Als Disclaimer: Leider gehört Highlander nicht mir sondern einzig und alleine, absolut und unwiderruflich Wyden, Panzer/Davis, Rysher, Miramax. Ich habe sie nur für ein wenig Spaß geborgt und nicht, um auch nur eine müde Mark damit zu verdienen. Vielen Dank auch an meinem Freund, der, obwohl er kein Highlander Fan ist, meine Storys gnadenlos Beta liest.

Autor: Aisling
Mail: Aisling@gmx.net
Serie: Highlander
 Rating: frei
Personen: Methos / Cassandra
Typ: Romance/Drama
 Feedback: Ja, bitte, bitte

 

520 v. Chr. trifft Cassandra zum ersten Mal nach den Horsemantagen  wieder auf Methos, der um ihre Pflegetochter wirbt.

 

Damals
von Aisling

 

520 vor Christus, Hohenasperg Deutschland

 

Cassandra stand im Eingang von Traums Haus und sah ihrer Tochter bei der Arbeit zu. ‚Erschreckend, wie schnell die Sterblichen altern.’ Es kam Cassandra wie gestern vor, daß eine sterbende Mutter sie bat, sich um ihr zweijähriges Kind zu kümmern. Mittlerweile war das kleine Kind von damals schon 20 Jahre alt und schon fast nicht mehr im heiratsfähigen Alter. Aber Cassandra wusste genau, daß es zwei Gründe gab warum ihre Pflegetochter, Traum genannt, noch nicht verheiratet war. Zum einem war es ihr Wissen, daß Traum um so schneller altern würde, je mehr Kinder sie bekam. Aber deswegen hätte sie Traum nie daran gehindert, eine Ehe einzugehen. Nur ermunterte sie ‚ihre Kleine‘ nicht dazu. Der Hauptgrund war jedoch, daß Traum schon seit einigen Jahren unglücklich in den Fürsten verliebt war. Er war zwar mehr als doppelt so alt, weit über 40 Jahre, dafür aber sehr groß und stattlich. ‚Und er ist sehr gütig.‘ erinnerte sich Cassandra. Er vermied den Kampf und verlegte sich mehr auf den Handel, hauptsächlich mit Griechen. Der Hohenasperg war seit dem Beginn seiner Regierung, vor mehr als 20 Jahren, kontinuierlich immer dichter besiedelt worden. ‚Und wenn in 2-3 Wochen, wie jedes Frühjahr, die griechischen Händler eintrafen, würden es sogar noch mehr Menschen sein.‘

Daß Traum keine Chancen beim Fürsten hatte, hätte ihrer Tochter spätestens dann klar werden müssen, als er vor einigen Monaten anfing, Pläne für sein Grab zu entwickeln. Einen Platz hatte er auch schon gefunden. Als seine persönliche Heilerin hatte Cassandra ihn darauf angesprochen.

„Ich weiß, daß ich für mein Alter erstaunlich gesund bin“ war seine Antwort. „Ich habe erst einige wenige graue Haare und keinerlei Anzeichen einer Krankheit. Aber tief in meinem Inneren fühle ich, daß ich nicht mehr lange zu leben habe.“

Dem konnte sie nicht widersprechen. In den letzten Jahrhunderten hatte sie die Erfahrung gemacht, daß viele Sterbliche die Nähe ihres eigenen Todes spüren konnten.

 „Aber wer soll dein Erbe werden, Herr? Du hast keine Kinder, die dein Werk fortführen könnten!“ war ihre Frage.

Er lächelte nur und meinte „ Wozu gibt es eine so weise Frau wie dich, Cassandra? Du wirst nach meinem Tod bestimmen, wer die Regierung übernimmt. Und wenn  niemand geeignetes vorhanden ist, dann wirst du solange herrschen, bis es jemanden gibt.“

Cassandra war auch jetzt noch entsetzt über seine Entscheidung. Es widersprach dem Gesetz. Außer dem Fürsten durften nur die Druiden so wichtige Entscheidungen treffen. Er konnte sich doch nicht über geltendes Recht hinwegsetzen. Sie sprach ihn darauf an.

„Ich habe diese Entscheidung schon lange mit ihnen durchgesprochen, Cassandra. Sie sind damit einverstanden. Wir wissen nicht, wie alt du bist. Aber ich bin mir sicher, daß du viel älter und weiser als unser ältester Druide bist. Seit ich dich kenne, und das ist über 20 Jahre her, bist du um keinen Tag gealtert. Ich beneide dich um diese Fähigkeit. Du wirst sehen, ob der Hohenasperg sich so entwickelt, wie ich es geplant habe. Du kannst diese Planung noch lange Zeit fortführen, auch wenn es nur im Hintergrund ist. Bitte Cassandra, lehne nicht ab.“

Sie war sprachlos und wurde sich bewußt, einen großen Fehler begangen zu haben.

Die letzten 500 Jahre war sie nie länger als 10 Jahre an einem Ort geblieben. Sie war regelmäßig weitergezogen, da sie sich noch immer von den 4 Reitern verfolgt fühlte.

Hier hatte sie Ruhe und Frieden gefunden und dabei ganz vergessen, daß sie künstlich altern mußte, um sich nicht von den Sterblichen auszugrenzen. Doch der nächste Kommentar des Fürsten überraschte sie noch mehr.

„Ich weiß nicht ob du es verstehst, aber du bist für uns ein Segen der Götter. Wer könnte uns besser heilen, beraten oder beherrschen, als eine Frau, die so einen gütigen und liebevollen Charakter hat wie du und nicht altert? Sag bitte nicht direkt nein, sondern denke ersteinmal  darüber nach.“ Sie war verwirrt nach Hause gegangen.

In allen Kulturen, die sie bisher kennengelernt hatte, waren Unsterbliche Verfluchte gewesen. Niemals ein Segen der Götter. Es war schon eine seltsame Kultur, die zwar die Schrift der Griechen kannte und sie auch lesen konnte, selber aber keine hatte. Kein Druide hinterließ eine Schrift. Die Schüler mußten alles auswendig lernen.

Und sie sollte nun Klawus Erbe fortführen. Für Frieden und Wohlstand sorgen. Sie wußte, daß es schwierig sein würde. Die Druiden wollten Kriegsgefangene als Opfer für die Götter haben, und Klawu hatte schon Probleme ihnen immer wieder triftige Gründe gegen den Krieg zu nennen. Wie wollte sie das als Frau und Heilerin verhindern? Seit diesem letzten Besuch hatte sie den Fürsten nicht mehr aufgesucht.

Noch immer in ihren Gedanken vertieft schüttelte sie heftig den Kopf. Nein, sie hatte noch keine Entscheidung getroffen.

Durch diese Bewegung merkte Traum, daß ihre Pflegemutter in der Nähe war. Sie war an ihrem Gewichtswebstuhl damit beschäftigt, ein Tuch mit einer aufwendigen brettchengewebten Borte am Rand zu fertigen. Sie legte ihr Webschwert zur Seite und ging zu Cassandra. Sie berührte ihre Pflegemutter sanft an der Schulter.

Cassandra sah sie liebevoll an. Traum wußte zwar von den Alpträumen, die sie noch immer plagten, aber nicht, daß deren Ursache fast fünfhundert Jahre her war. Es hatte bisher keinen Grund gegeben, ihre Pflegetochter über ihr wahres Wesen aufzuklären. Immer noch träumte sie von den Reitern. Ganz besonders von jenem Tag, als Methos sie an Kronos weiter reichte. Manchmal wachte sie sogar schreiend auf.

Aber hier war sie sicher. Die Reiter existierten nicht mehr. Und der Ort war viel zu stark befestigt, um für umherziehende Banden ein leichtes Ziel zu sein.

„Schaffst du es, den Auftrag für Klawu rechtzeitig fertigzustellen?“ Mit dieser Frage zog sie ihre Pflegetochter wieder auf. Sie wußte genau, daß Traum, wenn nötig Tag und Nacht arbeiten würde, um die Aufträge des Fürsten so schnell fertig zu stellen, wie dieser es wollte. Aber da er ihr nie Termine setzte, wurde Traum immer rechtzeitig fertig.

„Ich mag es nicht, wenn du unseren Fürsten mit diesen Spitznamen anredest.“ antwortete Traum. „Aber du müßtest inzwischen wissen, daß ich seine Aufträge bevorzugt bearbeite.“ setzte sie mit einem verlegenen Grinsen hinzu.

„Ja, ja, wenn er nicht fast 1,90 m hoch und gutaussehend wäre, sondern  nur ein verschrumpelter alter Mann, müßte er ewig warten!“ kam von Cassandra die entsprechende Antwort.

Die junge Frau haßte es, von ihre Mutter so aufgezogen zu werden, obwohl diese Recht hatte. Eine Weberei für Avalon hatte sie aufgeschoben, weil der Fürst sie persönlich um diese Handarbeit gebeten hatte. „Du weißt doch, daß er mir sogar das Material stellt! So gutes Garn bekomme ich von keinem anderen!“ versuchte sie sich zu verteidigen.

Cassandra ging zu Traums Arbeitsplatz und schaute sich ihre neueste Arbeit an. Es war eine Weberei in rot und blau. „Ich habe selten leuchtendere Farben gesehen“ sagte sie bewundernd. ‘Es sind die Farben des Todes und der Beerdigung’ aber diesen Gedanken behielt sie für sich.

Die Unsterbliche hatte sich gewünscht, daß Traum Heilerin würde. Ihre Tochter hatte dafür aber nie Interesse gezeigt und hatte dafür auch keinerlei Begabung, war aber eine sehr gute Weberin. 

Nur in Ägypten hatte Cassandra bessere Künstler gesehen. Das würde sie ihrer Tochter, die keinerlei Wissen über Cassandras Unsterblichkeit hatte, aber nie erzählen. „Wird die Brettchenweberei am Rand des Tuches nur das Sonnensymbol darstellen?“

Traum lächelte. Ihre Mutter verstand nicht viel von ihrer Arbeit, zeigte aber immer Interesse. „Ja, er wünscht sich eine große Decke, die nur am Rand mit dem Sonnensymbol geschmückt ist. Letzte Woche hat der Fürst von einem Gast das feine Garn für die Randborte geschenkt bekommen. Normalerweise hätte die Menge nur für die Hälfte gereicht, aber ich bekomme es schon hin.“

Cassandra war überrascht. Der Hohenasperg war zwar ziemlich groß, aber sie kannte immer alle Neuigkeiten.

Fast alle Gerüchte und Neuigkeiten wurden ihr von den Kranken, die sie pflegte, erzählt. Nur diesesmal hatte man ihr noch nicht von Klawus Gast erzählt.

„Ich wußte noch gar nicht, daß ein Gast da ist! Kenne ich ihn?“

„Ich glaube nicht. Ich habe ihn noch nie hier gesehen. Ein wirklich gutaussehender Mann und so gebildet. Er kleidet sich nicht wie ein Grieche, scheint aber deren Sprache zu sprechen. Ich konnte sogar mit ihm den Musterentwurf besprechen. Er gab mir den entscheidenden Tip, wie ich das Garn strecken kann. Und dann erst seine Augen...“

Die Unsterbliche hörte überrascht zu. Es war das erste Mal, daß Traum von einem anderen Mann als Klawu schwärmte. „Wie heißt denn dieser phantastische Gast??“ Sie wollte sich diesen Mann so schnell wie möglich anschauen. Wollte wissen, ob er der Richtige für ihre Tochter sein könnte.

„Er heißt Methos.“

Cassandra hatte das Gefühl, als ob ihr Herz stehenblieb. Methos! Dieser Name war sehr selten. Sie wollte aber sicher gehen. „Wie sieht er denn genau aus? Doch nicht etwa besser als Klawu?“ Sie hoffte, daß ihre Stimme normal klang.

„Er ist etwas kleiner als unser Fürst. Hat eine helle Haut, dunkle Haare, grün-braune Augen,

und ist sehr schlank. Er sieht zwar nicht besser aus als der hohe Herr, ist aber auf seine Weise auch sehr attraktiv. Und eine Nase hat er...“  Traum hielt inne. Ihre Mutter sah so seltsam aus. Fast als ob sie Angst hätte. Aber das konnte nicht sein. Ihre Mutter hatte noch nie Angst gehabt. Selbst nach ihren Alpträumen wirkte sie nicht verängstigt, sondern nur wütend.

„Ist etwas Mutter? Kennst du ihn? Du siehst so seltsam aus. Kann ich dir helfen?“

„Nein, es ist nichts. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn kenne. Ich merke gerade, dar ich alt werde. Meine Tochter schwärmt nicht mehr nur für den Fürsten, sondern ist in einen Fremden verliebt.“

„Du hast doch nichts dagegen?“  Traum hoffte, daß ihre Mutter keinen Einwände haben würde. Sie mochte den Fremden mehr als jeden Einheimischen, der bisher um sie warb.

„Wie sollte ich? Du bist schon viel zu lange ohne Mann. Und wenn sich dieser Methos als ein netter, zuverlässiger Mann herausstellt, bin ich die letzte, die nein sagt. Aber jetzt entschuldige mich bitte, ich muß noch einen Krankenbesuch machen.“

 Cassandra drehte sich um, und verließ fast fluchtartig Traums Haus.

Sie ging in ihre Wohnung, nahm ihr unter dem Bett liegendes Schwert, versteckte es in ihrem Mantel und ging zur Hohen Halle.

Am Versammlungssaal und Wohnsitz des Fürsten wurde sie von den Wächtern kommentarlos durchgelassen und ging sofort zu Klawus privaten Räumen. Sie war noch nicht ganz  angekommen, als sie den inzwischen vertrauten Schmerz im Kopf fühlte. Ein anderer Unsterblicher war in der Nähe. Nun war sie sicher, daß es sich bei diesem Methos um einen der vier Reiter der Apokalypse handelte.

Ihre Wut steigerte sich. Sie wollte ihm zeigen, daß sie nicht mehr das junge unbedarfte Mädchen war, mit dem er machen konnte was er wollte. Inzwischen kannte sie die ‚Spielregeln‘ der Unsterblichen. Sie hatte einen hervorragenden Lehrer, der sie zu einer guten Schwertkämpferin ausgebildet hatte.

Sie war überzeugt, ihn besiegen zu können..

Die Räume betretend wurde ihr aber klar, daß sie Methos nicht einfach herausfordern und töten konnte. Er genoß die Gastfreundschaft des Fürsten. Sein Tod durch ihre Hand würde große Schande über Klawu bringen. Und dann wäre seine Arbeit für den Frieden im Land gefährdet. Sie atmete noch einmal tief durch und ging auf ihren Fürsten und seinen Gast zu.

Als Klawu sie sah, stand er auf, um sie zu begrüßen. „Ich grüße dich, Cassandra. Darf ich dir meinen Gast vorstellen?“

Cassandra nickte nur. ‚Wenn ich jetzt den Mund aufmache, würde ich Methos beschimpfen. Das darf nicht sein.’ Sie konzentrierte sich und versuchte sie sich selbst zu beruhigen

„Cassandra, das ist Methos, ein weitgereister und für seine Jugend sehr weiser Mann. Methos, dies ist Cassandra. Unsere beste Heilerin und Traums Mutter.“

Für einen Augenblick hatte Cassandra den Eindruck, ein Gefühl der Unsicherheit auf Methos Gesicht zu sehen, aber es war sofort wieder verschwunden. Sie beobachtete ihn intensiv. Bis auf seine Kleidung schien er sich nicht verändert zu haben. Sogar der arrogante Gesichtsausdruck war derselbe.

‚Was würde ich nicht alles dafür geben ihm diese Maske vom Gesicht zu reißen, um wenigstens einmal seine wirklichen Gefühle, seinen Schmerz zu sehen. Und dies am besten kurz bevor ich seinen Kopf nehme.’

Der Fürst konnte Cassandras Gesichtsausdruck nicht deuten, wollte aber seinem Gast weiterhelfen „Methos hat eine Frage, die ich nicht beantworten kann. Kannst du uns weiterhelfen?“

„Stellt diese Frage und ihr werdet es wissen.“

„Mein letzter längerer Aufenthalt war in Griechenland. Dort ist es Sitte, daß ein Mann eine Frau nur mit Erlaubnis ihrer Eltern näher kennenlernen darf. Ich möchte Traum näher kennenlernen. Wenn wir uns gut verstehen, möchte ich sie auch heiraten.“

Cassandra schluckte. Sie hatte alles erwartet, aber sicherlich nicht dies. Sie ermahnte sich, den Mund zu halten. Ihn nicht zu beschimpfen. Nicht ihr Schwert zu nehmen und ihm den Kopf abzuschlagen. Nicht in der Öffentlichkeit.

Klawu war amüsiert. Er deutete ihren Gesichtsausdruck als Überraschung, denn Methos’ Antrag war sehr ungewöhnlich. Bei den Kelten gab es andere Sitten und Gebräuche. Mann und Frau waren gleichberechtigt. Und wenn eine Mädchen alt genug war,  entschied sie selbst, mit wem sie ihre Zeit verbringen wollte, und nicht ihre Eltern.

Und Traum war alt genug. Inzwischen hatte sie nicht nur ihr eigenes Haus und eine Dienerin, sondern verdiente mit ihren Webereien soviel, daß man sie fast schon als wohlhabend ansehen konnte.

Mittlerweile hatte sich Cassandra gefangen. „Normalerweise habe ich keinen Einfluß, mit welchen Männern sich Traum trifft. Aber da du  nicht aus unserer Kultur stammst, möchte ich dich erst etwas näher kennenlernen. Wenn der Fürst nichts dagegen hat, möchte ich dich bitten, mich in mein Haus zu begleiten.“

‚Ah, jetzt wird er gründlich geprüft.‘ Klawu hatte nichts dagegen. Er wünschte nur, er hätte Traums‘ Vater genauso geprüft, wie Cassandra es scheinbar bei Methos wollte, denn dieser hatte Traums Mutter verlassen, als er erfuhr, daß diese schwanger war. Diese hatte dadurch ihre Lebensfreude verloren, so sehr hatte sie den Fremden geliebt. Und als sie kurz darauf erkrankte, hatte sie weder die Kraft noch das Interesse gehabt, wieder gesund zur werden.

„Ich habe keine Einwände.“

Als die beiden seine Räume verlassen hatten, fragte er sich, ob Cassandra schon eine Entscheidung getroffen hatte und seine Nachfolge antreten würde. Und ob dies der ursprüngliche Grund ihres Besuches war. Er hoffte, daß sie zusagen würde. Sie war die einzige, die sich nicht von den Druiden lenken lassen würde. So weise diese Männer auch waren, sie verlangten für ihre Götter das Blut von Menschen, die nicht  freiwillig als Opfer sterben wollten, und das würde er ihnen nicht geben.

Schweigend legten Methos und Cassandra den Weg zu ihrem Haus zurück. Dort angekommen schaute Methos sich aufmerksam um.

Cassandra kam direkt zum Kern der Sache „Was willst du hier? Spionierst du aus wie man den Hohenasperg am leichtesten erobern kann? Ist meine Tochter nur das Ablenkungsmanöver? Ich werde nicht zulassen, daß sie dasselbe Schicksal wie ich erleidet. Vorher nehme ich deinen Kopf.“

„Ich will nicht spionieren, Cassandra.  Ich habe die Reiter schon vor langer Zeit verlassen und mich verändert. Ich bin nicht mehr aufs Rauben und Morden aus. Ich will auch nicht deinen Kopf. Gib mir eine Chance, dir zu beweisen, daß ich mich wirklich verändert habe.“

Es lag viel Überzeugungskraft in seiner Stimme. Aber Cassandra wußte nicht, ob sie ihm wirklich trauen konnte. Für sie war die Erinnerung an die Reiter immer noch schmerzlich präsent.

 „Und warum willst du ausgerechnet meine Tochter kennenlernen?“

„Als ich Traum kennenlernte, wußte ich nicht, daß sie deine Pflegetochter ist.“

Methos seufzte „In Griechenland traf ich andere Frauen. Sie wirkten auf mich schüchtern, zurückhaltend und ungebildet. Damit kann ich aber nichts mehr anfangen. Ich habe Sklavinnen kennengelernt, die selbständiger und klüger sind als diese hohlen Geschöpfe. Meine Frau muß auch meine Partnerin sein. Sie muß stark genug sein um zu verkraften, daß sie altert und ich nicht. Traum ist eine intelligente und selbständige Frau. Und in meinen Augen ist sie wunderschön. Ich möchte sie näher kennenlernen um herauszufinden, ob sie auch stark genug ist.“

‚Ich habe noch nie eine längere Rede von ihm gehört. Vielleicht sagt er die Wahrheit. Aber wie soll ich es herausfinden? Und warum versucht er, sich bei mir so einzuschmeicheln?‘ „Ich könnte einen näheren Kontakt nur verhindern, wenn ich das Gastrecht mißachten und deinem Kopf nehmen würde. Sollte ich aber herausfinden, daß du Traum nur für deine Zwecke nutzen willst, werde ich mich über dieses Gesetz hinwegsetzten und dich töten. Du hast nur diese eine Chance.“  setzte sie als Warnung hinzu.

Methos nickte nur und verließ ihr Haus.

Die nächsten Wochen verliefen friedlich. Methos wohnte weiter beim Fürsten. Sie verbrachten einen großen Teil der Zeit zusammen. Methos erzählte von seinen letzten Reisen und seinen Erfahrungen, die er mit anderen Menschen gemacht hatte. 

Klawu war fasziniert. Er hatte den Eindruck, daß Methos ein sehr friedliebender Mensch war, der den Menschenopfern genauso abgeneigt war, wie er selbst.

‚Cassandra hatte sich immer noch nicht zu meinem Vorschlag geäußert. Vielleicht war es ein Fehler, ihr diese Machtposition anzubieten. Ich habe sie und ihre Freundschaft damit verschreckt. So sehr ich auch die Gespräche mit Methos genieße, vermisse ich Cassandra.‘

Er wußte nicht, daß Cassandra es tunlichst vermied, Methos zu treffen. Sie wußte nicht, ob sie ihre Gefühle genug beherrschen konnte, um ihn freundlich und zuvorkommend zu behandeln. Er warb schließlich um ihre Pflegetochter.

Traum jedoch war glücklich. Ganz besonders an Abenden wie diesen. Sie verbrachte den Abend zusammen mit Methos und ihrem Fürsten. Die beiden Männer saßen auf der gepolsterten Bronzekline, und Traum etwas abseits. Sie hatte wie immer eine Handarbeit mit und hörte zu, wie Methos und Klawu miteinander sprachen. Die aufwendige Näharbeit gab ihr einen guten Grund nicht zu reden. Denn wenn sie es tat, machte sie Fehler und es war eine sehr aufwendige Arbeit, diese zu korrigieren.

Ihr Verhältnis zu Methos wurde immer inniger. Wenn sie zu Hause an ihrem Webstuhl arbeitete  und zwischendurch aufsah,  war er des öfteren einfach da. Sie hörte ihn weder kommen noch gehen.

Er saß einfach nur da und sah sie an. Lächelte, wenn sie ihn ansah und ermunterte sie weiter zu arbeiten. Wenn sie anschließend wieder aufsah, war er weg.

Aber er ließ immer ein Geschenk da. Mal war es eine besonders schöne Blume, ein anderes Mal ein besonderes Garn in einer ungewöhnlichen Färbung. Und nie verriet er ihr, woher er wußte, welche Geschenke sie am meisten liebte. Sie fragte sich nur, warum er sie in den letzten drei Wochen noch nicht geküßt hatte. Gelegenheit gab es wirklich genug.

Jeder andere Mann den sie kannte, außer dem Fürsten natürlich, hätte schon mindestens einmal versucht, mit ihr in die Wälder zu gehen und das Frühlingsfest vorzufeiern. ‘Und was tut Methos?‘ fragte sie sich fast schon verzweifelt. ‚Ich weiß noch nicht einmal, ob er gut küssen kann. Was würde ich nicht alles für einen Kuß geben.‘

Innerlich seufzend schaute sie zu Methos und ihrem Fürsten. Die beiden waren wieder in eine Diskussion vertieft. Diesmal ging es um Glaube und gelebte Religion.

Traum hatte von Cassandra gelernt, daß die Götter, egal wie viele Menschen oder Tiere man ihnen opferte, nur das taten was sie selber wollten. Niemals das worum die Menschen baten. ‚Außer es paßt ihnen in den Kram und kommt ihren Plänen gelegen.‘

 Es wurden schon genügend Rinder geopfert und wenn eine Person sich freiwillig dazu bereit erklärte, auch ein Mensch. Sie wußte auch, daß Kriegsgefangene geopfert wurden, bevor Klawu die Herrschaft übernahm. Ihnen wurde die Kehle durchgeschnitten, um sie dann über einen Opferkesel ausbluten zu lassen. Anschließend wurde ihnen der Kopf abgeschnitten. Dieser wurde im heiligen Bezirk solange ausgestellt, bis nur noch Knochen übrig blieben. Aber da der Fürst keine Kriege führte, würden die Götter hier lange auf solche Opfer warten.

Traum schrak hoch, als sie plötzlich eine Berührung an ihrem Arm spürte. Methos hatte sich zu ihr gesetzt.

„Was ist los mit dir? Du sitzt hier bei uns, starrst auf deine Handarbeit und arbeitest trotzdem nicht. Willst du es mir nicht sagen?“ Ganz sanft faßte Methos mit seiner rechten Hand an ihr Kinn und drehte ihr Gesicht zu sich.

Vor Verlegenheit wurde Traum rot ‚Soll ich ihm jetzt sagen, daß ich mich schon seit Tagen frage wie sein Kuß schmeckt? Und das ich wissen will, ob er im Bett genauso zärtlich ist, wie auch sonst? Und daß ich genau davon geträumt habe?’

Der Fürst befreite sie aus ihrer mißlichen Situation „Methos es ist schon spät. Wie ich ‚meine Kleine‘ kenne wird sie früh aufgestanden sein, und ist nun schon wieder halb am träumen.”

‚Gut das er nicht weiß wovon ich geträumt habe‘ „Ihr habt Recht mein Fürst. Ich werde mich jetzt auf den Heimweg machen.“ Traum stand auf und wollte ihre Arbeit in den Korb packen, als Methos ihr ihn aus der Hand nahm.

„Wenn du so müde bist, werde ich dir helfen deine Handarbeiten zusammensuchen und dich nach Hause begleiten. Ich kann es doch nicht zulassen, daß du unterwegs vor Müdigkeit umfällst.“

Traum sah Methos mißtrauisch an. ‚Macht er sich jetzt über mich lustig oder meint er es ernst? Es reicht ja schon wenn der Fürst mich ‚seine Kleine‘ nennt.‘

„Wenn du meinst, daß ich auf den schrecklich langen Heimweg von ca. 500 Schritt einschlafen könnte, kannst du mich gerne begleiten. Ansonsten bist du alt genug um zu entscheiden, ob du mir auf meinen Heimweg Gesellschaft leisten willst oder nicht.“ Sie legte ihren Mantel um, nahm Methos den Korb aus den Händen und verließ wortlos die beiden Männer.

Sie war schon fast bei ihrem Haus angelangt, als sie schnelle Schritte hinter sich hörte.

Traum drehte sich aber nicht um, sondern ging weiter, bis sie vor ihrer Haustüre stand. Als sie die Türe öffnen wollte, legte sich eine Hand auf ihre Schulter und mit sanfter Gewalt wurde sie umgedreht. Traum sah Methos direkt an. Sie erwartete, daß er sich entschuldigte. Statt der Entschuldigung die sie erwartete, nahm er ihr Gesicht vorsichtig in beide Hände und küßte sie zärtlich.

Er bedeckte ihr ganzes Gesicht mit kleinen zarten Küssen und küßte dann intensiv ihren Mund. Als er sich nach kurzer Zeit von Traum löste, mußte sie sich an die Türe lehnen, um nicht umzufallen.

 ‚So hat mich noch niemand geküßt. Und ich will, daß er weitermacht.‘ Sie nahm all ihren Mut zusammen, umarmte und küßte jetzt ihn.

Als sie sich das nächste Mal von ihm trennte, bemerkte sie, daß er keinen Mantel anhatte, obwohl es ziemlich kalt war. Sie grinste Methos an  „Ich möchte nicht, daß du dich meinetwegen erkältest. Wir sollten besser reingehen. Meine Dienerin hat bestimmt ein Feuer angemacht und es wird unter meinen Decken viel wärmer sein als hier.“ Sie hatte noch nie einem Mann angeboten, die Nacht mit ihr zu verbringen. ‚Aber er ist es wert. Selbst wenn er mich anschließend verlassen sollte. Diese Nacht will ich haben.‘

Methos schüttelte den Kopf und grinste sie schief an  „Ich würde gerne. Aber ich möchte weder mit dem Fürsten, noch mit deiner Mutter Ärger bekommen. Deine Mutter wird meinen Kopf nehmen wenn ich mich nicht ehrenhaft verhalte. Und ohne Kopf kann ich mich nicht weiter mit dir treffen. Außerdem möchte ich jetzt noch nicht sterben.“

„Was für einen Unsinn hat meine Mutter dir erzählt? Ich bin alt genug, um selbst zu entscheiden, mit welchem Mann ich mein Lager wann teilen will. Ich werde morgen mit ihr reden. Und jetzt kommst du mit rein!“  Sie öffnete die Türe, nahm Methos bei der Hand und zog ihn, ohne auf seinen schwachen Protest zu achten, in ihr Haus.

Am nächsten morgen erwachte Traum mit der Gewißheit, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Sie drehte sich zu dem Mann, mit dem sie die Nacht verbracht hatte um,  und beobachtete ihn. ‚Wenn er noch einige Wochen bleibt, dann können wir vielleicht das Frühlingsfest zusammen feiern. Ich würde gerne mit ihm über das Feuer springen.‘

Als sie sich in ihrem Raum umsah, merkte sie, daß das Feuer über Nacht ausgegangen war.  Traum stand auf, ging zur Feuerstelle und entfachte es wieder. Anschließend sah sie sich in ihrem Raum um. Die Kleidungsstücke lagen immer noch dort, wo sie sie hingeworfen hatten.

Traum fragte sich, ob Methos damit gerechnet hatte, einen Vulkan zu wecken. Sie hob die Kleidungsstücke vom Boden auf und legte sie ordentlich über die Truhe am Bettende. Als sie wieder aufsah, bemerkte Traum, daß Methos wach war. Er hatte sich aufgerichtet und sah sie aufmerksam an, mit einen Blick, den sie nicht richtig deuten konnte.

„Möchtest du Frühstück oder soll ich wieder ins Bett kommen?“

„Ich bin nach dieser Nacht am verhungern. Aber ich könnte ja mit dem Nachtisch anfangen und anschließend frühstücken wir. Allerdings nur, wenn du nicht noch dringende Arbeit hast, die unbedingt heute fertig werden muß.“

„Eigentlich wollte ich noch mit dem Stoff  für Avalons Feiertagskleidung beginnen. Aber er weiß, daß ich nie pünktlich bin. Erst Nachtisch, dann Frühstück und dann wieder naschen.“ 

Kurz vor der Abenddämmerung schafften sie es, das Bett zu verlassen. Während sie sich anzogen, stellte ihr Methos ganz nebenächlich eine Frage „Ich bin jetzt schon fast einen Mondwechsel auf dem Hohenasperg und genieße seitdem die Gastfreundschaft des Fürsten. Ich möchte aber in Zukunft wesentlich mehr Zeit mit dir verbringen und zu dir ziehen. Gibt es in eurem Volk ein besonderes Hochzeitsritual oder ähnliches? Natürlich nur, wenn du nichts dagegen hast.“

Traum glaubte nicht richtig zu hören. ‚Da stellt der Kerl mir die wichtigste Frage meines Lebens und tut  als ob es nichts besonders wäre.‘

“Ich würde an deinem Haus einen Verkaufsraum anbauen. Wenn in der nächsten Zeit die Händler aus Griechenland eintreffen, bringen sie...” er konnte nicht mehr sagen. Traum umarmte und küßte ihn.

An diesen Tag schafften sie es nicht mehr, das Haus zu verlassen.

Am nächsten Morgen wurde Traum vor Methos wach. Diesmal wartete sie nicht auf sein Erwachen. Sie stand auf, zog sich an, nahm ihren Mantel und verließ das Haus. Sie war unsicher, wen sie zuerst aufsuchen sollte, ihre Mutter oder den Fürsten. Sie entschied sich für den schwierigeren Teil, ihre Mutter.

Es war früher Nachmittag, als sie zu ihrem Haus zurückkam.

Methos war noch immer dort. Er saß an ihrem Tisch, hatte ein Becher in der Hand und sah ihrer Dienerin Creil bei der Arbeit zu. Als er ihre Ankunft bemerkte, drehte er seinen Kopf und sah sie an. Es lag ein fragender Ausdruck in seinen Augen.

“Creil, du kannst jetzt gehen, wir brauchen dich heute nicht mehr.” Das, was Traum ihrem zukünftigen Mann erzählen mußte, brauchte nicht die ganze Nachbarschaft zu wissen. Sie setzte sich zu ihm nahm seinen Becher und trank einen Schluck.

“Du warst bei deiner Mutter?”

Traum konnte als Antwort nur nicken

“War es so hart mit deiner Mutter?” Es war weniger eine Frage als eine Feststellung.

“Schlimmer.” Sie sah wie Methos seine Augenbrauen hochzog und sie fragend ansah. ‘Ich werde ihm doch alles erzählen müssen.’

“Ich weiß nicht  wieso, aber meine Mutter hegt dir gegenüber sehr starke Haßgefühle. Ich habe das noch nie erlebt. Als ich heute morgen zu ihr ging, sortierte sie ihre Heilkräuter. Als ich ihr sagte, daß wir heiraten würden, da bekam sie einen Wutanfall. Ich habe noch nicht einmal verstanden, was sie gesagt hat. Sie fluchte in einer Sprache, die ich nicht kenne. In ihrer Wut hat sie einige Gefäße mit seltenen Heilkräutern zertrümmert. Ich hatte Angst, daß sie mich schlagen würde. Sie hat so etwas noch nie gemacht.”

Während sie erzählte, wurde sie von Methos in den Arm genommen, und er fing an sie sanft zu streicheln. Die Tränen, die Traum bisher zurückgehalten hatte, fingen nun an zu fließen. Sie erzählte weiter. “Sie hat mir gedroht, daß sie dich töten würde, wenn du mich heiraten würdest. Und als ich ihr erzählte, daß ich von dir schwanger sein könnte, da hat sie nur gelacht. Und dieses Lachen hörte sich so schrecklich an.”

Traum schluchzte kurz auf

“Ich verstehe das ganze nicht. Was ist nur passiert, daß sie dich so haßt?”

Ganz sanft wiegte Methos sie in seinen Armen. Er sagte nichts, hielt sie nur fest.

“Irgendwann hat sie sich dann doch beruhigt. Und sie hat sich für das, was sie gesagt hat entschuldigt. Sie meinte, daß sie mich nur glücklich sehen wollte. Und sie glaubt, daß du das nicht kannst. Sie weigerte sich aber, mir zu sagen, warum das nicht können sollst.  Sie wünscht mir alles Glück, will dich aber nicht sehen. Sie wird noch nicht einmal zu unserer Hochzeit kommen.” Sie fing wieder an zu schluchzen, fing sich aber wieder.

„Anschließend wollte ich eigentlich zum Fürsten, aber ich war zu aufgewühlt. Ich bin eine ganze Zeit durch den Ort gegangen, bis ich wieder vor meiner Tür stand. Ich weiß noch nicht einmal, wo ich gegangen bin, und ob ich jemanden getroffen habe. Meine Gedanken waren viel zu verwirrt.“ Traum barg ihren Kopf an Methos Schulter und ließ ihren Tränen freien lauf.

“Schhhh....Schhhh meine Süße. Ich will nicht, daß du meinetwegen mit deiner Mutter brichst. Uns fällt schon etwas ein. Und Cassandra wird sich bestimmt wieder beruhigen. Hast du heute schon etwas gegessen?”

Traum schüttelte den Kopf. Bemüht, sie fest in seinen Armen zu halten, beugte Methos sich nach vorne, um eine der Schalen vom Tisch zu nehmen. Er nahm die erste, die er erreichen konnte und roch daran, murmelte nur ‘ungewürzter Hirsebrei’ schüttelte sich angewidert und setzte sie ganz schnell wieder zu Seite. Er beugte sich etwas weiter vor, nahm ein Brot und eine Wurst. Dann fütterte er Traum abwechselnd mit dem Brot und der Wurst. Anschließend gab er ihr noch etwas Wein zu trinken.

Traum fühlte sich in seinen Armen sicher und geborgen. Sie merkte, daß sie müde wurde. ‘Ich habe mich wohl zuviel aufgeregt. Und genügend Schlaf habe ich die letzten Nächte auch nicht bekommen.’

Nachdem sie in seinen Armen eingeschlafen war, hob Methos sie hoch und trug sie die paar Schritte zum Bett. Er deckte sie sorgfältig zu und wachte über ihren Schlaf. Als er sicher war, daß sie die nächste Zeit nicht aufwachen würde, nahm er seinen Mantel und verließ das Haus.

Er ging zuerst zu Creil Hütte und gab ihr den Auftrag, auf Traum aufzupassen. Anschließend lenkte er seinen Schritt zur Hohen Halle.

Klawu war nicht überrascht, Methos zu sehen. Erst vor wenigen Augenblicken hatte ihn Cassandra verlassen. Sie hatte ihn angefleht, alles zu unternehmen, daß Traum und Methos nicht heirateten. Aber als er sie nach dem Grund gefragt hatte, hatte sie nur gesagt, daß dies eine sehr alte Geschichte sei und ihm nichts angehe.

Als er in Methos’ angespanntes Gesicht sah, wurde ihm klar, daß er Traum helfen mußte. Ihm wurde auch bewußt, daß er durch diese Entscheidung wahrscheinlich einen Freund verlieren würde.

„Wie geht es Traum?“ War auch seine erste Frage.

„Nicht gut. Sie hatte heute eine Auseinandersetzung mit ihrer Mutter, weil sie eingewilligt hat, meine Frau zu werden. Sie liegt jetzt im Bett und schläft“

Klawu sah Methos prüfend an. Mit einem Schlag wurde ihm einiges klar. ‚Methos sieht nicht älter als 25 Sommer aus und Cassandra sagte mir gerade, daß sie ihn schon sehr lange kennt. Dabei hat sie in den letzten 20 Jahren den Hohenasperg nicht verlassen. Er altert also auch nicht.’ Er glaubte Cassandra zu verstehen. ‚Wie schwer muß es für einen normalen Menschen sein zu altern und einen Partner zu haben, der immer jung bleibt.’

„Weiß Traum, daß du nicht alterst?“ Klawu wartete auf eine Reaktion, aber Methos zog nur eine Augenbraue hoch. Ansonsten war auf seinem Gesicht keine Reaktion zu erkennen.

„Ich hatte nicht erwartet, daß Cassandra dir soviel erzählen würde“ war sein einziger Kommentar.

Der Fürst lachte leise. „Cassandra hat mir gar nichts erzählt. Sie lebt seit 20 Sommern hier und altert nicht. Und jetzt hat sie mir erzählt, daß sie dich sehr lange kennt. Den Rest konnte ich mir zusammenreimen.“ Wieder sah er Methos prüfend an. Ihm war klar, daß Cassandra mit seiner spontanen Entscheidung gar nicht einverstanden sein würde.

 „Traum habe ich noch nichts erzählt, Fürst. Ich werde es ihr in der nächsten Zeit auch nicht erzählen. Dafür ist sie noch nicht stark genug. Der Streit mit ihrer Mutter belastet sie zu sehr. Aber wenn ich es ihr sage, ist sie stark genug. Da braucht ihr euch keine Sorgen zu machen.“

„Aber ist sie stark genug, meine Nachfolge anzutreten?“

Jetzt schien sich endlich eine deutliche Reaktion in Methos Gesicht abzuzeichnen. Grenzenlose Überraschung.

„Sie wird dich als Partner brauchen, denn alleine wird sie sich nicht gegen die Druiden und den anderen starken und reichen Männer durchsetzten können. Aber ihr zwei zusammen...“

„Gibt es denn niemand anderen, der dieses Amt übernehmen kann?“

„Wie du weißt, habe ich keine eigenen Kinder! Cassandra habe ich gefragt, aber sie scheint kein Interesse zu haben. Jedenfalls hat sie sich bis heute noch nicht dazu geäußert. Und da Traum in gewisser Weise meine Pflegetochter ist, wird man meine Entscheidung verstehen.“

„Wird man auch verstehen, daß Traum älter wird und ich nicht?“

„Verstehen nicht, aber akzeptieren! Cassandra lebt auch schon seit 20 Jahren als Segen der Götter bei uns. In dir werden sie nichts anderes sehen. Solange Traum die Macht hat und du sie berätst, wird mein Volk damit klarkommen.“

„Ich glaube nicht, daß Traum deine Nachfolge antreten will...“

Diesmal ließ Klawu ihn nicht aussprechen. „Da hast du Recht, aber sie wird wissen, daß sie keine andere Wahl hat, wenn sie den Frieden erhalten will. Deswegen wird sie zusagen. Ich werde meine Entscheidung bei eurer Hochzeit verkünden. Deswegen werde ich auch eine große Feier für euch ausrichten. Ihr werdet während des Frühlingsfestes heiraten.“

Der Fürst sah Methos prüfend an. Doch dieser schüttelte mit einem amüsierten Gesichtsausdruck seinen Kopf.

„Es gibt da ein Problem. Cassandra wird versuchen, mich zu töten, wenn sie von deinen Plänen erfährt. Und da ich nicht sterben will, werde ich sie töten müssen. Und dann kann ich nicht mehr hierbleiben und werde Traum verlassen müssen. Tut mir leid, aber Ihr habt Cassandra nicht eingeplant.“

„Ich werde mich um Cassandra kümmern.“ Aber Klawu fühlte sich gar nicht so zuversichtlich, wie er sich gab. Denn Cassandra konnte sehr starrsinnig und dickköpfig sein. Und er vermutete, daß Methos einer ihrer wunden Punkte war, obwohl er immer noch nicht wußte, wieso.

„Gut. Wenn Cassandra einverstanden ist, dann werde ich Traum beistehen, wenn sie deine Nachfolge antreten wird. Ich hoffe nur, daß es noch lange dauern wird, bis das passiert. Vielleicht findet ihr bis dahin einen passenderen Erben. Ihr müßt aber auch dafür sorgen, daß sich das Verhältnis zwischen Cassandra und Traum wieder normalisiert.“

„Damit bin ich einverstanden.“

Ohne ein weiters Wort zu verlieren drehte Methos sich um und ging. Er ließ einen sehr nachdenklichen Fürsten zurück.

 

 

Herbst

 

Als Traum von ihrem Besuch bei Cassandra nach Hause kam, war das Abendessen bereits fertig. Creil trug das letzte Gericht auf, als Methos aus seinem Laden kam. Er hatte zwei Weinschläuche in der Hand.

Zärtlich nahm er Traum in den Arm und küßte sie. ‚Warum mag meine Mutter Methos nicht?  Sie müßte doch inzwischen gemerkt haben, wie sehr er mich liebt. Er macht mir noch nicht einmal Vorwürfe, daß ich noch nicht schwanger bin.‘ Traum litt unter ihrer Kinderlosigkeit. Aber Methos tröstete sie immer wieder. Einmal hatte er ihr gesagt, daß es ihm sogar lieber sei, da er sie so nur mit ihrer Arbeit zu teilen müßte und nicht auch noch mit kleinen plärrenden Kindern. Aber irgendwie konnte sie ihm das noch immer nicht glauben.

„Hallo mein Engel! Willst du nicht wieder auf die Erde kommen?“  Lächelnd schaute Methos sie an.

Inzwischen hatte sie gelernt, daß er mit diesem Lächeln nur seine Neugierde vertuschen wollte. ‚Er  will immer wissen, was ich denke und was ich fühle. Seine Gefühle kann ich aber nur erraten. Er erzählt mir sowenig. Er hat mir noch nie gesagt, daß er mich liebt, nur daß er gerne mit mir zusammen ist. Ich kann es aber an seinem Verhalten erkennen. Wieso ist er nur so verschlossen?‘

„Warum hast du zwei Weinschläuche mitgebracht? Wir haben mit einem genug.

„Der eine Schlauch ist nur eine Kostprobe für eine neue Lieferung. Ich wollte den Wein nach dem Essen probieren. Es ist nicht viel, aber wenn er wirklich so gut ist, wie Alexander behauptet, werde ich ihn dem Fürsten zum Geschenk machen. Creil hat den Tisch noch für 2 weitere Gäste gedekt, Thurak und seine Frau kommen noch. Thurak hat heute morgen Wein gekauft und ich habe ihn gleich eingeladen”

Seit einem Mondwechsel hatte der Fürst eine Ehefrau. Sie war die Tochter eines griechischen Händlers. Klawu hatte sie zwei Tage bevor er sie heiratete kennengelernt.

 Traum fragte sich, welcher Dämon Klawu wohl zu dieser Hochzeit verleitet hatte. ‚Sie hat keine Kenntnis von unseren Sitten, keine Achtung vor unserem Glauben und Hühner sind intelligenter als sie. Aber sie hat einen enormen Busen!‘

Als Thurak und Baudichia ankamen, setzten sie sich hin und aßen. Es war eine lustige Runde, die Traum ihre Sorgen vergessen ließ.

 Nach dem Essen öffnete Methos den Weinschlauch, den er probieren wollte, schüttete einen kleine Menge in seinen Becher, und probierte. Anschließend füllte er seinen Becher noch einmal und trank voller Genuß einen weiteren  Schluck.

 „Traum, würdest du diesen Schlauch zur Hohen Halle bringen? Der Wein ist hervorragend. Man braucht noch nicht einmal Kräuter hinzu zu geben, um ihn zu verbessern. Wenn ich den Schlauch noch länger hier behalte, ist er leer.“

Seine Vorliebe für guten Wein war berüchtigt. Einmal hatte Thurak versucht, Methos ‚unter den Tisch zu trinken‘. Es hatte aber damit geendet, daß Thurak verloren hatte. Es war das erste Mal, daß er in diesem Bereich eine Niederlage einstecken mußte. Seitdem waren die beiden miteinander befreundet.

Sie nahm den Weinschlauch,  warf ihren Mantel über und hatte das Haus schon fast verlassen, als Methos ihr zurief „Sage Klawu , daß er den Wein nur alleine trinken soll. Ich habe zur Zeit nur diesen einen Schlauch und es ist zuwenig, um ihn mit anderen zu teilen.“

‚Anders übersetzt: Zahra ist es nicht Wert, diesen Wein zu trinken. Aber das würde Klawu nicht machen. Er liebte sie und merkt nicht, daß er der Einzige war der so fühlte.‘

Gedankenverloren machte sich Traum auf den Weg zum Fürsten. In der Nähe des Heiligen Bezirks traf sie auf Avalon, mit dem sie noch einige Worte wechselte. Obwohl sie seine Aufträge immer mit großer Verspätung ablieferte, wollte er weitere Arbeiten in Auftrag geben. Sie verabschiedete sich aber schnell, weil sie ihren Besuch bei Klawu möglichst schnell hinter sich haben wollte.

Traum traf Klawu alleine an. Sie war froh, daß Zahra nicht da war, denn es fiel ihr immer schwer, ein Gespräch mit ihr zu beginnen. ‚Und als Antwort kommt immer nur dieses dämliche Gekicher.‘

„Seid gegrüßt, mein Fürst. Methos bat mich, dir dieses Geschenk zu überbringen.“

“Er weigert sich noch immer zu akzeptieren, daß ich mit Zahra verheiratet bin. Ich bin in der letzten Zeit ziemlich einsam geworden. Seit eurer Hochzeit spricht Cassandra nur noch das nötigste mit mir. Und seit meiner Hochzeit scheinen mir alle aus dem Weg zu gehen. Sie verstehen einfach nicht, was ich für Zahra empfinde.“

‚Doch, sie verstehen Dich schon. Sie sehen das dein Hirn in deine Bracca gerutscht ist. Sie verstehen es schon, aber sie kommen nicht mit ihr klar. Wenn es doch nur ein hübsches junges Mädchen vom Hohenasperg wäre, dann würde man sie akzeptieren. Aber eine eingebildete, doofe Griechin...‘ Traum wußte genau, daß ihr Fürst das nicht wahrnehmen wollte. ‚Und wenn ich nicht Methos hätte, würde ich ihr vor Eifersucht die Augen auskratzen.‘

Aber natürlich erzählte sie dem Fürsten keinen von ihren Gedanken. Sie hatte es bereits einmal getan, kurz vor dieser Hochzeit. Damals wollte er ihr schon nicht glauben und nach so kurzer Zeit hatte er seine Einstellung bestimmt noch nicht geändert.

‘Sein Grab wird noch vor dem Totenfest Anfang Winter fertig werden. Bei Baubeginn sagte er schon, daß er sich nicht sicher wäre, ob er dessen Fertigstellung noch erleben würde. Jetzt hat er sogar noch diese Griechin geheiratet! Wenn sie ein Kind von ihm bekommt und er stirbt, bevor es 10 Sommer alt ist, wird der Friede im Lande gefährdet sein. Weder Methos noch ich wollten seine Nachfolger werden. Aber ein Kind kann es nicht und niemand würde Zahra als Stellvertreter akzeptieren.’

Klawu seufzte. Er wußte tief im Innern, daß Traum damals bei ihrem Gespräch recht hatte und er sah ihr an, daß sie wieder daran dachte. Aber seine Gedanken kreisten nur noch um Zahra. Nichts war sonst mehr wirklich wichtig. Nur, daß sie bei ihm im Bett war.

“Nein, wir haben noch Besuch, er hatte nach dem Essen von dem Wein gekostet und entschieden, daß er deiner würdig war. Deswegen hat er mich um den Gefallen gebeten, dir diesen Wein sofort zu geben.”

“Dann werde ich auch sofort einen Schluck trinken. Gehe du nur wieder zu deinem Mann und deinen Gästen zurück.”

Traum sah ihm zu, wie er den Wein in eine Schale schüttete, ging aber, bevor er diese ausgetrunken hatte.

Auf dem Rückweg traf sie auch noch Thurak und Boudiccia, von denen sie noch in ein Gespräch verwickelt wurde.

 

 

Gleichzeitig Traums Wohnung

 

 

“Wenn du möchtest, daß wir gehen, dann sag es doch bitte direkt. Creil hast du schon weggeschickt und jetzt räumst du so in der Wohnung, daß wir ständig im Weg sind und stellst dich dabei auch noch extra ungeschickt an.”

“Fällt das so auf?”

Methos grinste Thurak an.

“Ja, was ist los?”

“Ich möchte Traum noch überraschen, ich habe heute ein besonders Geschenk für sie. Wenn ihr jetzt geht und sie unterwegs noch etwas aufhalten könnt, dann wäre ich sehr froh.”

Das Paar mußte lächeln, nickte verabschiedeten sich von Methos und verließen das Haus.

Keiner der beiden konnte ahnen, daß Methos nur wenige Augenblicke, nachdem sie das Haus verließen, scheinbar unglücklich stolperte, mit dem Kopf auf die Umrandung der Feuerstelle knallte und starb.

Wenige Augenblicke nach Methos Tod betrat Cassandra das Haus. Sie hatte sich für den nächsten Tag zum Kräuter sammeln verabredet, aber da  bei einer Frau frühzeitig die Wehen für das erste Kind eingesetzt hatten, konnte sie nicht mit. Sie besuchte Traum nicht gerne zu Hause, da sie dort auch auf Methos treffen konnte, aber sie wollte auch nicht, daß ihre Tochter am nächsten Tag vergeblich auf sie wartete und deswegen nahm sie das Risiko auf sich.

Die Unsterbliche war nicht wenig überrascht, statt ihrer Tochter den toten Methos zu finden. Geistesgegenwärtig schloß sie die Türe und hockte sich neben ihn, um auf seine Wiederbelebung zu warten. Sie hoffte nur, daß Traum nicht vorher zurück kam, denn so mit der Unsterblichkeit des Partners konfrontiert zu werden, war keine schöne Sache.

Da sich die Geburt noch über einige Stunden hinziehen würde, nahm sich Cassandra die Zeit, auf Methos’ Erwachen zu warten. Sie wollte wissen, was passiert war, und ob es eine Gefahr für ihre Tochter darstellen konnte.

Als Methos kurz darauf die Augen aufschlug, wurde er von Cassandra mit mißtrauischen Blicken bedacht.

„Was ist passiert?“

„Ich bin gestolpert und dann wohl mit dem Kopf unglücklich gegen die Feuerstelle gestossen. Ich denke, daß ich wohl gestorben bin.“

Ruckartig richtete er sich auf.

„Hat Traum etwas gesehen? Ich möchte nicht, daß sie es so erfährt, sie soll keinen Schock bekommen?“

„Traum ist nicht hier. Und ohne Schock wird sie es nie erfahren. Aber ich glaube nicht, daß du dich so ungeschickt anstellst und so einfach hinfällst. Was ist los! Ich will die Wahrheit wissen.“

„Es ist die Wahrheit! Ich habe heute morgen ein Geschenk für Traum geliefert bekommen und will sie nachher damit überraschen. Deswegen habe ich sie auch unter einem Vorwand weggeschickt, um unsere Wohnung noch extra herzurichten. Ich wollte mich beeilen, damit ich fertig bin, wenn sie wieder zurück kommt und dabei bin ich gestolpert.“

Cassandra ließ ein verächtliches Schnauben hören.

„Der Tod wird häuslich. Ich glaube dir kein Wort. Wenn ich herausbekomme, was du planst, dann werde ich alles tun, was in meiner Macht steht, um deine Pläne zu vereiteln.“

Die Unsterbliche stand auf und verließ Methos ohne einen Blick zurück zu werfen.

An der Türe traf sie Traum, die wieder zurückkam.

Cassandra informierte Traum, daß sie am nächsten Tag nicht mitkommen könnte und machte sich auf den Weg, um die Geburtshilfe zu leisten. Die ganze Zeit zermartete sie ihr Gehirn, welche Pläne Methos diesmal ausheckte.

Die Geburt erwies sich jedoch als wesentlich schwieriger, als sie angenommen hatte. Das Kind lag falsch im Mutterleib. Cassandra kämpfte die ganze Nacht um Mutter und Kind. Aber sie schaffte es nicht, das Kind zu drehen. Der Morgen graute schon, als sie das Risiko einging und die Mutter aufschnitt, um wenigstens das Kind zu retten. Die Überlebenschancen der Mutter waren nach diesem Schnitt gleich Null. Aber es war zu spät. Das kleine Mädchen hatte nach den vielen Stunden Geburtswehen keine Kraft mehr zu überleben. Auch die junge Frau starb kurz darauf an dem hohen Blutverlust.

Müde und deprimiert ging sie nach Hause. Sie wollte sich nur noch das Blut abwaschen, frische Kleider anziehen, schlafen und vergessen.

Aber zu Hause angekommen wartete schon Berignaqu, der älteste Druide, auf sie. So wie er aussah, hatte er die ganze Nacht auf sie gewartet.

Sie kannten sich schon lange und waren gut befreundet. Sie halfen beide den kranken Menschen, wo es nötig war. Sie arbeiteten Hand in Hand, nur bei religiösen Angelegenheiten ging Cassandra auf Abstand. Sie mochte es nicht, daß Berignaqu für seine Götter Menschenopfer forderte und hatte schon so manche Nacht mit ihm am Feuer gesessen und versucht, seine Überzeugung zu ändern. Vergeblich.

„Es tut mir leid, daß ich jetzt erst zurück komme, aber eine Patientin benötigte meine Hilfe.“

„Das macht nichts. Die Lebenden bedürfen deiner dringender als die Toten. Geht es deiner Patientin jetzt besser?“

Cassandra schüttelte traurig den Kopf

„Nein, weder die Frau, noch das Kind hat die Geburt überlebt. Sie war noch so jung und es war ihre erste Geburt. Aber so wie du dich ausdrückst, ist jemand gestorben. Wer ist es, daß du die ganze Nacht auf mich gewartet hast.“

„Der Fürst ist tot. Er ist gestern abend gestorben.“

Alle Befürchtungen, die sie wegen Methos hatte, waren wieder da. Was hatte er für gestern geplant?

„Wie ist er gestorben. Hatte er einen Unfall? Was ist passiert?“

„Ich weiß es nicht genau. Ich persönlich glaube, daß er sich bei Zahra im Bett übernommen hat und daran gestorben ist, aber Zahra beteuert, daß er sie gestern Nacht nicht angerührt hat. Es kann auch sein, daß sie meint, sich schützen zu müssen. Ich weiß nicht, für was für Barbaren sie uns hält und ob sie denkt, daß wir sie dafür bestrafen, daß er sich in seinem Alter übernommen hat. Kannst du bitte mit ihr sprechen. Du sprichst doch Griechisch. Vielleicht kannst du sie dazu bringen, uns zu erzählen, was wirklich vorgefallen ist.“

„Ich werde es machen. Aber erst esse ich etwas und mache mich frisch, sonst habe ich keine Geduld. Ihr Wesen geht mir ganz gewaltig auf die Nerven.“

„Nicht nur dir. Ich hoffe nur, daß sie nicht schwanger ist. Traum ist seine Nachfolgerin und wenn Zahra ein Kind bekommt, dann wird das Ganze sehr schwierig. Es ist niemals gut, wenn der Herrscher noch nicht den Windeln entwachsen ist und die Mutter unfähig ist, an seiner Stelle zu regieren.“

‚Oh ja, Traum wird Klawus Nachfolgerin und Methos ist der wahre Herrscher im Hintergrund. Wie gut er das doch kann und ausgerechnet Traum ist die Marionette im Vordergrund’ Aber Cassandra hütete sich, diesen Gedanken laut auszusprechen.

„Ich werde mir Mühe geben, die Wahrheit zu erfahren, kann dir aber nichts versprechen. Wer weiß noch über seinen Tod bescheid?“

„Nur Avalon, einige Krieger, die die Hohe Halle bewachen und ich. Wir wollen vermeiden, daß Gerüchte aufkommen, bevor seine genaue Todesursache bekannt ist.“

„Gut, bitte sage Traum und Methos noch nichts. Ich weiß, daß es eigentlich deine Aufgabe ist, aber sie ist meine Tochter. Und ich möchte ihr es selber sagen.“

„Da es noch kein anderer weiß, können wir es so machen, aber du mußt ihnen, nachdem du mit  Zahras Befragung fertig bist, bescheid sagen.“

„Das ist selbstverständlich. Ich möchte auch selber herausfinden, wie der Fürst gestorben ist. Deswegen werde ich wohl etwas länger bleiben.“

Berignaqu war damit einverstanden und ging, damit Cassandra sich umziehen konnte.

Kurze Zeit später betrat sie in sauberen Kleidern die Hohe Halle. Bevor Cassandra die Leiche des Fürsten untersuchte, mußte sie von Zahra wissen, was wirklich passiert war.

In den privaten Räumen fand sie die Griechin, die weinend auf dem Bett lag. Wie hatte sich diese Frau innerhalb einer Nacht verändert. Keine kunstvolle griechische Frisur, keine sorgfältigst geglätteten Kleider. Die Farbe, mit der sich Zahra immer ihr Gesicht anmalte, war verschmiert und ihre Augen waren rot und verquollen.

Die Unsterbliche setzte sich neben Zahra aufs Bett und nahm sie in den Arm, versuchte sie zu trösten und zu beruhigen. Zahras Verhalten hatte sich grundlegend geändert. Statt Cassandras Angebot hochmütig abzulehnen, klammerte sich die Griechin verzweifelt an sie fest und weinte nur noch heftiger. Nichts konnte sie beruhigen.

Es dauerte einige Zeit, bis Zahra keine Tränen mehr hatte und nur noch trocken schluchzte. Irgendwann konnte Zahra auch nicht mehr schluchzen, sie hatte einfach keine Kraft mehr dazu. Jetzt hielt Cassandra die Zeit für gekommen, etwas mehr zu tun, als sie einfach nur in den Arm zu halten. Sie löste sich behutsam von ihr, holte einen Krug mit Wasser und goß etwas davon in die zwei goldenen Schalen, die am Kopfende des Bettes stand.  Sie tauchte ein Tuch in das Wasser der einen Schale und setzte sich wieder zu Zahra. Sie half der Griechin beim hinsetzen, stützte sie und wischte ihr gleichzeitig mit dem feuchten Tuch das Gesicht ab. Nachdem sie die ganze Farbe abgewischt hatte und die Augen mit dem Tuch etwas gekühlt hatte, nahm sie die andere Schale und gab Zahra etwas zu trinken.

Nachdem diese die Schale geleert hatte,  hielt sie die Zeit für gekommen, Zahra einige Fragen zu stellen.

„Ich weiß, das du eigentlich nicht in der Stimmung bist Zahra, aber ich bitte dich, mir doch einige Fragen zu stellen“

Zahra blickte erstaunt auf. Es war das erste Mal, daß Cassandra mit ihr griechisch redete

„Willst du mich auch schon so aushorchen wie die Druiden? Willst du mir auch nicht glauben wie diese Männer?“

„Ich möchte die Wahrheit erfahren. Und du hast keinen Grund mich anzulügen, denn du hast durch seinen Tod am meisten verloren.“

Zahra schluchzte wieder kurz auf, fing sich aber wieder

„Du hast recht. Ich bin hier alleine ohne Verwandte, die mich beschützen können, mein Vater kommt erst nächstes Frühjahr wieder und außer dem Fürsten hassen mich alle.“

Cassandra beschloß, nicht weiter darauf einzugehen, da Zahra durch ihr früheres Verhalten die Hauptschuld daran trug.

„Eben. Kannst du mir bitte erzählen, was gestern passiert ist? Kam besonderer Besuch, hat sich der Fürst über irgend etwas aufgeregt, oder hat ihn jemand besonders gereizt?“

„Nein eigentlich nicht, deine Tochter Traum, kam gestern abend kurz zu Besuch, und als sie weg war, war der Fürst nur traurig. Er hatte bei unserer Hochzeit gehofft, daß wir beide Freunde werden können. Aber wie alle anderen mochte sie mich nicht. Sie hat mich verachtet.“

Zahra brachte ein kurzes Schulterzucken zustande.

„Ich hatte gehofft, daß wenigstens sie etwas Verständnis für meine Kultur hatte, da sie auch einen Fremden geheiratet hatte, aber ihre Blicke waren noch schlimmer als die der andern. Sie ist eine Barbarin“ Für einen kurzen Moment kam wieder die stolze Griechin zum Vorschein. Dies verschwand aber sofort wieder.

„War sonst noch jemand zu Besuch?“

„Nein, nur deine Tochter, die von ihrem Mann ein Geschenk gebracht hatte.“

Alarmiert blickte Cassandra auf.

„Was für ein Geschenk?“

„Einen kleinen Schlauch mit Wein. Ich glaube, daß es eine Kostprobe für eine Lieferung war, die noch kommen soll.“

„Hat einer von euch schon den Wein getrunken?“

„Der Fürst hat den Schlauch leergemacht. Und anschließend war er enttäuscht, weil im Bett nichts mehr lief. Aber das ist immer, nein war immer... wenn er etwas getrunken hat. Dann will er und kann nicht. Und anschließend ist er eingeschlafen und hat geschnarcht. Irgendwann bin ich auch eingeschlafen. Und dann bin ich aufgewacht, weil es so still war. Da lag er tot neben mir.“ Zahra fing wieder an zu schluchzen.

Cassandra blickte sie bestürzt an. Sie betete, daß sich ihr Verdacht nicht bewahrheiten würde, denn die Konsequenzen wären schrecklich.

Sie schüttelte Zahra leicht, damit diese sich wieder auf ihre Fragen konzentrierte.

„Hat Klawu etwas anders gegessen oder getrunken, als du?“

„Ich habe nur den Wein deiner Tochter nicht getrunken. Ich mag es nicht, wie ihr ihn würzt. Es ist nicht die griechische Art. Aber was wird jetzt aus mir? Ihr opfert mich doch nicht bei seiner Beerdigung? Ich habe zu Hause schon einiges darüber gehört.“

„Nein, seit Klawu die Herrschaft übernommen hatte, konnte er verhindern, daß ein Mensch geopfert wurde, der es nicht selber wollte. Ich werde alles, was in meiner Macht steht, unternehmen, damit das alte Gesetz auch nicht mehr angewendet wird. Du könntest auch wieder nach Griechenland gehen. Ich weiß von einigen Griechen, die in den nächsten Tagen nach Hause reisen. Ich kann sie fragen, ob sie dich mitnehmen.“

„Aber es ist für eine alleinstehende Frau nicht schicklich, alleine zu reisen. Ich kenne die Männer nicht und ich habe Angst, was mir auf dieser Reise mit fremden Männern passieren könnte“

„Das mag bei euch Griechen so sein, wir denken da anders. Aber du mußt selbst entscheiden, was du willst, entweder du bleibst hier und ich versuche dich zu beschützen, oder du schließt dich den Griechen an und reist mit ihnen nach Hause.“

„Ich will und ich kann nicht ohne einen Mann, der mich beschützten kann, hier bleiben.“ Cassandra riß sich zusammen, es tat weh, wenn eine Frau so wenig Selbstvertrauen hatte und dies auch auf alle anderen Frauen ihrer Umgebung übertrug.

„Dann wirst du dir wohl einen neuen Mann suchen müssen. Aber ich glaube nicht, daß hier jemand mit einer Griechin ein Verhältnis eingeht, ganz zu schweigen von einer Heirat.“

„Aber ich bin doch noch nie ohne meinen Vater unterwegs gewesen. Ich habe Angst.“

„Dann bleibe hier. Du mußt selbst entscheiden, was du willst.“

„Aber beide Möglichkeiten sind furchtbar. Gibt es keinen anderen Weg?“

Langsam wurde Cassandra ungeduldig. Sie hatte in den letzten Jahren ganz vergessen, wie unselbständig Griechinnen waren. Aber wenn sie es schaffte, daß Zahra schnellstens den Hohenasperg verließ, dann wäre wenigstens eine Sorge in der Nachfolge erledigt, denn wenn sie ein Kind erwarten würde und für dieses die Nachfolge beantragen würde, dann wäre das Chaos komplett. Es war zwar ihr gegenüber nicht fair, aber das Wohl der Gemeinschaft war wichtiger. Sorgfältig wählte sie die nächsten Worte, um Zahra in ihrem Sinne zu beeinflussen.

„Es tut mir leid, aber es gibt keine andere Wahl. Aber wenn ich an deiner Stelle wäre, dann würde ich gehen. Es ist zwar lange nicht mehr vorgekommen, aber außer mir sind alle gegen dich und sehen in dir eine Gefahr. Ich versuche, dich zu beschützen, aber das wird nicht einfach sein. Dich zu opfern, wäre der einfachste Weg, dich zu beseitigen. Und die Druiden sind sehr erfinderisch, was die Art der Opferung angeht. Ich habe schon von sehr grausamen Todesarten gehört. Je länger du bleibst, um so gefährlicher wird es für dich.“

Cassandra sah Zahra an, daß diese ihr jedes Wort glaubte. Die Griechin wurde kalkweiß im Gesicht, als sie hörte, daß der Opfertod sehr grausam sei. Kurz darauf blickte sie Cassandra in die Augen. Sie hatte eine Entscheidung getroffen.

„Ich werde den Hohenasperg sofort verlassen! Wie komme ich am schnellsten hier weg?“

„Ich werde alles für dich regeln. Du packst nur deine persönlichen Sachen und wartest. Ich werde dir bescheid sagen, wer dich wann abholt.“

Sie nahm Zahra noch einmal kurz in die Arme, drückte sie, und ging. Erst als sie das Schlafzimmer verlassen hatte und Zahra sie nicht mehr sehen konnte, gestattete sie sich ein erleichtertes Aufatmen. Unwillkürlich mußte sie aber direkt im Anschluß gähnen. Cassandra versuchte ihre Müdigkeit zu unterdrücken und konzentrierte sich auf ihre nächste Aufgabe:  den toten Fürsten zu untersuchen, um herauszufinden, wie er gestorben war.

Es war ihr aber leider nicht möglich seinen Toten Körper aufzuschneiden und seine Innereien zu untersuchen, weil dies nur den Druiden gestattet war. Es war ihr nur gestattet, wenn mehrere Druiden ihr die Erlaubniss dazu gab. Und wenn sie mit dieser Untersuchung nicht einverstanden waren, dann bestand die Gefahr, daß man wahrscheinlich seinen Kopf verlieren würde, wenn man es trotzdem tat. Cassandra ärgerte, daß sie vergessen hatte Berigniaqu zu fragen und mußte sich mit einer oberflächlichen Untersuchung zufrieden geben Aber nur durch das Anschauen und Befühlen seiner Haut und der Augen, konnte sie aber nicht feststellen, woran er gestorben war. Es gab zwar einige Gifte, die die Haut verfärbten, aber die meisten taten es nicht. So konnte sie nach einer kurzen Untersuchung nichts finden, das ihren Verdacht bestätigte.

Sie machte einen kurzen Abstecher zu ihrer Wohnung, nahm ihr Schwert, versteckte es in ihrem Mantel und ging zu Traums Haus.  `Ich weiß, wie unglücklich Traum wird, wenn ich ihr den Tod des Fürsten mitteile. In den letzten Monaten war er für sie der Vater geworden, den sie nie hatte. Er hatte versucht, ihr alles beizubringen, was sie wissen mußte um den Hohenasperg zu regieren. Ich kann ihr nicht erzählen, was für einen schrecklichen Verdacht ich habe, Traum würde es sowieso nicht glauben. Und wenn es wahr wäre, dann würde sie an der Tatsache zerbrechen, daß sie mitverantwortlich ist. Ich werde Methos damit konfrontieren.’

 

An der Haustüre angekommen zögerte sie, sie hätte zwar auch den Nebeneingang durch Methos’ Geschäft nehmen können, aber dann würde sie direkt mit Methos zusammentreffen, was sie vermeiden wollt. Als erstes wollte sie mit Traum sprechen und ihr die traurige Nachricht überbringen.

Sie mußte ihren ganzen Mut zusammennehmen, bevor sie an die Türe klopfte. Wie sehr sie es haßte, Verkünder schlechter Nachrichten zu sein.

Leider öffnete ihr nicht, wie erwartet, Traum, sondern Methos machte die Tür auf.

Cassandra sparte sich eine Begrüßung, stieß Methos zur Seite und ging in den Wohn- und Schlafraum. Als sie Traum dort nicht fand, ging sie in den Verkaufsraum. Dort war aber nur Creil.

„Mach den Laden zu und gehe nach Hause. Heute wird hier nichts mehr verkauft.“ 

Der herrische Tonfall machte deutlich, daß Cassandra keinen Widerspruch dulden würde. Mit einem vorsichtigen Blick auf Methos, der Cassandra gefolgt war, machte sie die Läden der Auslage zu, nahm ihre Sachen und ging.

„Und, was willst du hier?“

„Wo ist Traum?“

„Sie ist heute morgen losgegangen um Kräuter zu sammeln. Wie ich sie kenne, wird sie erst zurückkommen, wenn es dämmert. Willst du hier solange warten oder kann ich ihr etwas ausrichten? Du siehst müde aus. Willst du dich setzten?“

Cassandra ärgerte sich, daß man ihr die durchwachte Nacht ansehen konnte. Aber ihre Stimmung konnte nicht noch schlechter werden.

„Ich werde auf Traum warten, aber ich habe auch einiges mit dir zu besprechen.“

„Bitte. Ich stehe zu deiner Verfügung. Du hast ja dafür gesorgt, daß uns nichts stören kann.“  Die Ironie in der Stimme war nicht zu überhören, aber Cassandra beachtete sie nicht.

„Wo war Traum gestern, als ich dich gefunden habe? Wo hast du sie hingeschickt?“

„Zum Fürsten, ihm etwas Wein bringen. Es war so am einfachsten, sie für eine Weile aus dem Haus zu haben. Wird das eine Befragung? Du hast dich wirklich sehr verändert in den letzten Jahren.“

„Ich bin auch keine Sklavin mehr. Was hast du in den Wein getan?“

„Nichts, er war so gut, daß er keine Kräuterzugabe benötigte. Ich habe ihn so weitergegeben, wie ich ihn bekommen hatte. Was soll das?“

„Hast du gestern den Wein getrunken?“

„Natürlich, ich muß doch wissen, was ich dem Fürsten schenke. Schlechter Wein wäre nicht gut für mein Geschäft.“

„Hattet ihr gestern Besuch?“

„Ja, Thurak und seine Frau waren da.“

„Haben sie auch von dem Wein probiert?“

„Was willst du von mir? Nein, sie haben nicht von den Wein getrunken, dafür war nicht genügend da. Warum antworte ich dir eigentlich? Worauf willst du hinaus? Erwarte nicht, daß ich dir noch weiter antworte.“

„Dann kläre ich dich auf. Du bist gestern rein zufällig direkt nach dem Genuß des Weines gestorben. Was für ein Zufall, daß der Fürst gestern nacht auch gestorben ist. Und ihr beiden seid die einzigen, die diesen Wein genossen haben. Methos, du warst schon immer für deine perfiden Pläne berühmt. Aber das hier ist die Glanzleistung!“

Methos sah Cassandra an, zuckte aber mit keiner Wimper und reagierte nicht auf ihre Vorwürfe.

„Du bist zusammen mit Traum der Nachfolger des Fürsten. Diese ist aber gefährdet, seit Klawu diese Griechin heiratete. Wenn sie ein Kind von ihm bekommen würde, dann wäre es der neue Nachfolger. Also tötest du den Fürsten. Warum du zwei Monde gewartet hast, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht liegt das an dem Gespräch, das du vor einigen Tagen mit Klawu geführt hast. Du nimmst ein Gift, mischst es in den Wein und trinkst vor Zeugen selber davon. Dann sorgst du dafür, daß Traum den Wein zu Klawu bringt und die anderen Zeugen dich verlassen. Sie wissen im Gegensatz zu mir nicht, daß du unsterblich bist. Dein Pech, daß ich gerade in dem Moment vorbeikomme und dich finde. Ansonsten hätte auch ich keinen Verdacht gehabt, daß du den Fürsten umgebracht hast.“

„Und was willst du jetzt unternehmen?“ Methos Stimme klang normal, fast so, als ob er sich über ihren Verdacht nur amüsieren würde.

„Ich werde dafür sorgen, daß du nicht die Herrschaft übernimmst. Notfalls klage ich dich des Mordes an.“

„Dann wirst du auch Traum anklagen. Sie ist mit mir verheiratet und hat ihm den Wein gebracht. Du glaubst doch nicht, daß die Druiden diese Gelegenheit ungenutzt lassen, um wieder mehr Macht über den Hohenasperg zu gewinnen. Egal was du gegen mich unternimmst, Traum wirst du gefährden.“

Methos Stimme war jetzt so kalt und gefühllos, wie damals. Cassandra  lief eine Schauer über den Rücken. Seinem Gesicht war  wieder einmal keinerlei Gefühl abzulesen. ‚Dieser Mistkerl will mich wieder in seine Hand bekommen.’ Eiskalte Wut breitete sich in Cassandra aus.

„Dann fordere ich dich jetzt zum Kampf.“ Sie löste die Fibel, die den Mantel zusammenhielt und zog ihr Schwert. Der Verkaufsraum war zwar sehr schmal, aber sie schaffte es, in Angriffsstellung zu gehen.

„Du hast dich gar nicht verändert Methos. Du bist immer noch ein Reiter der Apokalypse. Aber an mir wirst du scheitern. Ich werde deinen Kopf nehmen.“

„Tut mir leid, aber ich habe mich ein wenig verändert, denn ich töte nicht mehr zu meinem Vergnügen, sondern nur noch wenn es für mich von nutzen ist. Und gegen meine Schwiegermutter kann ich deswegen nicht kämpfen. Traum würde es mir nie verzeihen, wenn ich dich töten würde, so gerne ich es auch machen würde. Und ich brauche sie, um den Hohenasperg zu beherrschen. Da du aber keinen Unbewaffneten töten kannst, bist du auch keine Gefahr für mich. Dein Gewissen steht dir wieder ein mal im Weg“

Er lachte genauso, wie er sie auch damals ausgelacht hatte Der Tod verhöhnte sie und nicht mehr der Methos, der angeblich so besorgt um das Wohl ihrer Tochter war. Cassandra hob ihr Schwert, um ihn zu töten. Sie wollte ihm den Kopf von seinem Körper trennen. Ihre Hand zitterte, als sie zuschlagen wollte. Es ging nicht, sie konnte sich nicht zwingen, das Schwert auf einen unbewaffneten niedergehen zu lassen. So sehr sie ihn auch haßte, es ging nicht. Er  hatte wieder einmal recht.

Mit einem Wutschrei trieb sie das Schwert in den Verkaufstresen und lief aus dem Haus. Er sollte nicht sehen, daß sie weinte, weil sie versagt hatte.

 

Traum wich zitternd in das Innere ihres Hauses zurück. Im Gegensatz zu Cassandra wußte sie, daß es einen Grund geben könnte, um den Fürsten umzubringen. ‚Aber ich kann nicht glauben, daß Methos Klawu deswegen getötet haben soll. Schon gar nicht, daß er mich geschickt hat, um den Wein zu überbringen. Und was erzählt Mutter da über Unsterblichkeit?  Darüber gibt es doch nur Märchen.’

Eigentlich war sie so früh zurückgekommen, um Methos zu überraschen. Nach dem Geschenk, daß er ihr am Vorabend gemacht hatte, wollte sie den restlichen Tag mit ihm im Bett verbringen. Statt dessen bekam sie als unfreiwilliger Lauscher diese Auseinandersetzung mit.

Verstört setzte sie sich auf ihr Bett. Sie wollte ihre Gedanken ordnen, bevor sie ihrem Mann wieder gegenübertrat, bemerkte aber nicht, daß sie schon längst von Methos entdeckt und beobachtet wurde.

Sie schreckte zusammen, als sich von hinten ganz sachte zwei Hände auf ihre Schultern legte. Traum schaute auf und sah in Methos’ ernstes Gesicht. Sie zuckte zurück. Sie wollte noch nicht mit ihm über das Gehörte sprechen, aber wenn sie ihn jetzt nicht darauf ansprechen würde, dann würde er ihr keine weitere Gelegenheit dafür geben.

Sie schaute ihm direkt in die Augen.

„Methos, ich habe dein Gespräch mit meiner Mutter mitgehört.“

Er zog ironisch die Augenbraue hoch

„Das kannst du doch nicht ernsthaft ein Gespräch nennen. Ich habe ihr genau das gesagt, was sie hören wollte und nicht die Wahrheit, denn die würde sie mir nie glauben.“

„Warum hast du das getan? warum glaubst du, daß sie dir nicht glaubt? Ich weiß, daß meine Mutter immer jeden anhört, bevor sie über jemanden Urteilt!“

„Weil wir uns schon länger kennen, als du es dir vorstellen kannst. Und damals habe ich ihr wirklich Grund gegeben mich zu hassen. Uns seitdem mißtraut sie mir.“

Sein Gesicht wirkte wie immer. Ruhig, gelassen, fast schon emotionslos. Traum versuchte, sein Alter zu schätzen. Es ging nicht.

„Hat es etwas mit dem zu tun, was Cassandra über die Unsterblichkeit gesagt hat?“ Sie stockte, der Gedanke war doch zu abwegig. Er konnte einfach nicht wahr sein.

Traum hörte wie Methos resigniert aufseufzte, er ließ sie los und zog sein Messer. Erschrocken rutschte sie von ihm weg. Sie bekam plötzlich Angst. Vielleicht stimmte ja doch, was Cassandra eben behauptete und er wollte sie jetzt töten, um sie loszuwerden.

„Du brauchst keine Angst zu haben. Ich will dir nur zeigen, daß eure alten Sagen der Wahrheit entsprechen.“

Mit einem energischen Ruck zog er das Messer über seine Handfläche, bis das Blut aus der Wunde spritzte. Entsetzt sah Traum zu, wie der Blutstrom aus der Wunde lief, dann erschienen einige blaue Blitze über der Verletzung und wie durch ein Wunder schloß sich die Wunde und es schien, als ob es diese Verletzung nie gegeben hätte.

Ein irrationaler Gedanke kam ihr ‚Weg, lauf so weit wie mögliche von diesem Wesen weg.’ Traum rutschte vom Bett und versuchte wegzulaufen, aber Methos mußte ihre Reaktion vorausgesehen haben. Er stand neben ihr und hielt sie an einem Arm fest, so daß sie nicht mehr weg konnte. Er schien auf sie einzureden, aber sie blockte alles ab. Sie wollte nur noch weg, irgendwohin, wo sie in Ruhe nachdenken konnte. Sie tat so, als ob sie seinem Griff um ihren Arm nachgab und als er ihn lockerte, riß sie sich mit all ihrer Kraft los. Sie kam auch los von ihm, überschätzte ihren Schwung, stolperte und versuchte sich wieder zu fangen. Sie schaffte es aber nicht.

 

Methos beugte sich über Traum, die am Boden lag, sie war tot. Er hob sie hoch und legte sie aufs Bett. Dann begann er systematisch seine Sachen zu packen. Als er damit fertig war und im Stall den Packesel mit diesen Sachen beladen hatte, war die Abenddämmerung noch einige Zeit entfernt.

Er ging wieder ins Haus zurück und suchte im ganzen Haus Traums Arbeitsgeräte, einiges Kochgeschirr und ihre Lieblingskleidung zusammen und legte sie zu ihr aufs Bett.

Dann wartete er auf die Nacht.

Als es dunkel war, holte er sein Pferd und den Packesel aus dem Stall und ging wieder ins Haus. Er ging direkt zum Bett und hauchte Traum einen Kuß auf die Stirn. Anschließend nahm er einen brennenden Holzscheit aus der Feuerstelle und zündete ihr Bett an. Er lief aus dem Gebäude und schwang sich auf sein Pferd. Er wartete bis man die Flammen auch von außen sah. Es war einfacher den Hohenasperg ungesehen zu verlassen, als ihn zu betreten. Und Methos hatte große Erfahrung heimlich zu verschwinden. Keine Wache bemerkte, wie er den Berg, den er für kurze Zeit bewohnt hatte, verließ

 

Cassandra erwachte, als kurz nach der Dämmerung ein Feuer gemeldet wurde. Sie hatte sich, als sie nach der Auseinandersetzung mit Methos in ihr Hause kam, auf das Bett geworfen und vor Wut geweint. Irgendwann hatte ihr Körper sein Recht gefordert und sie war eingeschlafen.

Es war nicht das erste mal, daß es Feueralarm gab. Immer wieder brach durch Unachtsamkeit ein Brand aus. Wichtig war nur, daß er sich nicht ausbreiten konnte und den Verletzten schnell geholfen wurde.

Die Unsterbliche zog sich an und machte sich auf die Suche zum Brandherd, um Hilfe zu leisten. Kurze Zeit später mußt sie hilflos mit ansehen, wie das Haus ihrer Tochter niederbrannte. Weder Traum noch Methos konnten gefunden werden. Nur eine weinende Creil, die in die Flammen starrte.

Die ganze Nacht wachte Cassandra an dem niedergebrannten Haus, in der Hoffnung, daß Traum doch nichts passiert war und sie wieder vor ihr stand. Berignaqu und Creil wachten mit ihr. Sie versuchten ihr beizustehen und sie zu trösten, konnten aber nicht verhindern, daß ihre Gedanken wanderten. Cassandra machte sich Vorwürfe, daß sie Methos nicht getötet hatte, als sie am Vortag die Möglichkeit hatte, denn damit hätte sie dieses Unglück verhindern können. Besondere Vorwürfe machte sie sich, daß Traum wahrscheinlich wegen ihres Gewissenkonfliktes sterben mußte.

Gegen Mittag des nächsten Tages war die Asche so weit abgekühlt, daß man nach Leichen  suchen konnte. Einige Bekannte halfen Cassandra bei der Suche. Dort wo früher das Bett stand fand Cassandra die Knochen von einem Menschen. Da wußte sie, daß Methos für Traums Tod verantwortlich war.

Sie konnte aber nicht sofort seine Verfolgung aufnehmen, da sie für die Menschen auf dem Hohenasperg Verantwortung übernommen hatte. Aber sie hatte Zeit, und wenn es tausend Jahre dauern würde, eines Tages würde Methos für das bezahlen, was er Traum und ihr angetan hatte. ‚Und nichts, weder mein Gewissen, noch ein anderer Mensch wird mich davon abhalten können’ schwor sie sich.

 

 

 

Nachtrag:

Den Fürsten vom Hohenasperg hat es tatsächlich gegeben. Besser bekannt ist er als Fürst von Hochdorf, wo sein Grab liegt. Sein Tod wird auf ca. 520 v.Chr. datiert. Er wurde im Herbst begraben und die Todesursache ist bis heute ungeklärt. Alle weiteren Handlungen sind reine Fiktion, aber seine Statur und sein Alter stimmen mit dem Fund überein und sämtliche Gebrauchsgegenstände (bis auf das Bett) des Fürsten, die in dieser Geschichte erwähnt wurden, wurden in seinem Grab gefunden.