noch an das Kind, wenn ich sie sehe."
"Tja, Joe, wie war das mit dem äußeren Schein?"
"Jaja, halte mir meine Blödheit nur immer wieder vor. Aber du kennst sie auch erst seit dem 15. Jahrhundert."
"Wenn ich alle Menschen von Geburt an kennen würde, wäre ich Gott. Da ich aber nicht Gott bin, muß ich mich damit begnügen, sie bereits lange genug zu kennen." erwiderte Methos mit verschmitzem Grinsen. Allerdings war ihm gar nicht so fröhlich zumute, wenn er an den Abend bei MacLeod zurück dachte. Ihm war der Bissen im Hals steckengeblieben, als Jara ihn vor den beiden mit Methos ansprach und dann auch noch mit einem kennen-uns-schon-seit fortfuhr. Ein ganzer Steinbruch polterte ihm vom Herzen, als ihm das Wörtchen Heidelberg die Erlösung brachte. Kurz und prägnant schilderte sie das angebliche erste Zusammentreffen der beiden in Heidelberg 1493. Sie brachte die Geschichte so gekonnt herüber, daß sogar Methos es ihr fast geglaubt hätte, doch die Wahrheit war weit davon entfernt. Sorge machte ihm nur, woher sie so viel über seine Zeit in Heidelberg wußte. Als er sie später darauf ansprach, tat sie dies mit einem ihrer obligatorischen Schulterzucken ab, auf das wie üblich keine Antwort folgte.
"Wo steckt sie eigentlich?" fragte Joe.
"Keine Ahnung. Schließlich bin ich nicht ihr Kindermädchen." maulte Methos.
"Vielleicht solltet ihr mal mehr an eurer ‚verbalen' Kommunikation arbeiten." erwiderte Joe bissig, doch Methos ignorierte den Seitenhieb.
"Na, das sagt genau der Richtige. Wenn du nicht gleich den Beleidigten gespielt hättest, wüßtest du jetzt, wo sie wäre. Aber nein, du Moralapostel mußtest sie ja gleich auf die Straße setzen." fuhr er Dawson ungehalten an.
"Hey, mach mir hier keine Vorwürfe. Sie ist die Unehrliche. Hätte sie mich nicht angelogen, dann ..."
"Was dann?" unterbrach in Methos "Hättest du ihr wirklich geholfen? Oder hättest du dich mal wieder auf deinen Beobachtereid berufen? Und sei ehrlich zu dir selbst!"
"Sie konnte die letzten 3000 Jahr auf sich aufpassen, da wird sie es auch in Zukunft schaffen." antwortete Joe ohne auf seine Frage einzugehen, da er die Antwort dazu nicht wissen wollte. Methos kannte ihn bald besser als er sich selbst.
"Netter Entschuldigungsversuch."
"Ich brauche mich nicht zu entschuldigen." verteidigte sich Joe halbherzig, denn eigentlich war Methos im Recht. Er wußte, daß er in seinem ersten Zorn einfach etwas überreagiert hatte und nun bedauerte er das. Doch sein Stolz versperrte ihm nun den Weg zurück. "Bei dir hat sie doch schnell ein warmes Bett gefunden." setzte er spitz hinzu.
"Ich glaube nicht, daß dich das was angeht!" Methos versteifte sich plötzlich und sah aufmerksam zur Tür, die kurze Zeit später unter einem heftigen Klopfen zu zerspringen drohte. Methos öffnete die Tür nicht, ohne vorher durch den Spion zu sehen.
"Ich muß mit dir über Jara reden!" begrüßte ihn MacLeod aufgebracht und stürmte ungefragt Richtung Wohnzimmer.
"Hallo, auch dir einen schönen Abend? Wie geht's?" sprach Methos ins Leere, bevor er ihm seufzend folgte.


***

Kincaid war nicht ganz bei der Sache, als er mit Da'an die Planung für die nächsten Wochen durchging. Immer wieder durchzuckten bruchstückhafte Erinnerungen seines Vaters sein Denken. Doch es war wie ein Puzzle, das er zusammenfügen mußte und bei dem ihm die meisten Teile noch fehlten. Jara ging ihm nicht aus dem Kopf. Mit seinem Zusammentreffen in der Halle hatte alles begonnen. Er fürchtete sich davor, weil er nicht absehen konnte, was ihm diese Erinnerungen bringen würden. Warum war sie gestern dort gewesen? Nur um mit ihm zu plaudern? Das konnte er nicht glauben. Sie wollte etwas von ihm, wurde aber von diesem MacLeod unterbrochen. Wie gehörte eigentlich dieser MacLeod in die ganze Geschichte? Augur wußte nicht sehr viel Interessantes über ihn zu berichten, hatte sich aber bereit erklärt, ihm auf den Versen zu bleiben.
Da'an entging nicht, daß Kincaid mit sehr vielem beschäftigt war, nur nicht mit der Terminplanung.
"Sollen wir eine Pause machen?" schlug er vor.
"Was?" fragte Kincaid völlig perplex aus seiner Gedankenwelt gerissen.
"Sie wirken heute etwas abwesend."
"Nein, nein. Es ist nichts, ich bin nur ..."
"... etwas in Gedanken versunken." beendete Da'an den Satz für ihn. "Das habe ich bereits bemerkt. Kann ich Ihnen vielleicht irgendwie helfen?"
"Hm...eigentlich nicht ... oder ..." druckste Kincaid herum. Dann nahm er sich ein Herz, atmete noch einmal tief durch und entschloß sich, Da'an nun endlich zu fragen. "... vielleicht doch."
"Um was geht es?"
"Um die Flüchtige."
"Ich wüßte nicht, was es da zu bereden gäbe ..."
"Seit ich dieser Frau im Shuttle begegnet bin," log Liam frech "erinnere ich mich plötzlich an alte Zeiten. Recht bruchstückhaft zwar, aber es wird immer stärker. Es ist wie ein Stein, den sie lose trat und dem sich mittlerweile einige Steine angeschlossen haben."
"Was ist an diesen Erinnerungen so besonders?" traute sich Da'an durch eine leise Vorahnung kaum zu fragen.
"Es sind nicht meine Erinnerungen, sondern die meines Vaters." Er erwähnte nicht, daß nur dieser unglückliche MacLeod ihn davon abgehalten hatte, Jara danach zu fragen.
"Und?" Da'an mußte sich anstrengen um weiterhin seinen neutralen Tonfall wahren.
"Es sind zwar nur Fragmente, aber sie kommt definitiv darin vor."
"Ha'gel kannte sie????" stieß Da'an entsetzt aus. Wäre er ein Mensch gewesen, wäre er wahrscheinlich vor Schreck kalkweiß geworden. Doch da er ein Taelon war, durchzogen ihn die blauen Energiespuren etwas länger als gewöhnlich.
"Das ist unmöglich!"
"Nein, offensichtlich ist das nicht unmöglich." widersprach Kincaid.
"Sie wissen, wer oder besser gesagt was diese ‚Frau' ist?"
"Ich denke, ich habe eine Vorstellung davon, was die M'Bet'Sharans waren ... äh ... sind ... Wie auch immer, sie war mit ihm sehr vertraut."
"Vertraut????" Da'an wurde von einem hysterischen Lachkrampf geschüttelt, der nicht mehr enden wollte. Kincaid war so eine Reaktion von Da'an völlig fremd, vor allem weil ihm anscheinend der Witz an der Sache entgangen war. Nur langsam beruhigte sich Da'an wieder und wischte sich verwundert eine imaginäre Träne aus den Augen. "Ja, so kann man wohl auch ausdrücken", setzte er mit plötzlich zurückgekehrtem Ernst hinzu. "Aber das werden sie wohl jetzt am besten wissen." Da'an hatte recht, er wußte es. Es war auch der Grund, warum er sie nicht nach der Leiche gefragt hatte.
"Was meinte sie eigentlich, was Ihnen nicht leid tun würde?" traute sich Kincaid nun auch zu fragen.
"Ich verstehe nicht."
"Na, im Shuttle, sagte sie etwas davon, daß Ihnen das nicht ..." Da'an unterbrach ihn mit einer Handbewegung.
"Das geht Sie nichts an, Major!"
"Und ob es das tut!" fauchte er Da'an erbost an. Diese Geheimniskrämerei ging ihm allmählich auf die Nerven. "Hören Sie endlich auf, mich hinzuhalten und erzählen Sie mir nur einmal die ganze Wahrheit." Da'an zuckte zurück. Kincaids kleine Überreaktion ließ ihn hinter der Sache mehr vermuten. Hm, was konnte es schon schaden, wenn er etwas mehr wußte? Solange es nicht die ganze Wahrheit war ...
"Wir wußten nicht, daß sie hier ist, bis wir Ma'els Grab fanden. Es gab in seinen Aufzeichnungen eindeutige Hinweise für ihre Existenz. Nun wußten wir, was Ma'el getötet hatte und nach was wir suchen mußten. Es war mehr oder minder Zufall, als uns ein Freiwilliger über eine Frau berichtete, die einen jener seltsamen Armreife trug. Ausgewählte Freiwilligen haben sich dann ...", Da'an zögerte, als ob er nicht wußte, wie er weitererzählen sollte "... in einer Nacht- und Nebelaktion darum gekümmert ... einige von ihnen haben diese Nacht nicht überlebt. Doch sie waren in der Übermacht und so konnten wir sie verwahren."
"Sie haben sie in eine Falle gelockt, oder?" Da'ans Nicken bestätigte seine Frage.
"Was meinen Sie mit Verwahrung?" Kincaid wußte zwar einiges über die M'Bet'Sharan, doch die Erinnerungen Ha'gels waren schlichtweg zu bruchstückhaft um alles zu verstehen.
"Sie wissen es nicht?" Da'an war erstaunt über Kincaids Unwissenheit "Ich habe viele Rassen im Universum kennengelernt, Major. Doch die M'Bet'Sharan sind in einem Punkt wirklich einzigartig - man kann sie nicht töten." Da'an ließ das Gesagte kurz wirken. "Es wurde auf unzählige Weisen probiert, doch noch niemand hat es je geschafft und da dem so ist und wir auch nicht gerade aufs Töten aus sind, mußten wir es verwahren - schließlich kann man so etwas nicht auf die Öffentlichkeit loslassen. Leider ist sie uns entkommen."
"Auf die Menschheit oder die Taelons?" Kincaids Stimme triefte vor Sarkasmus.
Durch seinen anklagenden Blick fühlte sich Da'an gezwungen, sich weiter zu verteidigen.
"Sie wissen doch, was diese M'Bet'Sharan sind. Ich mußte hilflos mit ansehen, wie diese Wesen ganze Planeten vernichteten, Völker auslöschten und nicht mehr als Staub übrig ließen. Es sind eiskalte Killer, die weder Mitgefühl, noch Gnade oder Reue kennen."
"Machen die Taelons auf ihre Art nicht das Gleiche?" fragte Kincaid spitz.


***

Auf den ersten Blick machte MacLeod den Eindruck eines langweiligen stinkreichen Antiquitätenhändlers, der es sich leisten konnte, mehrere Wohnung über die Welt verstreut zu besitzen. Sogar ein Hausboot auf der Seine gehörte dazu. Liam beneidete ihn deswegen etwas. Von seinem Beschützergehalt würde er sich soetwas nie leisten können. Ein zweiter Blick warf allerdings sehr interessante Fragen auf. Augur war anfangs sehr lustlos an die Sache herangegangen, doch je tiefer er bohrte und je mehr er fand, um so interessanter wurde es.
"Dieser Kerl ist wirklich eine Herausforderung.", erkannte Augur neidlos an. "Hat mich wirklich viel Mühe und einiges an Gefallen gekostet."
"Nun sag schon!", bettelte Kincaid ungeduldig.
"Tja, wenn ich den ganzen Daten glauben soll, dann ist der Kerl älter als du und ich zusammen."
"Was nicht schwer ist! Ich schätze ihn auf so Mitte Dreißig.", erwiderte er trocken.
"Oh Mann Liam, das war bildlich gesprochen. Vielleicht steht ja das auch in seinem Paß, aber ich schwör dir, der Kerl muß mindestens schon über Hundert sein."
"Verarschen kann ich mich selber."
"Ich habe die Daten gecheckt, nochmal gecheckt und wieder gegengecheckt. Jedesmal bin ich auf das gleiche Ergebnis gekommen. Kann es ja selbst nicht glauben."
"Mal abgesehen von seinem Alter, was hast du sonst noch über ihn rausgekriegt?" Liam glaubte ihm hier nicht so ganz und wollte diese Diskussion lieber auf später vertagen.
"Eine ganze Menge, was uns aber leider nicht weiter bringt. Aber nachdem ich ihn ja - auf deinen Wunsch hin - beschattet habe, konnte ich es nicht lassen, die Leute mit denen er sich getroffen hat zu überprüfen." Das Bild eines älteren Herrn erschien am Bildschirm. "Joe Dawson. Scheint ein guter Freund von ihm zu sein, dem gehört auch eine kleine Blues Bar. Ich bin da auf ein paar Ungereimtheiten gestoßen, die ich noch überprüfe. Genauso steht's mit diesem Kerl hier." Ein anderes Bild erschien. "Adam Pierson. Der Kerl ist undurchsichtiger als eine schwarze Wand. Man muß schon sehr sehr sehr sehr tief wühlen um zu bemerken, daß da etwas in seinem Lebenslauf nicht ganz stimmt. Meine Rechner laufen auf Hochtouren und trotzdem ist nichts Vernünftiges über ihn rauszukriegen - noch nicht mal eine Adresse unter der man ihn wirklich vorfinden würde." Augur zeige ihm noch mehrere Photos, doch bei keinem der anderen hatte sich irgendetwas Interessantes ergeben.
"Na toll. Wo kann ich diesen MacLeod finden? Ich glaube, ich hätte da einige Fragen zu stellen."
"Hier hast du seine Adresse."
"Nein, was Öffentliches wäre mir lieber."
"Versuchs am besten Mal in der Bar von diesem Dawson.", schlug Augur vor. "Wenn du Glück hast, erwischt du gleich alle drei zusammen."


***


Zo'or zog sich müde in seine Räume zurück. Der Tag war recht anstrengend gewesen. Entspannt lehnte er sich in seinem Sessel zurück und begrüßte die erfrischenden Energieströme. Er wurde jäh aus seiner Ruhe gerissen, als sich ein Übertragungsfenster öffnete.
"Was ist der Grund für diese späte und unerwartete Störung?" fragte er verärgert.
"Ich dachte, sie könnten an diesen Informationen interessiert sein.", antwortete ihm eine vertraute Stimme. "Ich habe mir erlaubt, Sie in Ihre privaten Datenbanken herunterzuladen." Damit war die Verbindung auch schon wieder beendet. Sie hatte Zugriff zu seinen Datenbanken? Der Schock traf ihn tief. Er mußte unbedingt seine Verschlüsselung verbessern. Doch er wußte um ihre Fähigkeiten, sonst würde er sie nicht so oft in Anspruch nehmen. Sie war sein Werkzeug für Vorkommnisse, mit denen er selbst Sandoval nicht belästigen konnte oder wollte. Ihre Dienste waren nicht billig, doch noch nie war er von ihr enttäuscht worden. Manchmal, so wie jetzt, kam es vor, daß sie von sich aus Informationen, die sie für relevant hielt, an ihn weiterleitete. Keiner wußte von seiner Verbindung zu Trester und so sollte es auch bleiben. Eilig öffnete er die Dateien und was er da sah und hörte, trieb ihn den sprichwörtlichen Schaum vor den Mund. So war er noch nie hintergangen worden! Tief enttäuscht und verärgert über seine eigene Unvorsichtigkeit, begannen in seinem Taelonhirn die Rädchen loszurattern. Er würde sich um dieses Problem kümmern - auf die eine oder andere Weise.


***

Er hatte seinen Geschmack am Blues gefunden. Wenigstens in soweit war bisher ein Erfolg zu verbuchen. Es war der dritte Abend, den er in der Bar dieses Dawson verbrachte, doch MacLeod war bisher nicht aufgetaucht. Gelangweilt schlürfte er an seinem bereits lauwarmen Bier und lauschte der Musik. Seine Aufmerksamkeit wurde auf den Tresen gelenkt, als Dawson einen neuen Kunden gerade ein frisches Bier zapfte. Nein, das war nicht MacLeod - aber dafür war es Adam Pierson. Juchu, jubelte er innerlich auf, der erste ist eingetroffen. Keine viertel Stunde später traf auch MacLeod ein. Die drei Männer setzen sich, jeder mit einem Bier bewaffnet, an einen der Tische. Der Mann blieb ruhig auf seinem Stuhl sitzen und harrte der Dinge die da kommen.
"Also entweder sind wir so ein interessantes Gespann oder der Kerl dort hinten in der Ecke beobachtet uns", merkte Methos später wie nebenbei an. "und stellt sich dabei etwas blöd an."
"Wen meinst du?", fragte Joe interessiert.
"Den langen Lulatsch da hinten, mit der etwas zerstörten Frisur." Auch Duncan drehte sich nun herum. Shit, er war entdeckt. Dieser Pierson war ein scharfer Beobachter, dessen Augen überall zu sein schienen. Kincaid zwang sich zu einem Lächeln, griff nach seinem Bier und machte sich auf den Weg zu den dreien.
"Guten Abend, Mr. MacLeod."
"Kincaid, wenn ich mich richtig entsinne.", begrüßte dieser ihn schroff. "Was machen Sie denn hier?" Methos Augen weiteten sich etwas bei der Erwähnung dieses Namens.
"Eigentlich könnte ich jetzt sagen: um mir den Blues anzuhören. Doch wenn ich ehrlich bin, habe ich auf Sie gewartet."
"Warum?" Kincaid griff sich einen Stuhl und setzte sich ungefragt.
"Weil ich gerne wissen möchte, in welcher Beziehung Sie zu Jara stehen." MacLeod lachte laut auf.
"Das selbe wollte ich Sie fragen!" Kincaids fragendes Gesicht, veranlaßte ihn, fortzufahren. "Sie sind Companion-Beschützer und trotzdem unterhalten sie sich mit einer Flüchtigen, anstatt sie zu verhaften. Noch besser, Sie lassen sie sogar entkommen. Was soll ich da über Sie denken?" Gerade als Kincaid zu einer Erklärung ansetzen wollte, unterbrach ihn Methos.
"Nicht sehr viel würde ich sagen. Schließlich ist dein neugewonnener Freund hier beim Widerstand." Kincaid klappte das Kinn herunter. Woher wußte Pierson das?
"Was macht sie da so sicher Mr. ..."
"Pierson" half ihm Methos mit einem zuckersüßen Lächeln aus. "Unsere gemeinsame Bekannte."
"Sie kennen sie auch?" fragte Kincaid verblüfft nach. "Wissen Sie, wo ich sie finden kann?"
"Leider nicht. Aber es war noch nie Jaras Art sich finden zu lassen. Sie wird schon wieder auftauchen."
"Es ist aber wirklich dringend!" Methos zuckte nur mit den Schultern.
"Stimmt es, daß Sie wegen Diebstahls gesucht wird?" mischte sich nun Dawson ein, der eine Bestätigung für Jaras Geschichte suchte.
"Unter anderem." war Kincaids ausweichende Antwort. Er fühlte sich etwas unwohl in seine Haut, schließlich hatte er sich den Verlauf des Gespräches etwas anders vorgestellt.
"Ja?" bohrte Dawson weiter.
"Sie war eine Gefangene der Taelons. Mehr kann und will ich dazu nicht sagen."
"Was wollen Sie eigentlich von ihr?" schnitt Methos Dawson das Wort ab.
"Antworten." antwortete Kincaid. Auf Methos Gesicht machte sich ein amüsiertes Grinsen breit.
"Dann stellen Sie sich mal hinten an."


***

"Ich bin Major Kincaid gefolgt, Da'an.", erklärte ihm die Stimme kühl, "So, wie Sie es wollten. Hier sind die Aufzeichnungen. Soll ich weiter an ihm dranbleiben?"
"Nein. Ich werde mich bei Ihnen melden, falls ich Sie noch benötige." Damit unterbrach er die Verbindung. Er mochte Trester nicht, doch manchmal war es einfach unumgänglich, sie zu beanspruchen. Er fand Menschen, die für Geld ihre eigene Rasse verrieten, einfach widerwärtig, obwohl es für seine eigenen Pläne nicht immer schlecht war, auf diese zurückzugreifen. Doch er wollte wissen, was Kincaid vor ihm verbarg. Vielleicht konnte er über ihn an Jara herankommen. Interessiert studierte er die Daten. Ein Bild erregte seine besondere Aufmerksamkeit. Es zeigte drei Männer, die mit Kincaid in einer Bar saßen. Sein Blick blieb auf einem der Männer haften. Irgendwo hatte er ihn schon einmal gesehen. Aber wo? Diese Frage beschäftige ihn bis weit in die Nacht hinein.


***

Sie konnte die beiden Augen fast spüren, die sie beobachteten. Bisher hatte sie in der Menschenmenge ihren Verfolger zwar noch nicht entdeckt, doch sie wußte, daß er da war, so wie er schon die letzten paar Tage da war. Ihr siebter Sinn in solchen Dingen ließ sie nie im Stich. Das ganze kam ihr recht ungelegen, da sie eigentlich noch eine geschäftliche Verabredung hatte. Schon seit geraumer Zeit lief sie kreuz und quer durch die Stadt und versuchte ihren Schatten mit altbewährten Tricks abzuschütteln. Bislang jedoch ohne Erfolg. Also wechselte sie zu einem etwas aggressiveren Vorgehen.
Der Mann, der sie im Auge behielt, sah gerade noch, wie sie im verwinkelten Gewirr schmutziger Hinterhofgassen verschwand. Es hatte ihn schon genug Mühe gekostet, an ihr dranzubleiben ohne das sie es bemerkte und des Öfteren dachte er schon, sie verloren zu haben. Doch irgendwie hatte er es immer wieder geschafft sie aufzuspüren. Vorsichtig folgte er ihr in die Gasse. Wieder sah er sie abbiegen. Hier bot ihm die Menschenmenge keinen Schutz vor Entdeckung, simpel aus dem Grund, da keine da war. Das mulmige Gefühl in ihm wuchs und das leise Scharren seiner Schuhsohlen schien von den hohen kargen Hauswänden tausendfach verstärkt zu werden. Er bog ebenfalls in die Gasse ein, nur um einige Meter weiter erschreckt festzustellen, daß es sich hierbei um eine Sackgasse handelte. Von der Frau fehlte weit und breit jede Spur. Verflucht, wo war sie hingekommen. Wußte sie, daß sie verfolgt wurde? Hastig drehte er sich Kreis. Panik stieg in ihm auf und er schluckte hart. Nichts. Ungläubig starrte er auf die Mauer vor sich. Sie kann sich doch nicht in Luft aufgelöst haben. Ein Kribbeln ließ ihn herumfahren. Sein Blick fiel auf die Gestalt, die ihm in angemessenen Abstand den Weg versperrte. Zu spät erkannte er die schallgedämpfte Pistole in ihrer Hand. Er spürte noch einen stechenden Schmerz in der Brust, bevor er hart auf den Boden stürzte. Mit schreckensgeweiteten Augen mußte er hilflos mit ansehen, wie sich die Gestalt näherte, die schallgedämpfte Pistole weiterhin auf ihn gerichtet. Sein Körper gehorchte ihm bereits nicht mehr und er wußte, daß er bald sterben würde. Kalt sah sie auf den Mann hinunter, nicht der Hauch eines Gefühls regte sich in ihren unnahbaren, dunklen Augen.
"Ich habe dich gewarnt, MacLeod!" Ihre leise Stimme hätte die Hölle zum einfrieren gebracht. Während sie mit der rechten die Waffe wegsteckte, fuhr in ihrer linken Hand die Klinge ihres Keramikschwertes aus dem Griff. Sein panisches Nein, blieb ungehört im Blut, daß seine Lungen füllte, stecken, nur vereinzelte Blasen zerplatzen auf seinen Lippen und gaben ihnen eine ungewöhnlich rote Färbung. Die Welt um ihn verwandelte sich in ein undurchdringliches Dunkel.


***

Erschöpft betrachtete er die Zimmerdecke über seinem Bett. Sie konnte wirklich anstrengend sein - angenehm anstrengend. Anfangs verwunderte es ihn etwas, daß sie seine Wünsche so widerstandslos erfüllte - früher wäre das undenkbar gewesen. Schnell verscheuchte er diesen Gedanken. Früher war vorbei, schon lange vorbei. Wenn ihre geschickte Zunge sich seiner annahm, ihre gewandten Hände kleine Wunder vollbrachten oder ihr Körper sich mit dem seinen verband, war alles rationelle Denken völlig ausgeschaltet. Es war als würden seine Nerven offen liegen, schreiend nach Erlösung. Doch so wie er von ihr forderte, forderte sie von ihm und er war bereit ihr alles zu geben.
"Man könnte fast meinen, du bist für das Kamasutra verantwortlich?", neckte er sie zärtlich.
"Hm ...", sie schnurrte dabei fast wie eine Katze. "... sagen wir mal, ich war nicht unbeteiligt daran." Ihre rechte Hand glitt sanft über seine Bartstoppeln, während ihre linke auf dem Weg zu ganz anderen Orten war. Sein Blick fiel auf die eingebrannten Zeichen an ihrem rechten Unterarm und brachten die Vergangenheit zurück.

BRONZEZEIT

Der Alltag im Lager brachte viel harte Arbeit mit sich, doch das machte ihr nichts aus, denn so lange sie arbeitete, mußte sie wenigstens nicht die anderen Verlange ihrer neuen Herren stillen. Sie hatte der rohen Gewalt, durch die man ihr im nächtlichen Zelt Unterwürfigkeit lehrte, nichts entgegenzusetzen. Gehorsam und Demut, waren zwei Dinge, bei denen die Reiter nicht zögerten, sie halb zu Tode zu prügeln, wenn sie auch nur den leisesten Zweifel daran hatte, dieses nicht in ausreichendem Maße vorzufinden. Die Peitsche hinterließ oft genug deutliche Spuren auf ihrem Körper. Aber es war weder Kronos mit seiner Peitsche, noch Kaspian in seinen abartigen Trieben, noch Silas in seiner kindlichen Grausamkeit, die sie fürchtete, denn sie alle waren auf ihre Art berechenbar. Methos war es, bei dem sich ihr Herz erschreckt zusammenzog, wenn er nach ihr rief. Der kühle berechnende Methos, bei dem sie immer das Gefühl hatte, als könne er ihr in die Seele sehen. Seine subtilen Demütigungen gemischt mit geschickt plazierter mißhandelnder Gewalt, waren ein erschreckender Mix. Nie würde sie die erste Nacht in seinem Zelt vergessen, als er sie das zweite, doch bei weitem nicht das letzte Mal zwang, ihm zu dienen. Zu Anfang hatte sie sich gewehrt, doch als sie begriff, daß sie auch diesmal nichts gegen ihn ausrichten konnte, stellte sie sich wie Tod und zwang ihre Gedanken in weite Ferne. Als er seine ersten Gelüste befriedigt hatte, nahm er sich ausgiebig Zeit. Das Spiel seiner Finger brachte sie in die Realität zurück. Nein, das konnte ... durfte nicht sein! Unbeeindruckt ob ihres geistigen Verbotes, reagierte ihr Körper immer stärker auf seine Berührungen, die sie unaufhaltbar dem Höhepunkt entgegentrieben. Hilflos drehte sie ihren Kopf zur Seite und hätte am liebsten losgeheult, doch wenigstens das konnte sie noch unter Kontrolle halten. Sein fester schmerzender Griff um ihr Kinn, zwang sie, ihn anzusehen.
"Wie ich sehe, gefällt es dir." spottete er. Ihre Selbstsicherheit war einer ohnmächtigen resignierten Wut gewichen, die ihn noch mehr anregte.
"Mein Wille ist dein Gesetz! Vergiß das niemals." Der fast erloschene Funke loderte wieder hell auf. Am liebsten hätte sie ihm in diesem Moment die Arroganz und den Spott aus den Augen gekratzt. Dieser Zorn gab ihr neue Kraft und sie bäumte sich unter ihm auf, doch sein Gewicht drückte sie wieder hilflos zu Boden. Sein kaltes Lachen dröhnte in ihren Ohren und verfolgte sie bis in den letzten Winkel ihres Denkens.
"Der geprügelte Hund hat seine Lektion wohl noch nicht gelernt." Der Ausdruck in seinen Augen strafte sein zuckersüßes Lächeln Lüge, als seine Hand zur Peitsche griff...
Es viel ihm schwer in dem Häufchen Elend vor ihm das Mädchen wieder zu erkennen, das er vor sechs Monden ins Lager gebracht hatte. Sein Blick ruhte auf dem seltsamen schwarze Gebilde, das im Fleisch ihres linken Arms verankert war. Ein Schrei drängt sich aus ihrer Kehle, als Kaspian einen sauber eingeschnittenen Streifen Haut von ihrer Fußsohle abzog. Er schälte ihn in dämonischer Sorgfalt über den Fußballen hinunter bis zu der empfindlichen Haut über den Zehen. Blut lief über die offene Wunde und es war nicht der erste Streifen Haut, den Kaspian fein säuberlich im Sand neben ihr aufreihte. Seit jenem verhängnisvollen Tag war Kaspian mit Freuden dabei eine nicht unbeträchtliche Vielfalt von Foltermethoden an ihr auszuprobieren. Allerdings durfte das Vergnügen daran sehr einseitig sein, dachte Methos spöttisch. Ihr Körper war übersät mit Striemen, blutenden Wunden, blauen Flecken und Verbrennungen. Methos wußte um Kaspians Ideenreichtum, wenn es darum ging, jemandem Schmerz zuzufügen. Lage Kakteenstacheln unter dem Fingernagel ins Gelenk dahinter zu treiben und immer wieder anzutippen, war nur eines davon. Kaspian stellte noch ganz anderes mit ihr an wenn er sich mit ihr vergnügte. Bedauerlicherweise mußte Kaspian sich allerdings etwas zurückhalten, denn er wollte nicht daß sie starb - noch lange nicht. Ein weiterer Schrei kam nur noch als Stöhnen über ihre rissigen und blutigen Lippen. Er wollte sie um den Tod betteln hören. Manchmal war sie versucht, seinem Verlangen nachzugeben, doch immer wenn sie kurz davor stand, diese Schwelle zu überschreiten, hielt sie ihr Sturkopf zurück. Keiner der andere Sklaven wagte sich an sie heran, wenn Kaspian sie zeitweise der sengenden Sonne überließ. Keiner wollte und konnte ihr helfen. Eine gewisse pädagogische (hätte dieses Wort schon existiert) Wirkung auf die anderen Sklaven war nicht zu verleugnen, die aus Angst um ihre eigen Haut nun noch gehorsamer und unterwürfiger waren als sonst. Wenn Methos sie jetzt so betrachtete, fragte er sich aber immer noch, woher sie den Mut genommen hatte, Kaspian um sein bestes Stück zu erleichtern. Wenn sie glaubte, ihn durch diesen kraftvollen Biß davon abzuhalten, ihm weiterhin gefügig sein zu müssen, hatte sie sich gewaltig geirrt. Ihr nachfolgender Fluchtversuch wurde schnell von Kronos beendet, der sie wenige Stunden später (im wahrsten Sinne des Wortes) ins Lager zurückschleifte. Kaspian, der zu ihrem Erstaunen wieder unter den Männern weilte, freute sich auf seine Art der Rache und schwor, daß sie leiden würde, wie noch niemand zuvor. So wie es aussah, hielt er Wort. Methos war es im Grunde egal was mit dem Mädchen geschah und so beobachtete er ungerührt Kaspians Treiben. Wenn er flehende Augen, ein heißeres Bitten, dem ganzen ein Ende zu bereiten, erwartet hatte, wurde er enttäuscht. Ihre dunklen Augen waren leer. Ich habe keinen Grund den Tod zu fürchten, hatte sie das nicht selbst gesagt? Erst jetzt begriff er, was sie wirklich damit meinte. Sie würde sich nie dazu herablassen, die Reiter um Gnade zu bitten, denn sie wußte, daß die Zeit auf ihrer Seite stand. Früher oder später würde sie den Reitern entkommen. So wie es aussah, gehörte sie zu denen, die an ein neues Leben nach dem Tod glaubten. In gewisser Weise würde sie recht haben, nur zu dumm, daß sie nicht die ganze Wahrheit kannte. Ein schadenfrohes Kichern regte sich in seinem Hinterkopf. Als Kaspian später von ihr abließ um zur Abwechslung mit einer andere Sklavin in seinem Zelt zu verschwinden, beugte Methos sich zu ihr hinunter. Seine Stimme war kaum mehr als ein Wispern.
"Du kannst mir nicht entkommen, denn ich bin der Tod." An diesem Abend forderte er sie von seinen Brüdern für sich.
"Was willst du mit diesem widerborstigen Weib?" fragte Kronos interessiert, der hinter der Sache mehr vermutete.
"Nenn es Ehrgeiz oder sonst was. Aber ich habe nicht vor, sie gewinnen zu lassen."
"Gewinnen?"
"Sie will, daß wir sie töten, denn damit wäre sie uns los. Ich sehe nicht ein, warum wir ihr diese Gnade erweisen sollten." Ein bösartiges Grinsen huschte über Kronos Gesicht.
"Du warst schon immer ein scharfer Beobachter, Bruder. Nimm sie dir, so lange du willst und wenn du ihrer überdrüssig wirst, dann nimm ihren Kopf." Wie Methos, wußte auch er um ihr kleines Geheimnis, daß ihr selbst noch fremd war. Methos achtete darauf, daß sie während seiner Mißhandlungen mitbekam was er vorzubringen hatte. Ihr Verstand tat es als Lüge ab, denn das was er ihr sagte, konnte niemals die Wahrheit sein.
"Er hat recht, schließlich ist er der Tod. Sieh es doch endlich ein - du kannst ihm nicht entkommen. Er entscheidet über Leben und Tod - dein Leben, deinen Tod." feixte eine kleine bösartige Stimme in ihrem Hinterkopf. Die Symbole seines Namens, die er ihr in den Unterarm brannte waren Zeugen, wer ihr Herr war. Kurz vor Morgengrauen begrüßte sie den Tod, der sie nun endlich aufnahm, mit einem letzten erleichterten Atemzug. Methos wartete geduldig neben ihr, während Blitze über ihre Wunden zuckten. Die frischeren Wunden verheilten ohne Spuren zu hinterlassen und ließen nur die alten Narben früherer Wunden zurück. Eigentümlicherweise verschwanden die beiden Schnitte in ihrem Gesicht, die er ihr erst in diese Nacht zugefügt hatte, nicht ganz, sondern verheilten nur zu eher unscheinbaren aber doch sichtbaren Narben, die ihrem Gesicht einen eigenartigen, spöttischen Ausdruck verliehen. Auch sein Name auf der Innenseite ihres rechten Unterarms, würde auf ewig sichtbar sein.
Wer ihr einst sagte, der Tod sei ruhig und friedvoll, kannte ihn nicht. Denn das, was da gerade auf sie hereinstürzte, war das direkte Gegenteil. Die immense Intensität der Erinnerungen raubte ihr den Atem und sie glaubte ersticken zu müssen. Panisch zog sie Luft in ihre leeren Lungen und ihr Herz raste dahin. Gegen die Hölle, die sie in ihrem Kopf nun wieder neu erlebte, schien das Lager der Reiter das Paradies zu sein. Es dauerte einen Moment bis sie begriff, daß sie diesmal nicht das Opfer war... Unaufhaltsam fluteten Erinnerungen aus anderen Leben und das damit verbunden Wissen wie die Wasser eines gebrochenen Damms in sie zurück. Von Fern hörte sie Methos emotionslose Stimme.
"Du lebst, weil ich es so wollte und du wirst weiterleben, solange es mir gefällt!" Nur mit Mühe konnte sie sich bei seinen Worten ein Auflachen verkneifen. Sie wußte nun, wer oder besser gesagt, was sie war. Kronos, Kaspian, Silas, Methos - die Namen kreisten in ihrem Kopf. Alles in ihr schrie nach Rache. Sie nahm zumindest an, daß es Rache war, denn solch ein Verlangen war ihr bisher völlig fremd gewesen. Doch sie rief sich selbst zur Besonnenheit. Die Stimme leitete sie. Einen Feind zu vernichten ist erfüllender als ihn zu töten. Wenn du das wirklich willst, dann werde als erstes der Freund - naja, wohl eher die Sklavin - deiner Feinde und wenn du genug weißt, vernichte sie. Aber übereile nichts, sonst wird die Rache nicht vollkommen sein. Eine vertraute kalte Ruhe machte sich in ihr breit. Ein neues Spiel. Ihr Spiel. Ihre Regeln.*

Nach einem ausgiebigen Frühstück verließ sie die Wohnung. Mit einem Grinsen, daß ein ungläubiges Kopfschütteln begleitete, betrachtete er das Chaos, daß die Ereignisse der letzten Nacht verursacht hatten und machte sich ans aufräumen. Er mochte sie wirklich und das nicht nur weil sie mit ihm ins Bett ging. Er schätze die Unterhaltungen mit ihr, ihre flüchtigen, zu seltenen Lächeln, ihre Freude an den einfachen Dingen. Er würde aber trotzdem nie aus den Augen verlieren, daß sie ihn wahrscheinlich ohne zu zögern verraten oder sogar töten würde, sollte es notwendig sein. Dieses Verhältnis mit ihr war ein gefährlicher Drahtseilakt - doch das war es, was ihn daran reizte. Sie war ihm (oder er ihr?) einfach zu ähnlich. Er hob ihr liegengelassenes T-Shirt auf. Toll, jetzt konnte er auch noch ihre Wäsche waschen und sie krallte sich einfach eines von seinen Frischen. Doch das war etwas, was er ihr gerade noch verzeihen konnte. Erschreckt starrte Methos auf das dunkle etwas, das unter dem T-Shirt zum Vorschein kam. Ein abgeschnittener dunkelbrauner Haarzopf. Die Haarspange daran kam im verdächtig bekannt vor. Noch ein kurzer Moment der Ungläubigkeit, bevor sein Verstand die ganze Tragweite dessen begriff, was seine Augen sahen. Trauer und Wut machten sich in ihm Breit. MacLeod war Geschichte. Sein Freund, denn als daß sah er ihn an, würde ihn nie wieder mit besserwisserischen moralistischen Lehren nerven. Nie wieder würde er ihn tadeln, wenn er die Schuhe am Sofa abputzte oder mal wieder seinen Kühlschrank lehrte. Komisch, aber irgendwie sehnte er sich jetzt danach. So viele Bilder gingen ihn durch den Kopf, so viele Erlebnisse. Sein Gesicht war eine Maske aus Stein, doch in seinen Augen spiegelte sich das Entsetzen wieder.
"Nein!", flüsterte er fassungslos. "Nein!", schrie er wütend in das leere Zimmer. Er kannte die beiden zu gut um nicht zu merken, daß das nicht lange gutgehen konnte. Zum Teufel, er hatte Mac vor ihr gewarnt. Hatte er MacLeod nicht gesagt, daß sie gefährlich war? Daß sie ihn töten würde, sollte er sie nicht in Ruhe lassen? Doch dieser schottische Dickschädel wollte ja nicht auf ihn hören. Selbst schuld! versuchte er sie vor sich selbst zu verteidigen, doch die kalte Wut auf sie blieb. Seit dem Abend, an dem MacLeod sie mit diesem Companion-Beschützer gesehen hatte, war er mißtrauischer denn je und war ihr auf Schritt und Tritt gefolgt. Auch das Treffen mit Kincaid in der Bar, entspannte die Lage nicht. Eher das Gegenteil war der Fall. Auch Methos machte sich so seine Gedanken. Er wußte zwar über Kincaid Bescheid, aber für ihn war er immer noch eine unbekannte Komponente in diesem Spiel. Doch auf eine direkte Frage würde er von Jara keine Antwort erhalten. Irgendwann würde er schon rauskriegen, was sie wirklich vor hatte. Das, was er momentan mitbekam, war definitiv nicht das, was sie ihm in jener Nacht vorgeschlagen hatte. Das schlimmste daran war, daß sie wußte, daß er es wußte.


***

Als Methos seine Augen öffnete, sah er nichts als sanft lila leuchtende Schemen, die sich langsam drehten. Er hatte das Gefühl als würde jeden Moment sein Schädel zerspringen. Nach mehrmaligem Zwinkern wurde sein Blick klarer. Er starrte die seltsamen Wände, die definitiv nicht zu seiner Wohnung gehörten, verwirrt an. Wo zum Teufel war er hier? Er wollte sich ruckartig erheben, doch höllische Kopfschmerzen ließen ihn die Sache ruhiger angehen. Vorsichtig sondierte er seine Lage. Dunkel erinnerte er sich daran, von vielen Händen grob von seinem Bett gezerrt worden zu sein. Zwischen den hellen Lichtern von Taschenlampen, konnte er schwarzuniformierte Gestalten erkennen. Doch bevor er überhaupt begriff was los war, schickte ihn einen Injektion in das Reich der Träume. Er blieb noch eine Weile ruhig sitzen, bis sich die Kopfschmerzen auf ein erträglicheres Maß reduzierten. Dieser komische Raum und der Freiwillige am Eingang verrieten ihm genug. Schnell begriff er, daß er hier ein Gefangener war - ein Gefangener der Taelons, um genau zu sein. Erst jetzt bemerkte er, daß er nur in Unterhosen da saß. Na toll, wie war das mit ‚in Klamotten schlafen, damit man nicht nackt kämpfen muß'? Erleichtert fand er unter der Pritsche einen wahllos zusammengestellen Haufen seine Kleider. Immer noch etwas groggy zog er sich langsam an. Gerade als er sich den Pullover überzog, betrat ein Taelon seine Zelle (denn als das betrachtete er diesen Raum) durch die Energieabsperrung und der Freiwillige verließ seinen Posten. Neugierig sondierten sich die beiden Fremden. Methos erkannte in ihm den nordamerikanischen Companion, Da'an.
"Es tut mir leid, daß wir Ihnen solche Unannehmlichkeiten bereiten mußten."
"Davon kann ich mir leider nichts kaufen." maulte Methos ungehalten zurück. "Was soll das ganze hier?"
"Ich konnte nicht annehmen, daß Sie freiwillig zu mir kommen würden und so griff ich zu dieser etwas ‚drastischen' Maßnahme."
"Na toll! Erwarten Sie jetzt, daß ich in Begeisterungsstürme ausbreche?"
"Nein, natürlich nicht Mr. Pierson. Ich wollte nur mit Ihnen reden."
"Reden? Ich darf annehmen, daß wenn ich nicht reden möchte, die ganze Sache etwas unfreiwilliger wird?" Da'an brauchte einen Moment um diese Anspielung zu verstehen.
"Nein, Mr. Pierson, ganz und gar nicht. Sie könnten gehen wann immer Sie wollen."
"Könnten? Was Sie nicht sagen. Offensichtlich bin ich hier nur eingesperrt, weil ich gar so freiwillig hier bin!" Mit dem Kerl würde es nicht leicht sein. Da'an überging seine Bemerkung.
"Mr. Pierson, wie Sie wissen, werden wir Taelons sehr alt."
"Ja und?"
"Wie Sie sicherlich weiter wissen, war Ma'el bereits vor vielen Jahrhunderten hier auf der Erde." Methos zuckte bei der Erwähnung dieses Namens innerlich zusammen, doch nach außenhin behielt er die Maske des Coolen aufrecht.
"Ich verstehe nicht ..."
"Ich habe Ihr Gesicht auf einem Überwachungsphoto gesehen und lange überlegt, wo ich es schon einmal gesehen habe. Wissen Sie, wo ich es wiedergefunden habe?" Methos hielt dies mehr für eine rhetorische Frage und verkniff sich eine Antwort, registrierte aber erstaunt, das er offensichtlich überwacht wurde. "In den Aufzeichnungen von Ma'el!" Methos lachte laut auf.
"Ma'el ist seit über tausend Jahren tot! Wie sollte ich da in seine Aufzeichnungen kommen?"
"Das ist es, was ich mich auch frage. Haben Sie Ma'el gekannt?"
"Ich möchte Ihnen ja nicht zu nahe treten, aber haben Sie jetzt noch alle?" Angriff war in diesem Fall die beste Verteidigung. "Dann müßte ich ja zweitausend Jahre alt sein und auch ziemlich tot! Ich wirke aber auf mich recht lebendig!"
"Diese Vermutung kommt nicht von ungefähr. Oder sagt ihnen der Begriff Unsterblichkeit nichts."
"Von was faseln sie da?" Methos hatte sichtlich Mühe, seine Maske weiterhin aufrechtzuerhalten.
"Ich rede davon, daß Ma'el Aufzeichnungen über eine ganz bestimmte Personengruppe führte und wenn ich mich recht entsinne ist ihr Name nicht Adam Pierson sondern wohl eher Methos!" Sein richtiger Name war für Methos wie ein Schlag ins Gesicht.
"Jetzt sind Sie aber völlig durchgedreht!" konnte er gerade noch herauswürgen.
"Nein." winkte Da'an mit einem sanften wissenden Lächeln ab. "Wir beide wissen, daß ich die Wahrheit sage." Resigniert blickte Methos Da'an an.
"Nehmen wir mal an, daß das stimmt. Wer außer Ihnen weiß denn dann noch von meiner angeblichen Existenz?"
"Niemand. Diesen Teil von Ma'els Aufzeichnungen konnte ich bisher geheimhalten ... sehen Sie, ich interessiere mich nicht für Sie oder die Unsterblichen. Aber ich interessiere mich für die Frau, die damals bei Ma'el war."
"Was habe ich damit zutun?"
"Ich glaube, daß Sie mit ihr immer noch in Kontakt stehen!"
"Na dann glauben Sie mal ruhig weiter!"
"Hören Sie mir gut zu!" Da'ans sanfter Tonfall stimmte nicht mit dem Inhalt seiner Worte überein. "Ich kann Sie und ihre unsterblichen Freunde schneller zu Versuchskaninchen für uns werden lassen, als Sie blinzeln können. Oder ich kann das Gerücht verbreiten, daß Sie Jara an uns verraten haben. Obwohl ich glaube, daß erstere Variante weitaus angenehmer sein dürfte. Ich will aber nicht Sie, sondern einzig und allein die Frau. Wenn ich Sie habe, können Sie unbehelligt Ihrer Wege ziehen und niemand wird je etwas über Sie oder die Unsterblichen erfahren."
"Was ist Ihnen an ihr so wichtig?"
"Das lassen Sie mal ruhig meine Sorge sein. Aber um Ihnen aus ihrer etwas mißlichen Lage herauszuhelfen, möchte ich Ihnen einen Vorschlag unterbreiten." Verflucht, in was war er hier wieder hineingeraten? Wenn er überwacht wurde, warum wußten sie dann nicht, daß sie die letzte Nacht bei ihm war? Warum hatten die Freiwilligen nicht schon letzte Nacht zugegriffen? War ihre Überwachung doch nicht so perfekt? Was hatte Jara wirklich vor? In seinem Kopf überschlugen sich Fragen über Fragen. Doch dann dachte er an den abgeschnittenen Haarzopf. Kalte Wut machte sich wieder in ihm breit. Würde Jara ihm in dieser Situation helfen oder eher verraten? Verdiente sie seine Hilfe überhaupt, nachdem sie MacLeod getötet hatte? Er rief sich zur Besonnenheit. MacLeod war tot. Hier ging es einzig und allein um seinen Hals und er bevorzugte es seinen Kopf noch länger auf seinen Schultern zu tragen.
"Ich bin immer offen für Vorschläge." erwiderte er mit einem charmanten Lächeln.

***

Zu Teil 3