Eine schöne Bescherung
von
Counselor
und Jeherion



Irgendwie, irgendwo, irgendwann

Der heiße Westwind strich sanft, aber unaufhaltsam über die Dünen. Hier und da wirbelte er kleine Fontänen aus Sand auf oder ließ die dürren Blätter der wenigen Pflanzen, die es schafften, in dieser Hitze zu überdauern, rascheln. Das Zeltlager lag verlassen - so hatte es zumindest den Anschein. Auf Stöcke gespießt hingen einige Schädel, denen die Sonne die letzten Fleischfetzen vom Knochen brannte. Über der Feuerstelle röstete ein Unterarm, die Hand - im Augenblick des Todes zu einer Kralle verkrampft - baumelte ruhelos durch die kleiner werdenden Flammen. Beißender Geruch zog durch das Lager und plötzlich schob sich das Fell am Eingang eines der vier Zelte zur Seite.

Der große, grimmg dreinblickende Mann spuckte verächtlich in das Feuer. Seine grau-blauen Augen drückten jene Mißbilligung aus, die sich einen Atemzug später in einem lauten Schrei manifestierte. "CASPIAN!!!!!"

Ein weiteres Zelt öffnete sich und ein durchtrainierter Kämpfer schob sich ins Sonnenlicht. Seine dunklen Augen blitzten vor dem Wahnsinn, der sich in ihnen widerspiegelte, sein Haupt war bis auf einen schmalen Streifen schwarzen Haares rasiert und auf einer Seite seines kahlen Schädels prangte das Abbild eines Drachen. Er näherte sich gemächlich der Feuerstelle und stellte die ohnehin geringe Geduld seines Gegenübers auf eine harte Probe. "Gibt's ein Problem, Kronos?"

"Hab' ich dir nicht schon tausendmal gesagt, du sollst dir für deinen Extra-Appetit eine Feuerstelle außerhalb machen?" Der als Kronos angesprochene zeigte auf den Arm, der langsam vor sich hin kohlte. "Jetzt haben wir den Gestank im ganzen Lager!"

Mittlerweile hatten sich auch die beiden anderen Bewohner des Lagers zu ihnen gesellt und verfolgten gespannt die Auseinandersetzung am Feuer. Sie wußten, wie es ausgehen würde - die Anordungen Kronos' stellte niemand in Frage, er war der unangefochtene Anführer der Truppe. Einzig Methos, ein mittelgroßer Mann von unglaublicher physischer Präsenz und brilliantem Verstand, konnte es wagen, sich mit ihm anzulegen oder ihm Ratschläge zu erteilen. Kronos blickte auf und schaute in die braun-grünen Augen seines Seelenbruders. "Sag' mir, Methos, bin ich denn nur von Idioten umgeben?"

"Als du ihm erlaubt hast, auf die Jagd zu gehen, hättest du ihm vielleicht sagen sollen, daß das nicht das Nomadendorf am ausgetrockneten Flußlauf einschließt!" Methos sonore Stimme verfehlte ihre beruhigende Wirkung nicht. Kronos schnitt eine Grimasse und wandte sich um. Mitten in der Bewegung verharrte er und starrte entgeistert auf den Vierten in ihrem Bunde. "Silas, was zur Hölle...?"

Silas, ein gemütlicher Riese mit einem mächtigen Bauch, stand vollkommen unbekleidet vor seinem Zelt und grinste vor sich hin. "Legt eure Kleidung und eure Sünden ab, werdet frei...."

"Halt die Klappe!" Kronos war ganz und gar nicht erfreut über die Wandlung seines Kumpans. Den anderen beiden raunte er zu: "Die Begegnung mit dem Wanderprediger letztens, war nicht gut für ihn.."

"Für den Wanderprediger auch nicht!" Caspian warf einen zufriedenen Blick auf den aufgespießten Schädel nahe seines Zeltes.

Methos spielte gelangweilt mit seinem Schwert. "Die Sonne geht bald unter, Brüder, wollen wir uns nicht noch ein wenig Spaß suchen? Meine Klinge lechzt nach Blut...."

"Wenn ich meine Axt benutze, ist das eine Sünde?" fragte Silas mit großen Augen.

"Nein, ganz bestimmt nicht!" antwortete Kronos mit einem hinterhältigen Lächeln. Während er sich über die Boshaftigkeit seines Freundes amüsierte, verengten sich Methos' Augen zu Schlitzen und er hob die Hand. "Hört ihr das?"

Abrupt erstarb jedes Geräusch und die vier Männer lauschten in den Sonnenuntergang. Ein leises Klingeln ertönte aus weiter Ferne und kam stetig näher. Plötzlich ging ein Leuchten über Kronos' Gesicht. "Ich glaube, das ist schon wieder DER ... ihr wisst schon....dieser Spinner." Er fing an zu kichern. "Der lernt es nie...."

Auch auf Methos' Gesicht erschien ein breites Grinsen. "Ach, du meinst DEN!"

"Doch nicht etwa DER?" Caspian's Wahnsinn keimte wieder auf.

Der immer noch unbekleidete Silas trat lachend zu den anderen. "Ich weiß zwar nicht, wen ihr meint, aber ... darf ich ihm den Schädel spalten?"

Aus drei Kehlen gleichzeitig ertönte ein lautes "NEIN!" und Methos fügte erklärend hinzu. "Silas, bei dem Kerl haben wir unseren Spass anders!" Er stieß Kronos seinen Ellbogen in die Rippen. "Bin schon gespannt, was für einen Spruch er dieses Mal drauf hat!"

Die vier Männer standen abwartend nebeneinander, bis ein merkwürdiges Gefährt - gezogen von fremdartigen Tieren - auf der Düne erschien.

Kronos gluckste und lehnte sich an Methos. "Pass' auf, gleich sagt er es wieder!"

Der große Fremde, dessen Bauchumfang dem von Silas in nichts nachstand, hatte sein Gefährt verlassen und schritt auf die Männer zu. Schweiß perlte ihm über die Stirn. Er rückte den Gürtel über seiner roten Jacke zurecht, verfluchte die für dieses Klima ungeeignete Mütze und zupfte an seinem langen, weißen Bart, bevor er die alles entscheidende Frage stellte.

"Wart ihr auch alle artig?"

Die Antwort war ein einstimmiges Gelächter, das ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Zwischen zwei heftigen Kicheranfällen presste Kronos ein "Wir und artig? Soweit kommt's noch!" hervor, während Methos bereits auf dem Boden kniete und sich vor Lachen den Bauch hielt.

Caspian schüttelte abschätzig den Kopf. "Artig? Der verarscht uns doch!"

Allein Silas blickte ungläubig. "Was ist denn 'artig' überhaupt? Und warum findet ihr das so lustig?"

Skeptisch betrachtete der Fremde die beiden Männer, die sich Tränen lachend im Sand wälzten. "Ich nehme an, das heißt 'Nein' "!?

Kronos schnappte nach Luft. "Schickt ihn weg ... ich ... ich ... kann nicht mehr!" Kichernd erhob sich Methos und legte den Arm um den Fremden. "Tut mir leid - 'artig' war vor unserer Zeit. Und jetzt: verschwinde!" Er gab dem Vollbärtigen noch einen kräftigen Tritt mit auf den Weg.

Sofort ließ sich Silas' dröhnender Bass vernehmen. "Darf ich ihm jetzt den Schädel spalten?"

Kronos winkte ab. "Ach, ... ich glaube.... wir lassen ihn noch ein weiteres Jahr!" Dann stützte er sich auf Methos und gemeinsam wankten sie kichernd zum Zelt zurück. "Oh Mann .... artig! Was hat der nur für Ideen - wir sind schließlich die Reiter der Apokalypse!"

Und auch Caspian und Silas verschwanden in ihren Behausungen, während der Fremde seufzend sein Gefährt bestieg und eine Liste hervorholte. Er wünschte den Tag herbei, an dem er endlich die frischen Kakerlaken für Caspian, den Affen für Silas, das tödliche Virus für Kronos und die Kiste Bier für Methos loswerden würde. Aber noch war es nicht soweit.......

***