Frédèric Weymann / Stephanie Tallen

Der Maler

 

Hi!
Hier mal ein echter "Klassiker". Der Maler haben Stephanie und ich vor über einem Jahr geschrieben, aber nie veröffentlicht. Na ja, nun haben wir uns eben doch dazu entschieden. Viel Spaß beim Lesen!

Frédèric

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Disclaimer: Alle Charaktere, auf die sich diese Story stützt, gehören Chris Carter, Fox Broadcasting, 1013 Productions und werden hier ohne Erlaubnis verwendet.

Titel : Der Maler
Autor : Stephanie Tallen und Frédèric Weymann
Rating : FSK 12
Classification : X
Archiv : Gossamer und AXFF.

Kommentare an:
Stephanie Tallen <LucienLacroixI@aol.com>
und
Frédèric Weymann <Frederic.Weymann@t-online.de>

 

 

Mit einem letzten Pinselstrich vollendete Jonathan Salznik sein jüngstes Werk: "Feuersbrunst". Lodernde Flammen verschlangen die mächtigen Bäume eines Waldes. Menschen entflohen mit schreckensverzerrten Gesichtern der feurigen Hölle, viele von ihnen brannten lichterloh. Die ungeheure Farbintensität verlieh dem Gemälde eine solche Authentizität, daß der Betrachter den Eindruck gewann, selbst inmitten des Infernos zu stehen, von der Hitze der Flammen und den hilflosen Schreien der Opfer umgeben. Das Gemälde schien jeden Moment von den Flammen, die es trug, verzehrt zu werden. Salznik wandte sich nach einem letzten prüfenden Blick ab und eine tiefe Traurigkeit lag in seinen Augen. Er wußte, was geschehen würde und verachtete sich dafür, doch er wußte ebenfalls, daß er nicht würde leben können ohne zu malen.

*****

Langsam, eine tödliche Falle erwartend, öffnete Mulder die Tür zur Redaktion des "Lone Gunmen". "Jungs, ich bin's! Nicht schießen!" Die drei "Einsamen Schützen" nahmen von ihm und seinen Worten kaum Notiz, sie waren über eine kleine Apparatur gelehnt und betrachteten sie aufmerksam. Ohne sich umzudrehen meinte Byers: "Glaubst du etwa wirklich, du könntest dich diesem Haus auf weniger als hundert Meter unbemerkt nähern?"

"Wir haben natürlich die gesamte Umgebung mit Bewegungsmeldern und hochsensiblen Kameras abgesichert", bemerkte Langly dazu.

"Über welches große Geheimnis habt ihr eure Köpfe denn gebeugt?", fragte Mulder.

Die drei lösten sich vom Tisch und verteilten sich im Raum, jeder einen Teller mit Suppe in der Hand. Auf dem Tisch blieben nur ein Campingkocher und zwei leere Dosen zurück. "Wir hätten Dir ja auch was angeboten, aber wir haben nur drei Teller", witzelte Frohike. "Warum habt ihr mich nun hierher bestellt?" fragte Mulder. "Wir wollten dich dazu überreden, eine besondere Ausstellung zu besuchen: 'Im Bann der Katastrophen'", kam es aus der hinteren Ecke, in der Langly Platz genommen hatte.

"Ach ja, ich habe eine Reportage über den Künstler gelesen. Jonathan Salznik ist ein wahres Genie, wenn es darum geht, die Emotionen des Augenblicks in seinen Bildern festzuhalten", erwiderte Mulder. Mit einem Grinsen fügte er hinzu: "Man glaubt fast, man müsse selbst sterben."

"Irgendwie scheinen sie doch etwas zu realistisch zu sein", gab Byers zu bedenken.

"Und was vermutet ihr?", fragte Mulder.

Byers hielt ihm einen Brief unter die Nase und übergab ihn Mulder. In diesem wurde einer Person namens Black Arrow zur gelungenen Operation "Cleaning Detonation" gratuliert. "Der Brief trägt das Datum des 27. Februars 1993, also genau einen Tag, nachdem der Anschlag auf das World Trade Center verübt wurde", erklärte Byers weiter.

"Wir haben einige unserer Kontakte befragt und sind uns inzwischen sicher, daß eine Geheimorganisation namens Black Arrow existiert, welche die Feinde der Regierung ausschaltet", fügte Langly hinzu.

"Also Killer im Auftrag der Regierung", ergänzte Mulder.

"Genau, und Salznik ist einer von ihnen. Wir vermuten, daß seine Bilder so lebensecht sind, da er jedesmal selbst am Ort des Geschehens anwesend war und somit in höchstem Grade mit den Vorfällen in Verbindung steht."

"Die Bilder sind für ihn eine Möglichkeit die Geschehnisse zu verarbeiten", schloß Frohike.

"Tut mir Leid, Jungs, aber eure Geschichte wirkt diesmal nicht besonders glaubwürdig", meinte Mulder, von der diesmal extrem fadenscheinigen Ausführungen nicht sonderlich überzeugt. Als ihm der enttäuschte Ausdruck auf den Gesichtern der sonst nicht zu erschütternden Männer auffiel, fügte er schnell noch hinzu: "Aber ich werde mich darum kümmern, wenn ihr wollt."

Sofort hellten sich die Mienen der drei wieder auf. "Bevor du dich mit dem Fall beschäftigst, möchten wir dir noch einige Dinge zeigen, die wir inzwischen aufgedeckt haben..." Mit diesen Worten führte Langly Mulder auch schon in den kleinen Nebenraum, in dem sich so manch ungewöhnliche Dinge befanden.

*****

"NEIN!" Scully machte energisch auf dem Absatz kehrt und wandte sich zur Tür. Als sie bemerkte, daß Mulder ihr noch etwas hinterherrufen wollte, wandte sie sich noch einmal zu ihm um. "Mulder, Sie erwarten doch nicht im Ernst von mir, daß ich mich mit einem derart lächerlichen Fall beschäftigen werde?!..."

"Aber, Scully", unterbrach Mulder sie, "ich habe doch schon alles mit Skinner geregelt und der Flug ist auch schon gebucht."

Sprachlos starrte Scully Mulder an. Sie konnte es nicht glauben. Sie sah auf zur Decke und dachte bei sich: 'Warum ich? Warum immer ich?' Mulder schnappte sich sein Jackett. "Kommen Sie, Scully."

Die Ausstellung fand in einer Galerie direkt im Herzen von San Francisco statt. Nach einem anstrengenden Flug hatten Scully und Mulder im Hotel Californian eingecheckt und waren danach direkt dorthin gegangen. An der Fassade des großen Gebäudes hing ein riesiges Plakat, welches die großen Katastrophen darstellte, die die USA in den letzten zehn Jahren ereilt hatten. In riesigen Buchstaben verkündete es: "Im Bann der Katastrophen - 10 Jahre Schicksalsschläge". Vollendet wurde das Werk durch eine riesige Unterschrift Jonathan Salzniks, die sich über die volle Breite erstreckte. Während Mulder noch gebannt die riesige Collage der größten Werke Salzniks betrachtete, war Scully bereits zur Kasse gegangen und hatte dort zwei Karten besorgt. "Kommen Sie endlich, Mulder. Nachdem wir uns seine Bilder zu Gemüte geführt haben, können wir ihn danach direkt zu den 'Vorwürfen' befragen."

Mulder begann wieder übers ganze Gesicht zu grinsen und meinte zu ihr, während die beiden durch die Eingangstür schritten: "Sie scheinen mir nicht zu glauben."

Scully blieb abrupt stehen, schaute ihm tief in die Augen und sagte so ernst wie nur möglich: "Mulder, bei solchen Geschichten glaube ich Ihnen NIE! Und erst recht nicht, wenn diese drei paranoiden Freunde von Ihnen Sie auf diesen Fall aufmerksam gemacht haben..."

"Ich gebe zu, die Theorie der drei ist diesmal nicht gerade glaubwürdig, aber wir sollten uns dennoch der Sache annehmen. Selbst wenn es nur dazu dienen sollte, diese Theorie zu widerlegen."

Scully musterte ihren Partner kurz. "Ich frage mich, wie Sie es geschafft haben, Skinner davon zu überzeugen, diesem Fall nachzugehen."

Mulder grinste nur.

*****

Die Ausstellung erstreckte sich über zwei Etagen und umfaßte beinahe dreihundert Exponate. "Es ist kaum zu glauben, daß unser Land in den letzten zehn Jahren von so vielen Katastrophen heimgesucht worden ist", flüsterte Scully überwältigt, als ihr die Dimension klar wurde. Zu einigen Bildern Salzniks waren Themenräume eingerichtet worden, in denen neben dem Kunstwerk auch Fotografien der Unglücke und teilweise sogar Gegenstände der Opfer und Wrackteile ausgestellt waren. Die beiden Agenten durchstreiften die Räume und betrachteten die teilweise mit Öl, teilweise mit Bleistift gemalten Werke Salzniks. Alle waren unglaublich realistisch, es war kaum zu fassen, daß sie wirklich von Menschenhand stammen sollten. Manche waren von so einer Intensität, daß es Scully eiskalt den Rücken hinunter lief. Mulder hatte inzwischen seine Tüte Sonnenblumenkerne herausgeholt und war dabei, sich ganz auf das Knacken der Schalen zu konzentrieren.

"Mulder, wie können Sie nur so geschmacklos sein?", sprach ihn Scully anklagend an. "Hinter uns liegt das Wrackteil eines Flugzeugs, in dem über zweihundert Menschen bei einem Absturz ums Leben gekommen sind."

"Wenn Sie auch welche haben wollen, brauchen Sie es doch nur zu sagen, Scully", entgegnete Mulder ihr. "Wenn Sie sich sowieso nicht mit den Bildern auseinandersetzen wollen, können wir auch direkt mit Salznik sprechen. Haben Sie ihn schon gesehen?"

"Nein, er scheint nicht da zu sein."

"Dann lassen Sie uns jetzt erstmals essen gehen. Danach können wir ja bei seiner Wohnung vorbeischauen."

"Sie scheinen ja jetzt einen richtigen Eifer entwickelt zu haben."

"Je schneller ich Sie von dieser wahnsinnigen Idee losbekommen kann, um so besser."

*****

Unruhig lief Salznik in seinem Atelier auf und ab, es war inzwischen nicht mehr als nur noch ein einziger Trümmerhaufen. Immer wieder fuhr er sich mit den Fingern durch sein inzwischen zerzaustes Haar und rieb sich den Schweiß aus den Augen, der sich beständig auf seiner Stirn bildete. "Was mache ich nur?", murmelte er und in seiner Stimme lag tiefe Verzweiflung. "Ich darf es nicht länger zulassen...kann nicht...", mit einer zornigen Bewegung ergriff er ein Glas mit frischen Pinseln und schleuderte es in den großen Spiegel, der fast die gesamte Wand gegenüber den Fenstern einnahm. Mit lautem Klirren durchzogen Tausende Risse die spiegelnde Fläche und sie zerbarst in hunderte von Splittern. "Es liegt an mir! Nur an MIR!", rief Salznik laut aus. Seine Blicke wanderten durch den Raum und verharrten auf seinem jüngsten Werk. "Es ist alles meine Schuld!", flüsterte er. "ES IST ALLES NUR MEINE SCHULD!", er schrie nun wieder und fegte mit einem Arm sämtliche Malutensilien von einem kleinen Tisch. Salznik drehte sich um seine eigene Achse und verharrte kurz mit herabhängenden Schultern mitten im Raum. Sein Blick starrte ins Leere. Traurig schüttelte er den Kopf und als er aufsah, war der Ausdruck in seinen Augen ein anderer. Entschlossenheit lag nun in ihnen. Salznik richtete sich auf, straffte seine Haltung und strich über seinen Kittel. Er wußte nun, was er zu tun hatte.

*****

Zur gleichen Zeit saßen Mulder und Scully am Tresen einer kleinen Bar inmitten der City von San Francisco.

"Eigentlich, Mulder, hatte ich mir ein etwas, sagen wir, vornehmeres Restaurant vorgestellt."

"Was denn, es schmeckt doch, oder?"

Vor den beiden an der Wand flimmerten Bilder über den Fernseher, die einem leicht den Appetit verderben konnten. Es wurde die ganze Zeit über einen katastrophalen Waldbrand berichtet, der vor nicht einmal einer Stunde ausgebrochen war. Momentan war ein Amateurfilm zu sehen, der ein besonders schauriges Szenario zeigte: Zu sehen waren Menschen, die völlig überrascht von der Feuersbrunst, aus dem brennenden Wald flohen. Einige hatten sogar Feuer gefangen, wälzten sich auf dem Boden und schrien vor Schmerz. Da der Kameramann selbst in völliger Panik war, schwankte das Bild stark, wodurch die Atmosphäre noch bedrohlicher wirkte. Mulder beendete sein Essen und stand auf: "Kommen Sie, es wird Zeit, beim großen Künstler persönlich vorbeizuschauen."

Salznik hatte sich sein Atelier im Erdgeschoß eines der vielen Hochhäuser eingerichtet. Als die beiden Ermittler die Wohnungstür erreichten, war diese einen kleinen Spalt geöffnet.

"Mr. Salznik?" Scully öffnete die Tür ein wenig und der Anblick, der sich ihnen bot, versetzte die beiden Ermittler augenblicklich in Alarmbereitschaft. Die Waffen im Anschlag, stürmten die beiden in die Wohnung, um dort ein heilloses Chaos vorzufinden. Farben waren auf dem Boden des riesigen, hellerleuchteten Raumes verteilt, Bilderrahmen zerbrochen, Blumenvasen und Fotos gesellten sich dazu. In kurzer Zeit hatten sie die Wohnung vollständig durchsucht, ohne jedoch jemanden anzutreffen.

"Was glauben Sie, ist hier passiert, Mulder?"

"Vielleicht wurde Salznik nicht mehr mit der Schuld fertig. Schauen Sie mal, kommt Ihnen das nicht bekannt vor?" Er hielt das Bild mit dem Titel "Feuersbrunst" hoch.

"Es entspricht tatsächlich genau einer Sequenz aus der Berichterstattung. Salznik ist wirklich ein wahres Genie.", staunte Scully.

"Aber selbst ein Genie kann ein so großes Bild nicht in weniger als einer Stunde fertigstellen." Er strich mit dem Finger kurz über das Bild und zeigte ihn dann Scully. "Und keine Farbe kann danach so schnell trocknen. Er MUß es VOR dem Unglück gemalt haben."

Scully wandte sich von Mulder ab und durchsuchte die Wohnung nach Spuren: "Einmal angenommen, nur angenommen, Salznik hätte den Brand geplant und vielleicht selbst gelegt, dann konnte er dennoch unmöglich ein Bild malen, das so genau der Wirklichkeit entspricht." Als ihr klar wurde, was sie gleich erwarten würde, schwieg sie und machte sich auf das Schlimmste gefaßt. "Mulder, Sie glauben doch nicht wirklich, daß der Mann so etwas wie ein Hellseher ist?"

"Nein, das glaube ich nicht."

"Woher dieser plötzliche Sinneswandel?"

"Ich denke, all diese Katastrophen, die Salznik gemalt hat, sind nur deshalb geschehen, WEIL er sie gemalt hat."

Scully schloß kurz die Augen. "Jetzt sind Sie endgültig dahin, Mulder. Sie glauben doch nicht wirklich, daß ein Mann solche Katastrophen heraufbeschwören kann, indem er sie einfach malt. Wie kommen Sie nur auf solch eine Idee?"

Mulder hielt ein Buch in den Händen und blätterte darin. "Dies habe ich hier gerade gefunden. Offenbar hat Salznik es verfaßt. Ich habe die Seiten zwar nur überflogen, aber bis jetzt scheint es so, als würde er sich darin bei der Welt für seine Taten entschuldigen: 'Meine Phantasie, gebannt auf Leinwand und Papier wird grausame Realität, doch ich bin nicht in der Lage ohne sie zu leben, selbst wenn mein Verbrechen an der Menschheit mein Herz zerreißt'", zitierte Mulder.

"Der Mann scheint sich wirklich als Schicksalsengel für die Menschheit zu verstehen, aber Ihnen sollte klar sein, Mulder, daß dies nur die Gedanken eines kranken Mannes sind und unmöglich der Realität entsprechen können. Außerdem, wenn er wirklich glaubt, daß das, was er malt, Wirklichkeit wird, warum malt er dann nicht etwas Friedvolleres, anstatt dieser Katastrophen?"

"Nun, dazu hatte er sich hierin auch geäußert. Er schreibt etwas von einem inneren Zwang, dem er sich unmöglich widersetzen kann. Er malt seine Werke wie in Trance und hat keinen Einfluß auf sie."

Scully seufzte. "Ja, natürlich, so etwas hätte ich mir auch gleich denken können..."

Als Scully diese Worte ausgesprochen hatte, öffnete sich schlagartig die Tür. In ihr stand ein Mann mittleren Alters mit kurzen, roten Haaren. Seine Kleidung war über und über mit frischen Farbspritzern bedeckt und nun schaute er die beiden Agenten mit großen, leuchtend blauen Augen an. "Es ist Zeit", flüsterte er, dann ließ er das noch feuchte Bild, welches er in der Hand hielt, fallen und begann Richtung Treppe zu laufen.

"Ich folge ihm über die Treppe, Scully. Sie fahren mit dem Fahrstuhl in den obersten Stock und kommen uns dann entgegen", rief Mulder seiner Partnerin zu bevor er Salznik die Treppe hinauf folgte.

"FBI! Bleiben Sie stehen!", rief Mulder dem flüchtenden Künstler hinterher.

"Ich kann nicht. Das Schicksal fordert mich!" Laut schnaubend, hetzte Salznik die Treppe hinauf, dicht gefolgt von Mulder.

*****

Ungeduldig stand Scully im Fahrstuhl und wartete, daß sich die Türen endlich öffnen würden. Schließlich hatte sie das oberste Stockwerk erreicht und lief zum Treppenhaus. Sie schaute über das Geländer in die Tiefe.

"Mulder?", sie lauschte.

"Hier oben, Scully! Auf dem Dach!", rief Mulder ihr zu.

Scully verlor keine Zeit und folgte den beiden Männern aufs Dach. Oben angelangt sah sie die beiden auch schon. Salznik, der gerade im Begriff war, auf die Dachkante zu klettern und Mulder, wie er versuchte, Salznik davon abzuhalten den letzten Schritt zu tun. Beide waren völlig durchnäßt, denn es hatte inzwischen begonnen zu regnen.

*Seltsam, woher kommt denn dieses Unwetter so plötzlich? Vor einer halben Stunde schien doch noch die Sonne...*, dachte Scully und näherte sich ihrem Partner.

"Ich konnte ihn nicht aufhalten, Scully!", rief Mulder ihr zu. "Er will scheinbar springen."

Scully wandte sich an Salznik und hob beschwichtigend ihr Hände. "Mr. Salznik!", rief sie. Der Künstler richtete seine Aufmerksamkeit auf sie, während er weiterhin auf der Dachkante entlangging, ließ jedoch Mulder dabei nicht aus den Augen. Scully steckte ihre Waffe ein. "Mr. Salznik!", rief sie erneut und machte einige Schritte in seine Richtung.

"Kommen Sie nicht näher!", schrie dieser. "Sie werden es nicht verhindern können!"

Scully blieb stehen. Sie durfte ihn nun nicht noch nervöser machen, als er ohnehin schon war. Sie mußte ihn irgendwie beruhigen. Das jedoch schien nicht einfach zu werden. *Nur nicht in die Enge treiben*, dachte sie. "Mr. Salznik. Was für Probleme Sie auch immer haben mögen, durch Selbstmord können Sie sie nicht lösen. Es gibt sicher andere Wege Ihnen zu helfen, glauben Sie mir. Wir können Ihnen dabei helfen..."

"Selbstmord! Wenn Sie wüßten!", unterbrach Salznik sie und er lachte kurz und humorlos auf. "Wenn Sie wüßten..."

"Was ist es, Mr. Salznik?"

"Das Problem? Ich selbst bin es!", wieder lachte er. "Ich selbst bin das Problem!". Er sah Scully und dann Mulder an. "Nicht, daß es mich selbst gefährden würde... nein! ICH könnte damit leben, aber alle anderen, die ganze Welt ist durch mich in Gefahr und das kann und will ich nicht länger zulassen! Nicht noch länger. Ich habe bereits zu lange gewartet, all die Jahre..., aber jetzt steht mein Entschluß fest und es kann nicht mehr verhindert werden! Das Schicksal, das mich ereilen soll, wurde bereits besiegelt!" Damit wandte er sich langsam um und setzte seinen Weg fort. Er schien auf etwas zu warten...

"Mr. Salznik...", rief Scully.

"Tun Sie's nicht...", schrie Mulder und machte Anstalten auf den Künstler zuzustürzen.

Salznik hob eine Hand "Halten Sie bitte Abstand, ich tue doch gar nichts. Glauben Sie mir, es ist zu Ihrem eigenen Besten, wenn Sie nicht näher kommen..." Daraufhin warf er wieder einen suchenden Blick zum Himmel. Scully und Mulder folgten seinen Blicken, konnten jedoch außer dunklen Regenwolken, die sich beständig zusammenzogen und verdichteten, nicht das Geringste entdecken.

*Worauf wartet er bloß?*, dachte Scully und auch Mulder war ratlos. Sollte es etwa so sein, daß Salznik Kontakt zu etwas Höherem hatte und nun darauf wartete, gerettet zu werden...? Erneut blickte Mulder gen Himmel.

Auf einmal schien die Luft sich zu stauen und Mulders Haut begann zu prickeln; er wußte, was nun kommen würde. Auch Scully und Salznik schienen die Veränderung der Luft bemerkt zu haben. Während der Künstler mit hoch erhobenen Armen zum nun wolkenschwarzen Himmel emporsah, suchte Scully verwirrt den Blick ihres Partners.

"Scully, weg von ihm! Runter vom Dach!", schrie Mulder nur und lief sodann selbst auf die Tür zum Treppenhaus zu. Ohne zu fragen, was das nun wieder sollte, folgte Scully dem Beispiel ihres Partners. Mit der Zeit hatte sie gelernt, ihm in solchen Dingen einfach zu vertrauen. Auf halbem Weg zur Tür sah Mulder noch einmal zurück. Salznik schien ihm direkt in die Augen zu blicken. In die unnatürliche Stille, die dann folgte, fuhr plötzlich ein gleißender Blitz, der von einem ohrenbetäubenden Donnergrollen begleitet wurde. Schützend hielt Mulder die Arme vor sein Gesicht. Als er seine Augen wieder öffnete, war Salznik verschwunden.

Mulder lief zurück zur Dachkante und schaute hinab auf die Straße. Auf dem noch nassen Asphalt konnte er einen Körper ausmachen. "Salznik.", murmelte Mulder. Er wandte sich ab und ging langsam auf Scully zu, die wartend in der Dachtür stand. "Er ist tot.", sagte Mulder. über ihren Köpfen begannen sich die Wolken bereits langsam wieder zu verflüchtigen.

Betäubt von dem jüngsten Ereignis machten sich die beiden auf den Weg nach unten. Scully benachrichtigte inzwischen per Handy die Polizei und forderte zudem einen Krankenwagen an. Mulder dachte an die letzten Momente in Salzniks Leben, seinen Blick, mit dem er ihn angesehen hatte, kurz bevor er starb. *Er wußte es*, dachte Mulder. *Er hatte es gewußt.* Als die beiden an Salzniks Wohnung vorbeikamen, deren Tür noch immer offen stand, bemerkte Mulder die Leinwand, die der Künstler vor seiner Flucht auf den Boden fallengelassen hatte. Bereits ahnend, was ihn erwarten würde, beugte sich Mulder langsam über die Leinwand, deren bemalte Seite Richtung Boden lag und hob sie auf. Mulders Ahnung bestätigte sich: Das Gemälde zeigte ein Unwetter. Ein gleißender Blitz fuhr gerade in einen Mann, in dessen Gesicht Mulder die Züge Salzniks wiedererkannte. Doch noch zwei weitere Personen waren auf dem Gemälde auszumachen: ein dunkelhaariger Mann, der seine Augen mit den Armen vor dem grellen Licht abschirmte und eine Frau, die in einer Tür stand. Die Frau hatte rötliche Haare. Die gesamte Szenerie spielte sich auf dem Dach eines Hauses ab. Mulder hatte nun Gewißheit, seine Theorie hatte sich in diesem Bild bewahrheitet. Scully war inzwischen schon vorausgegangen und blickte sich nun nach ihrem Partner um. Langsam kam sie zurück, als er ihr das letzte Werk Salzniks entgegenhielt. Wortlos trafen sich ihre Blicke.

ENDE

 

Copyright © 1998 Frédèric Weymann und Stephanie Tallen


Frédèric Weymann  Frederic.Weymann@t-online.de Stephanie Tallen  LucienLacroixI@aol.com