Begegnungen
von Kate MacLeod
Von weitem ertönte eine Polizeisirene, ein Geräusch, welches Buffy
inzwischen vertraut geworden war. Die Nacht war über die große Stadt Los
Angeles heringebrochen und ließ lange Schatten auf den Mauern herumtanzen.
Seit ihrer Flucht aus Sunnydale waren jetzt fast fünf Wochen vergangen, doch
Angels vor Schreck geweiteten Augen und den Ton seiner Stimme fanden Buffy
jede Nacht in ihren Träumen wieder.
Zuerst wollte sie nur weg, weit weg von Sunnydale, in der Hoffnung, ihren
Schmerz und ihre Verzweiflung endlich hinter sich zu lassen.
Was sie sich von dieser Flucht erhofft hatte war nicht eingetreten. Ganz im
Gegenteil. Kein Tag verging, an dem sie nicht an Giles, and ihre Mutter und an
ihre Frunde dachte, und keine Nacht verging, in der Angels Gesicht nicht vor
ihn auftauchte.
Auch jetzt dachte Buffy wieder an ihre verlorene Liebe zurück. Am Anfang war
sie verbittert gewesen, hatte Gott und die Welt verflucht, hatte sich immer
wieder gefragt, warum sie anscheinend kein Recht auf Liebe hatte. Jetzt war es
ein anderes Gefühl, mit dem sie leben mußte: Endlose Trauer.
In Los Angeles war für sie manches anders geworden. Sie war in wenigen Wochen
um Jahre gealtert, hatte lernen müssen, für sich selbst zu sorgen, einen
Dach über den Kopf und einen vollen Teller zu haben. Schon nach wenigen Tagen
hatte sie einen Job als Kellnerin gefunden, der ihr genug Geld zum Leben
einbrachte. Sie hatte sich in einem heruntergekommenen Wohnblock ein Zimmer
gemietet, das jetzt ihr Zuhause geworden war, und Nacht für Nacht ertönten
von draußen die Geräusche der Straße, das Getöse der Autos und die Rufe
gelengentlicher Jugendgruppen.
Obwohl Buffys Lebensniveau für die Umstände noch ziemlich hoch war, hatte
sie Bekannschaft mit der Straße gemacht, und auch mit den Leuten, die dort
umhergingen. In ihrem Dasein als Jägerin hatte Buffy schon manches Grauen
erlebt, doch was sie manchmal in L.A zu sehen bekam machten die Vampire in
Sunnydale im Vergleich zu Plüschtieren.
Hier führten sich manche skrupellosen Menschen noch schlimmer auf als Vampire
ohne Seele, und hier konnte Buffy dem Treiben nicht durch einen Pflock ins
Herz ein Ende bereiten.
Buffys neues Leben war hart, doch nach Sunnydale konnte Anne, so wie sie sich
jetzt nannte, einfach nicht zurückgehen. Ihre Flucht war ein entscheidender
Schritt gewesen, nachdem es kein Zurück mehr geben konnte.
Langsam ging sie die Straße entlang, den Pfiffen, die von der anderen Straßenseite
kamen, schenkte sie keinerlei Beachtung. In ihrer engen Jeans, die Haare zu
zwei Zöpfen geflochten und den Mantel über die Schultern sah Buffy nicht
gerade wie ein Straßenmädchen aus. Darauf achtete sie auch besonders, sich
auch in dieser neuen Welt niemals gehenzulassen.
In einem hell erleuchteten Schaufenster erblickte Buffy ihr Spiegelbild und
erkannte sich selbst kaum wieder. Ihre Gesichtszüge waren gehärtet, ihre Hände
in den Manteltaschen vergraben.
Buffy schüttelte den Kopf und ging weiter. Als sie gerade um die Ecke biegen
wollte, erkannte sie in einer Seitenstaße fünf dunkle Gestalten. Ihre Jägerinstinkte
schlugen sofort Alarm, und Buffy beeilte sich, aus einer Innentasche einen
angespitzen Holzpfahl zu ziehen und loszulaufen.
Ihre innere Stimme hatte sich nicht getäuscht, denn die Gesichter der kleinen
Gruppe hatten nichts Menschliches mehr. Offensichtlich hatte Buffy sie beim
Abendbrot gestört, denn in ihrer Mitte stand ein zitterndes Pärchen.
- Hey, rief die Jägerin, störe ich?
Der Vampir, der wohl der Chef der Meute war, ließ ein dumpfes Grollen hören.
- Schnappt sie euch, befahl er seinen Söldnern.
Drei Vampire stürtzten sich auf Buffy, doch befor der Erste überhaupt
begriffen hatte, was eigentlich los war, hatte er bereits einen Holzpflock
durchs Herz bekommen.
Buffy drehte sich um die eigene Achse und trat dem zweiten Angreifer ihren Fuß
in den Bauch, was ihr genug Zeit ließ, den dritten zu Staub zu verarbeiten.
Der Befehlshaber staunte nicht schlecht, und da er sich wohl nicht auf einen
Kampf einlassen wollte, ließ er von seinen Opfer ab und winkte den beiden Übriggebliebenen
zum Rückzug.
Nachdem Buffy sich versichert hatte, daß dem erschrockenen Pärchen nichts
passiert war, jagte sie den drei flüchtenden Vampiren nach.
Buffy verspührte das Adrenalin der Jagt, und sie dachte nicht im Traum daran,
die Vampire entkommen zu lassen. Selbst weit weg von Sunnydale war sie noch
immer die Jägerin, und das sollte den Vampiren von Los Angeles klarwerden.
Selbst für eine Jägerin war die Verfolgung von Vampiren keine leichte Sache,
denn die drei kannten sich offensichtlich sehr gut aus und wussten genau, wie
sie ihre Verfolgerin abschütteln konnten. Sie gewannen immer mehr Abstand,
sodaß die Jägerin nur noch ihre schattenhaften Gestalten erkennen konnte.
Die kleine Gruppe flüchtete um eine Ecke, Buffy hinterher, doch als auch sie
um die Ecke kam, waren die Vampire verschwunden. Keuchend blieb sie stehen und
sah sich in der engen Seitenstraße um. Diese endete in einer Sackgaße, so daß
es ungmöglich war, auf der anderen Seite wieder herauszukommmen.
< Das ist doch nicht möglich, sie können sich doch nicht in Luft aufgelöst
haben >, dachte Buffy bei sich.
Just in diesem Augenlick hörte sie ein Krachen über ihrem Kopf, gefolgt von
einem unterdrücktem Schipfwort. Buffy sah nach oben und erkannte drei dunkel
Umrisse, die eine schmale Leiter heraufkletterten.
Die Jägerin zörgerte nicht lange, griff nach der untersten Sproße der
Leiter und zog sich hoch. Die Vampire hatten mitbekommen, daß sie entdeckt
worden waren, und schienen kurz zu zögern. Da sprang der erste von der Leiter
durch ein offenes Fenster, daß in einem Hausflur des Wohnblocks führen mußte.
Die beiden andren taten es ihm gleich ihn, dicht gefolgt von Buffy, die
langsam aufholte. Sich durch das offene Fenster zu schwingen war eine leichte
Übung für sie, und schon erkannte sie die Vampire, die sich beeilten, die
Treppe hochzukommen.
Buffy holte Luft und rannte ihnen nach, immer drei Stufen auf einmal nehmend.
Einer der Vampire wante sich um und erkannte die Gefahr. Er begann, an den
Wohnungstüren zu rütteln, und schon bei der dritten hatte er Glück: Sie war
nicht abgeschloßen.
Die drei Vampire stürtzten in die Wohnung und schafften es gerade noch, die Türe
vor Buffys Nase zu schließen.
Damit, daß ihre Opfer so viel Glück haben würden, hatte Buffy nicht
gerechnet. Sie blieb einen Moment lang vor der Tür stehen und lauschte. Da
kam ihr in den Sinn, daß diese Monster dort vielleicht neue Opfer finden
konnten. So lange wollte Buffy nicht warten, sie machte ein paar Schritte zurück,
nahm Anlauf und stieß dann mit aller Kraft gegen die Tür.
Das Schloß gab problemlos nach, das Holz der Tür krachte unter dem Schlag
und ließ Buffy freie Bahn.
Als sie jedoch ins Zimmer stürtzte, waren keine Vampire mehr zu sehen. Ein
Fenster stand weit offen, der Nachtwind ließ die schmutzigen Vorhänge hin
und her wehen. Die Jägerin lief zum Fenster und sah hinaus - zu spät, die
Bande war schon in der Dunkelheit verschwunden. Buffy lehnte sich gegen den
Fensterramen, etwas verärgert, daß die Vampire ihr doch noch entkommen
waren. Sie legte den Kopf nach hinten und atmete tief durch. Eigentlich hätte
sie sich jetzt beruhigen können, doch irgend etwas stimmte auch hier nicht.
Auf einmal war sie sich im klaren, warum ihre Instinkte Alarm schulgen: Sie
war nicht allein im Zimmer...
Langsam drehte sie sich um und sah umher. Die Wohnung war alt und
heruntergekommen, die Farbe hatte sich zum Großteil von den Wänden gelöst.
Das Licht der Straßenbeleuchtung drang durch das offene Fenster und ließ
dunkle Schatten auf den Wänden tanzen. Eine Ecke allerinng war noch immer in
Dunkelheit getaucht, und erst als Buffy genau hinsah bemerkte sie den hohen
Lehnstuhl und die darin sitzende Gestalt.
Almählich gewöhnten sich ihre Augen an die dunkle Umgebung und ließen die
Umrisse nach und nach deutlicher werden. Noch immer hatte sie ihren Pfahl in
der Hand und wartete auf einen Überraschungsangriff, doch die Figur in der
Ecke rührte sich nicht.
Die Scheinwerfer eines vorbeifahrenden Lasters tauchten das gesamte Zimmer für
einige Sekunden in helles Licht, so daß Buffy die ihr gegenübersitzende
Gestalt zu Gesicht bekam.
In dem breiten Lehnstuhl saß ein Mann, Ende zwanzig vielleicht, der trotz
seinem massivem Körperbau in dem halbzerfetzten Lehnstuhl fast zerbrechlich
wirkte.
Seine linke Hand ruhte auf seiner Brust, während die andere über der Lehne
lag. Eine alte, durchlöchterte Decke mit Schottenmuster lag über seiner
Taille und ließ anschließend den Blick auf seinen beigefarbenen Trenchcoat
frei. Sein Kopf war zur Seite gedreht, sein Gesicht halb in dem zerschlissenen
Polster des Sessels versteckt und das kurze, dunkelblonde Haar lag in wirren
Strähnen über seine geschlossenen Augen.
Langsam ließ Buffy den Pfahl sinken und ging ein paar Schritte näher,
unsicher, ob er noch am Leben oder bereits tot war. Für die Vampire wäre er
ein leichtes Opfer gewesen, und so wie es aussah hätte er keinen Wiederstand
geleistet.
Erst als sie ganz nah bei ihm stand, war es ihr, als hebe und senkte sich
seine Brust, und nachdem Buffy ihm genau ins Gesicht geschaut hatte, war sie
sich sicher, daß er am Leben war.
Viele Anzeichen dafür gab es allerdings nicht: Der Fremde war sehr blass und
wirkte in dem hohen Sessel geradezu erstarrt. Sein Atem ging langsam und
schwer, als lege er in tiefem Schlaf.
Seine Züge waren entspannt, doch das bleiche, fast gespenstige Gesicht,
verlieh dem Kummer sogar über den Schlaf hinaus Ausdruck.
Buffy legte ihre Waffe zur Seite, ging in die Hocke und nahm sein Hangelenk
zwischen ihre Finger. Es fühlte sich kalt an und sein Puls war ziemlich
schwer zu ertasten, dennoch hatte sie jetzt die Gewissheit, es mit einem
Menschen oder wenigstens nicht mit einem Untoten zu tun zu haben.
Auf einmal stieß ihr Fuß gegen etwas Festes, was ein leises, metallisches
Klirren verursachte. Sie blickte hinuter und erkannte die Klinge eines
Schwertes. Im Moment da sie es aufheben wollte, spürte sie einen schwachen
Griff um ihre Hand. Erschrocken ließ sie von der Waffe ab und sah von ihrer
Hand in das Gesicht des Fremden. Eis leises Seufzen unterbrach die Stille,
seine bis dahin friedlichen Gesichtszüge wurden zu einem einzigen Ausdruck
des Kummers. Sein Griff um Buffys Hand wurde etwas fester, aber sie vermied es
dennoch, diese wegzuziehen.
Wieder seufzte er im Schlaf, und diesmal hörte Buffy ihn leise reden.
- .....Es tut mir Leid...
Sine Stimme war wie ein Raunen, der in Buffys Ohren wiederhallte. Sein Akzent
kam ihr sofort ungewohnt vor, Buffy tippte auf Irisch.....oder vielleicht
Schottisch. Die Jägerin sah auf ihre Hand, die der Unbekannte noch immer
umschlossen hielt.
Eine Weile saß sie da, sah ihn weiterhin an und bemerkte plötzlich, daß er
ihr irgendwie leidtat. Schnell versuchte Buffy, dieses Gefühl wieder zu
verstoßen, falls sie es doch noch mit einem Dämonen oder einem anderen Höllenwesen
zu tun hatte.
Mit ihrer freinen Hand griff sie nach dem Schwert und hob es hoch. Langsam
drehte sie es hin und her und betrachtete die Klinge. Soviel sie urteilen
konnte war das es wirklich eine beeindruckende Arbeit und eine Seltene noch
dazu. Es wunderte sie, daß jemand, der solch ein kostbares Schwert besaß, in
so einem lausigen Zimmer wohnen konnte.
Buffy legte das Schwert wieder auf den Boden zurück und stand langsam wieder
auf. Diese Bewegung mußte der Unbekannte gespührt haben, denn sein Griff um
Buffys Hand wurde fester, er drehte den Kopf in ihre Richtung und schlug
langsam die Augen auf.
Buffy stand da wie erstarrt als sein eisblauer Blick den ihren traf. Einige
Sekunden lang sahen sich die beiden in die Augen, studierten und beobachteten
sich. Buffy schoß durch den Kopf, daß ihr Pfahl sich nicht mehr in ihrer
Reichweite befand. Schließlich ließ der Blick des Mannes sie wieder frei und
wanderte zu seiner Hand, die Buffys Finger noch immer festhielt. Die Jägerin
fühlte sich sehr unwohl, ertappt worden zu sein, und noch unwohler, weil er
nicht einmal gefragt hatte, wie sie hier hereingekommen war.
- Ich befürchtete, Sie......Sie wären tot...
Der Unbekannte sah Buffy wieder an, seufzte und schloß die Augen.
- Gelegentlich, glaubte sie zu hören.....doch das konnte er unmöglich gesagt
haben. Außerdem war sie es wohl, die ihm eine Erklährung schuldig war.
- Also ich......ich bin hier, weil.....also ich dachte.....bei Ihnen wurde
eingebrochen.....es waren Einbrecher....und....naja, ich weiß, es klingt verrückt...aber
es war so.
Wieder bohrte sich den Blick des Fremden in Buffys eigenem. Er schien ihr
nicht böse zu sein, ganz im Gegenteil - er wirkte ganz un gar ruhig und
gelassen, als sei diese Geschichte das Natürlichste von der Welt.
- Einbrecher.....Ah, ich dachte, ich hätte es eher mit Vampiren zu tun
gehabt, aber wenn Sie sich sicher sind, daß es Einbrecher waren, habe ich
mich wohl getäuscht.
Buffys Augen weiteten sich vor Überraschung.
- Was...?
Er zuckte die Schultern und sah sie unschuldig an.
- Einbrecher fängt mn gewöhnlicherweise nicht mit Holzpflöcken, sagte er
leise, den Blick hinter Buffy gerichtet. Diese drehte sich um und erblickte
ihren Pflock, der ein paar Zenitmeter weiter weg lag. < Dieser Kerl weiß
schon fast zu viel >, dachte die Jägerin bei sich.
- Dann wissen Sie also bescheid, seuftze Buffy, das ist aber einen Grund mehr,
ihre Haustüre abzuschließen! Die Horde hätte Sie problemlos als Nachtmahl
vespeisen können!
Zum ersten Mal huschte ein leichtes Lächeln über seins Züge, was ihn
augenblicklich nicht mehr so kränklich aussehen ließ.
- Nun, angenehm ist es nicht gerade, aber ich hätte es überlebt. Außerdem
waren Sie ja da. Wie heißen Sie?
- Buf......Anne.
Wieder bohrte er seinen Blick in ihren. Buffy wurde es abwechslend heiß und
kalt. Insegheim wußte sie, wie schlecht sie gerade gelogen hatte.
- Und....wie heißen Sie?, fragte sie schnell, um seinem prüfenden Blick zu
entgehen.
Der Unbekannte lehnte sich wieder in seinen Lehnstuhl zurück und machte eine
abweisende Handbewegung.
- Ich heiße Adrian Montague, Jacques Lefève, Rupert Wingfield, Alfred
Nicolson, Russell Nash......und das sind nur einige Namen unter vielen, die
ich in meinem Leben schon benutzt habe.
Er beugte er sich vor und sah Buffy an.
- Über Pseudonyme müssen Sie noch viel lernen, zum Beispiel, daß
"Anne" auch einen Nachnamen haben muß....und ausserdem sollten Sie
nicht so zögern, wenn Sie ihn aussprechen, das wirkt unnatürlich.
Buffys Lippen begannen zu zittern, seit ihrer Ankunft war ihre Lüge noch
niemals aufgeflogen. Aber er hatte es geahnt.....nein, er hatte es gewusst.
- Mein richtige Name ist übrigens Connor. Connor MacLeod. Ich werde wohl
annehmen dürfen, daß Sie nicht sofort zur Polizei rennen werden, das wäre
sowieso vergoldete Zeit: Sie suchen mich nicht.
Buffy setzte sich auf den Boden, da ihre Beine begonnen hatten zu zittern, und
sie das dem Fremden unter keinen Umständen zeigen wollte. Sie zögerte einen
Moment und sagte dann leise.
- Ich bin Buffy.....Summers.
- Angenehm. Wissen Sie, als ich vorhin aufgewacht bin und Sie gesehen habe, hätte
ich fast geglaubt, es mit einem Engel zu tun zu haben.....wenn man sich nur
mal kurz die Umgebung wegdenkt.
Um zu verhindern, daß sich ihre Wangen rot färbten, hielt es Buffy für
besser, in die Offensive zu gehen und diesem Connor MacLeod klarzumachen, daß
mit ihr nicht zu spaßen war.
- Wenn ich aussehe wie ein Engel ist das allerdings keineswegs ihr Fall. Ich
finde Sie ohne Bewusstsein, bleich wie der Tod in einem lausigen Zimmer, die
Haustüre nicht einmal abgesperrt! Wissen Sie denn nicht, was alles hätte
passieren können?
MacLeod schüttelte die Decke von sich und setzte sich gerade auf. Ihm schien
noch immer nicht bewusst zu sein, in welcher Gefahr er sich befunden hatte,
ganz im Gegenteil: Noch immer führte er sich auf wie die Ruhe in Person.
- Ich weiß, welche Risiken ich eingehe. Aber ich habe hier nur wenig zu befürchten.
Glauben Sie mir, die Vampire sind keine große Gefahr für mich.
Buffy wunderte sich über soviel Selbstvertrauen. Entweder war dieser MacLeod
zu mehr fähig, als es in seiner Erscheinung aussah, oder er war ganz einfach
Lebensmüde. Beide Ideen waren durchaus möglich, vor allem, als Buffys Blick
wieder auf das Schwert fiel. MacLeod hatte es mitbekommen.
- Wem gehört dieses Schwert?
- Das ist meins.
- Und wozu? Doch nicht etwa zur Selbstverteidigung? Haben Sie denn noch nie
was von Shutguns gehört?....Und das hier in L.A....??
MacLeod schüttelte den Kopf, und Buffy versuchte dabei nicht zu bemerken, wie
bedrückt er dabei aussah.
- Ich brauche keine Shutgun. Und eigentlich wollte ich dieses Schwert auch
nicht mehr brauchen.
Er seufzte, was Buffy noch mehr dazu veranlangte, mehr über diesen seltsamen
Mann zu erfahren.
- Was hat das zu bedeuten?
MacLeods Blick verfinsterte sich, doch Buffy ließ sich davon nicht einschüchtern.
Schließlich antwortete er, nachdem er eine lange Zeit geschwiegen hatte.
- Vielen Perseonen, denen ich es gesagt habe, haben dafür mit ihrem Leben
bezahlt. Ich schätze, daß so ein junges Mädchen wie Sie dieses Risiko nicht
eingehen sollte.
Solche Sätze machten Buffy wütend. Sie stand auf, hob ihren Pfahl auf und
stecke ihn in ihre Tasche zurück. Dann funkelte sie MacLeod an.
- Ja, und sowas wie ich hat von Gefahr bestimmt keine Ahnung, sehr richtig.
Ohne ein weiteres Wort machte sie kehrt und schritt auf die Tür zu, doch als
sie die zerbrochene Klinke berührte, zögerte sie. Sie fühlte ganz genau, daß
er sie ansah, selbst als sie ihm den Rücken kehrte. Buffy blieb unschlüssig
stehen und war fast erleichtert, als sie hinter sich MacLeods Stimme hörte.
- Das habe ich nie behauptet. Ich sagte nur, daß Sie jung sind. Ausserdem
scheint ein Mädchen, daß mitten in der Nacht eine Tür aufbricht um eine
Horde Vampire zu jagen ebenfalls eine gewisse Ahnung von Gefahr zu haben. Oder
täusche ich mich, und es steckt nur Leichtsinn dahinter?
Langsam drehte Buffy sich um und sah ihn an. Connor MacLeod saß noch immer an
der gleichen Stelle, die Arme vor der Brust verschränkt. Jetzt wußte Buffy,
daß sie sich entscheiden mußte: Sie konnte entweder durch diese Tür gehen
und ihn zurücklassen, ohne herauszufinden, ob dieser MacLeod ein Engel war
oder ein Teufel, oder sie konnte bleiben, sich ihm gegenüber hinsetzen und
herausfinden, wer er wirklich war. Dann aber mußte auch sie mit offenen
Karten spielen und ihm ein Geheimnis verraten, was sie bisher nur wenigen
gesagt hatte....
Buffy atmete tief durch, nahm ihre Hand von der Türklinke, schritt langsam
unrch den Raum und setzte sich MacLeod gegenüber auf den Teppich.
- Nun, was genau wolllen Sie jetzt hören? Das ich lieber bei Mamy und Daddy
sein sollte, anstatt mich rumzutreiben und Vampire zu jagen?
- Wie wäre es erstmal mit dem Anfang, hm?, fragte MacLeod.
Buffy seufzte. Irgendwie hatte sie das Bedürfnis, einer Person endlich einmal
ihr Herz auszuschütten, und da MacLeod sie nicht kannte, konnte er auch nicht
auf ihre Vergangenheit zurückgreifen. Trotzdem zweifelte sie noch immer.
- Sie werden es mir sowieso nicht glauben...
MacLeod beugte sie vor und musterte sie.
- Sie wären überrascht, was ich alles glaube.
Unruhig rutschte Buffy auf dem Teppich hin und her, suchte nach den passenden
Worten, um ihre Geschichte zu beginnen, eine Geschichte über eine Mission,
eine verbotene Liebe und einen Verlust, andem sie die Schuld trug. Verzweifelt
suchte Buffy in MacLeods Blick nach Antworten, doch dieser blieb ihr ebenso
verschlossen wie sie ihm.
- Ich.....bin die Jägerin, begann sie schließlich, eine Auserwählte die
dazu geboren ist, um gegen die Mächte des Bösen zu kämpfen.....und nebenbei
Vampire zu jagen. Ich habe es vor knapp zwei Jahren erfahren, und jetzt frage
ich mich an jedem Morgen, ob ich den Abend noch erleben werde.
Buffy legte eine Pause ein, um seine Reaktion abzuwarten, doch MacLeod sah sie
noch immer mit dem gleichen fragenden Blick an.
- Und seitdem leben Sie allein?
< Er glaubt mir >, schoß es Buffy durch den Kopf.
- Ich war einer der wenigen Jägerinnen die das Glück hatten, eine Familie
und einige sehr, sehr gute Freunde zu haben.
- Ihre Freunde sind gegangen?
Buffy schüttelte den Kopf.
- Nein.....ich bin gegangen. Ich ging, weil.....weil ich...
MacLeod unterbrach sie, bevor Buffy die Fassung verlieren konnte.
- ....Weil Sie wahrscheinlich jemanden verloren haben, der Ihnen sehr viel
bedeutet hat, und sie fest davon überzeugt sind, daß es Ihre Schuld ist.
Buffy weitete die Augen und starrte den mysteriösen MacLeod an.
- Woher weißt du das?
Ohne es zu bemerken war Buffy zum "Du" übergegangen, da sie sich
Connor irgendwie verbunden fühlte. Er zuckte die Schultern.
- Ich weiß es nicht, ich rate.
Jetzt war die Reihe an Buffy, ihrem Gesprächspartner einen fragenden Blick
zuzuwerfen. Connor überlegte eine Weile, bevor er zu erzählen begann.
- Also gut, ich habe nicht geraten....genau das ist mir passiert. Vor einigen
Jahren ist eine Person, die ich sehr lieb hatte, durch meine Schuld ermordet
worden.
Buffy seufzte.
- Es tut mir leid...
Energisch schüttelte Connor den Kopf, in sein müdes Gesicht war Leben
gekommen.
- Nein, du verstehst nicht.....er hat sie umgebracht, weil er mich
wollte....aus Rache.
- Hast du nicht versucht, "ihn", wer auch immer das sein mag, von
der Polizei schnappen zu lassen?
, fragte Buffy und war sich im nächsten Augenblick der Dummheit ihrer Frage
bewusst .
< Polizei....aber ja, rufe ich etwa die Polizei, wenn es in Sunnydale ein
paar Morde mehr gibt? >
Für Connor allerdings schien die Frage verständlich.
- So würde es in normalen Fällen laufen, Buffy....nur....hier läuft es ein
wenig anders.
Buffy blickte ihn an und wußte nun ganz genau, daß mehr in ihm steckte, als
er zugeben wollte.
- Ich bin menschlich, Buffy, begann Connor von neuem, aber ich habe eine
Besonderheit: Ich bin Unsterblich. Ich bin schon mehrere Jahrhunderte alt, und
Rachels Mörder ist es auch. Wenn man uns tötet, stehen wir einfach wieder
auf, immer und immer wieder....
Die Jägerin erschauderte bei dem Gedanken und versuchte ihn schnell wieder zu
verdrängen.
- Was hast du nach dem Vorfall getan?
- Ich war ganz unten....zumindest dachte ich es. Ich habe mich an einen Ort
zurückgezogen, an dem es nach unseren Regeln friedlich zugehen sollte. Dort
war ich weder tot noch lebendig, doch dieser Zustand hatte mich, wenn auch
kurzfristig, von meinem Leid erlöst....bis...
Connor schluckte, und auch Buffy war nicht gerade wohl.
-....Bis ER jenen Ort fand, und obwohl es ihm verboten war, hat er dort getötet
und gemetzelt. Nur mich hat er unversehrt lassen.
- Warum?, fragte Buffy leise.
Connor schloß die Augen.
- Weil er mich aussaugen will bis auf die Knochen, ehe er mich tötet.
Buffy horchte auf.
- Aber du sagtest, euch kann man nicht töten!
- Das ist nicht ganz korrekt, sagte Connor und griff nach dem Schwert. DAMIT
schon.
- Lass mich raten, sagte Buffy, Herz? Magen? Kopf?
- Letzteres, gab Connor preis und nickte. Wenn der Kopf vom Körper getrennt
wird ist es aus.
Buffy seufzte und dachte nach.
- So wieder diese niemals endende Hetzjagt hatte ich mir Unsterblichkeit nicht
vorgestellt. Ich habe mir so oft gewünscht, unsterblich zu sein, aber diese
Seite der Dinge waren mir fremd.
Fassungslos starrte Connor sie an.
- Wie kannst du dir so etwas jemanls gewünscht haben? Ein niemals endendes
Leben ist eine ewig andauernde Qual! Oder war es einfach nur der Wunsch, auf
ewig jung und schön zu bleiben...
Buffys wüntender Blick brachte Connor zum schweigen.
- Habe ich denn als Jägerin kein Recht auf Leben? Und ausserdem.....ich
wollte es nicht für mich. Ich wollte nicht, daß er mich altern sieht...
- "Er" also....
- Angel. Sein Name war Angel. Zu einer Zeit besser bekannt als
"Angelus". Er war verflucht worden...und...man hatte ihm seine Seele
zurückgegeben, was die schlimmste Strafe war, die er empfangen konnte.
- War er ein....Connor machte eine eindeutige Handbewegung.
- Ja, er war ein Vampir. Und ich eine Jägerin. Wie konnte das gutgehen?
- Gar nicht, gab Connor zu, aber da er doch eine Seele hatte, hätte er das
doch verstehen können...
Buffy schüttelte den Kopf.
- Wenn man liebt, dann hört der Verstand auf. Er hat seine Seele wegen mir
wieder verloren, und wurde zu Angelus, einem Vampir ohne Gewissen. Ich mußte
ihn töten....weil.....mir nichts anderes übrig blieb.
Connor sagte eine ganze weile lang nichts, bis er merkte, daß Buffy sich
wieder gefaßt hatte.
- Ich habe sie auch geliebt, Buffy. Vielleicht nicht....auf die selbe Art.
Buffy hob den Kopf und sah Connor fragend an.
- Wie dann?
- Ich fand Rachel 1944 in einem abgebranten Warenlager. Sie war damals fünf,
und ich habe sie aufgezogen, als ob sie meine Tochter wäre. Mit der
Zeit.....wurde sie älter, und obwohl unsere Beziehung sich nach und nach verändert
hat, habe ich sie noch immer geliebt wie mein Kind, verstehst du?
- Nein.....nicht richtig, sagte Buffy und schüttelte den Kopf, wie könnte
ich das?
- Stimmt, gab Connor zu und seufzte.Weißt du, als Kell sie umgebracht hat, fühlte
ich mich, als wäre auch ich in diesem gottverdammten Haus verbrannt.
- Warum tut er das?, fragte Buffy kopfschüttelnd. Ich habe es mit Vampiren zu
tun, und die sind einfach nur böse. Aber du sagtest doch, ihr Unsterbllichen
seid Menschen!
Connor nickte.
- Gute Frage...aber Menschen können Dämonen ins Bosheit manchmal fast übertreffen,
wenn sie nur genug Haß an den Tag legen. Das tut Jacob Kell, er haßt mich so
sehr, wie man jemanden nur haßen kann. Ich habe ihn....zu dem gemacht, was er
ist, und er hat es mir niemals verziehen.
- Du meinst, du hast den Kerl.....Buffy sah Connor hilflos an.
- Ja, gab er zu, ich habe ihn umgebracht und dadurch zu einem von uns gemacht.
Buffy seufzte.
- Kein Wunder, daß er dich so haßt...du hast ihn da getroffen, wo es am
meisten wehtut.
Die Jägerin sah Connor an.
- Als Angel zu Angelus mutierte, hat er mich auch gehaßt.....eben deshalb,
weil er mich geliebt hatte.
Er wollte mich fertigmachen, und hat sich dafür....
-...An denjenigen vergriffen, an denen du hängst, nicht wahr?
- Genau, sagte Buffy leise.
Connor lehnte sich in seinem Sessel zurück und überlegte eine Weile.
- Unsere Geschichten sehen sich verdammt ähnlich.
-....Und sind doch so verschieden zugleich.
Buffy seuftze.
- Hattest du denn keine Bekannten, zu denen du gehen konntest, nachdem Kell
deine Ruhestätte überfallen hat?
Connor schüttelte entschloßen den Kopf.
- Nur einige wenige, und die wollte ich nicht mit meinen Problemen belästigen.
- Nein, dann schon eher nichts sagen und einfach abtauchen!, sagte Buffy
schroff.
- Na, DU kannst mir ja viel erzählen!, gab Connor irritiert zurück.
Buffy überkreuzte die Arme über den Knien.
- Ich lasse mich wenigstens nicht so gehen.
- Ich lasse mich gehen?
Buffy sprang auf ihre Füße und ging um den Stuhl herum, gefolgt von Connors
Blicken.
- Und wie du dich gehen lässt. Deine Bude ist das Letzte, und das nur mal
nebenbei, du siehst aus wie ein Komapatient und hast auch dementsprechende
Symthome.
- Ich war müde, das ist alles, knirschte Connor genervt., doch Buffy dachte
nicht dran, solche Argumente gelten zu lassen.
- Müde, soso.....Und was wäre wohl passiert, wenn ein Unsterblicher durch
deine nicht abgeschlossene Tür heringekommen wäre, mit dem charmanten
Einfall, dir den Kopf zu nehmen?
- Wir spühren die Unsrigen wenn sie näherkommen, entgegnete Connor ruhig.
- Ja, wenn ihr wach seid.....und wenn ihr schlaft? Auch dann?
Connor ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
- Auch dann.
- Und auch noch.....rechtzeitig?, bohrte Buffy weiter und stützte sich auf
die Armlehne, um Connor direkt ins Gesicht zu sehen.
Connor verdrehte die Augen.
- Ja, auch noch rechtzeitig!
- Das glaube ich dir nicht, entgegnete Buffy und blinzelte provozierend.
Langsam brachte sie ihn aus der Ruhe, und das gefiehl ihr.
- Du hast keine Ahnung, es ist so.
- Und wenn ich jetzt ein fieser Unsterblicher wäre?
Connor sah sie an.
- Aber natürlich....
- Und wenn ich dir an die Kehle wollte? Könntest du noch rechtzeitig an dein
Schwert herankommen?
- Ja, ich KÖNNTE, entgegnete Connor genervt.
- Aha... sagte Buffy leise, machte auf einmal eine Drehung, zog ihre Pfahl und
setzte Connor die Spitze an die Halsschlagader.....das heißt, FAST bis an die
Halsschagader, denn der hölzerne Pfahl wurde von einer eisernen Klinge
gestoppt. Connor hatte ihre Bewegung verstanden und es tatsächlich noch
geschafft, sein Schwert rechtzeitig zu fassen und den Schlag abzuwehren. Buffy
drückte gegen Connors Klinge an.
- Na? Und wenn das jetzt ein schönes, scharfes Schwert wäre? Was dann?
- Ist es aber nicht, sagte Connor ruhig, was Buffy umso mehr anstachelte.
- Jetzt stell dir einfach vor, es WÄRE eines...., säuselte sie und drückte
etwas fester zu.
- Buffy lass es, das Ding stinkt nach Mottenkugeln.
Jetzt verlor Buffy die Geduld.
- Was? Weißt du, was du bist? Du bst ein idiotischer Dickschädel!
- Héhéhéhé....und du bist nervig, Ner-vig! Ich kann es dir gern
aufschreiben.
Buffy war von Connors trockenem Lachen so überrascht, daß sie nicht anders
konnte, als selber laut zu lachen. Sie leiß den Pfahl sinken, lehnte sich
gegen den Sessel und lachte. Auch Connor lachte, den Kopf gegen das Polster
gepreßt.
Kaum sahen sich die beiden einander an, als es von neuem losging, sodaß Buffy
Mühe hatte, wieder zu Atem zu kommen.
Vom Treppenhaus aus vernahmen die beiden auf einmal eine laute Stimme, die
irgend etwas in den Flur rief, was nicht gerade höflich klang. Connor und
Buffy verstummten, eine Tür wurde zugeknallt, und es wurde wieder still.
- Wie spät ist es?, fragte Buffy im Flüsterton.
- Viertel nach fünf Uhr morgens, sagte Connor und hielt ihr grinsend seine
Uhr hin. Wie haben wohl den ganzen Block wachgekriegt....
- Ich muß los, Connor, ich jobbe in einem Imbiß und hab heute morgen Frühdienst.
Connor sah Buffy fragend an.
- Du kannst doch unmöglich arbeiten, du hast die ganze Nacht kein Auge
zugemacht.
- Daran bin ich als Jägerin gewöhnt, sagte Buffy mit einem leichten Lächeln.
- Hast du dann noch wenigstens Zeit für einen Kaffee?
- Ja, den könnte ich brauchen. Buffy grinste.....Und du ganz besonders.
Connor verdrehte die Augen und erhob sich aus seinem Lehnstuhl. Dann bückte
er sich nach seinem Schwert und schob es unter seinen Mantel. Buffy sah seinem
Treiben schweigend zu und fragte sich, wie er das auf die Dauer nur
aushielt...
- Gehen wir, sagte Buffy und griff nach der kapputten Türklinke, und wieder
wußte sie ohne sich umzuweden, daß Connor dicht hinter ihr stand.
In einem kleinen Kaffeehaus, daß schon am frühen Morgen geöffnet hatte, saßen
sich zwei sehr unterschiedliche Personen gegenüber: Eine kleine, zierlich
gebaute Jägerin und ein stämmiger, etwas müde wirkender Unsterblicher, der
gerade in seine leere Kaffeetasse starrte.
- Eugh, ich hasse schlechten Kaffee....
- Was hättest du denn sonst verlangt?
- GlenMoran, sagte Connor mit einem grinsen.
Buffy weitete die Augen.
- Was, am morgen?
- Für einen Schotten ist es immer Zeit für einen Whisky, belehrte Connor
seine Begleitung.
- Tja, wenn du es sagst, muß es stimmen, nickte Buffy und trank ihre Tasse
leer. eine Weile lang schwiegen die beiden, bis Buffy auf die Uhr sah.
- Ich muß gehen.
- Tja, dann müssen wir uns jetzt verabschieden, sagte Connor und sah sie an.
- Wir sehen uns sicher wieder, sagte Buffy in einem Tonfall, den sie selbst
etwas zu optimistisch fand.
Connor zuckte die Schultern.
- Ich möchte nichts versprechen, was ich nicht Huntert Prozentig halten kann,
Buffy. Aber ich habe in dieser Nacht endlich sagen können, was ich jahrelang
heruntergeschluckt habe.
Buffy hatte auf einmal einen Kloß im Hals.
- Ich werde dich nicht vergessen.
Connor sah sie eine Weile schweigend an, nickte und stand auf. Buffy tat es
ihm gleich, ging um den Tisch herum und stand ihm gegenüber. Connor streckte
ihr die Hand hin.
- Danke. Und alles Gute.
- Dir auch, sagte Buffy, nahm seine Hand und schüttelte sie.
Als sie so dastand und sich nicht entscheiden konnte, Connors Hand
loszulassen, ging sie plötzlich einen Schritt auf ihn zu und umarmte ihn.
Gleich darauf spührte sie auch Connors Umarmung, und einen Augenblick lang fühlte
sich Buffy geborgen.
Also Connor sie wieder losließ, war Buffys Kehle wie zugeschnürt, und sie
konnte ihm nur noch einmal winken, bevor er in der Morgendämmerung
verschwand.
Wie lange Buffy dagestanden und ihm nachgeschaut hatte, wußte sie nicht
einmal selbst, doch das Geräusch eines vorbeifahrenden Wagens ließ sie
zusammenzucken. Schnell sah sie auf ihre Unr: 6.25! Sie mußte sich nun
wirklich beeilen. Fröstelnd zog sie ihre Jeansjacke enger um ihre Schultern
und machte sich schnell auf den Weg in ihre Wohnung, um ihre Arbeitskleidung
anzuziehen und sich schleunigst auf den Weg zu machen.
Connor MacLeod sah der aufgehenden Sonne entgegen. Das tat er zum ersten Mal
seit einer langen, schon viel zu langen Zeit. Er stützte sich auf seine Hände
und ließ die Beine baumeln.
Die Tatsache, daß es unter ihm etwa 300 Meter tief abwärts ging störte ihn
herzlich wenig. Ihm gefiehl es auf dem höchst gelegenen Punkt der Brücke,
und das klettern hatte sich wirklich gelohnt.
Weit unter ihm floß das schwarze Wasser, und von irgendwo her ertönte das
Rauschen des vorbeiziehenden Verkehrs. In dieser Nacht hatte Connor viel zeit
gehabt, um nachdzudenken, und zum ersten Mal kam ihm in den Sinn, daß Buffy
recht gehabt hatte....und er sich viel zu sehr gehen ließ. Connor hob den
Kopf, als die ersten Sonnenstrahlen den Himmel erhallten und die gesamte Stadt
in ein Rötliches Licht tauchten. Jetzt war es wahrhaftig die Stadt der Engel,
und Connor genoß die Aussicht in vollen Zügen. Er schirmte seine Augen mit
einer Hand ab und blickte auf den Horizont. Am liebsten wäre er die nächsten
100 Jahre dort sitzengebliben, und hätte nichta anderes geamcht, als dem
Sonnenaufgang zuzusehen.
Der undeutliche Laut einer Sirene riss ihn aus seinen Gedanken. Wiederwillig
senkte er den Blick nach unten und erblickte die Menschentraube, die sich
gebildet hatte, und ebenso die drei Polizeiautos, die nun zum Stillstand
gekommen waren. Connor nahm es gelassen, er hatte damit gerechnet, früher
oder später entdeckt zu werden. Er beobachtete, die sich drei Beamten mit
einem anderen Mann unterhielten, der sie wohl auf die Brücke bringen sollte.
Connor lächelte. Auf weiteren Ärger mit der Polizei hatte er keine Lust,
denn für sein Geschmack war er schon oft genug in die Fänge des Gesetzes
gekommen. Der Unsterbliche winkelte die Beine an und richtete sich auf der
schmalen Plattform auf. Der kühle Morgenwind pfiff ihm durch das Haar und
durch den Mantel, Connor genoß es. Dann löste er seinen Blick von den
Menschen unter weiter unten und richtete ihn wieder auf den Sonnenaufgang.
Langsam breitete er seine Arme aus und überlegte, ob er hier dem Himmel nicht
doch schon näher war als der Erde.Einige Sekunden blieb er so stehen, das
Geheule der Sirenen nahm er gar nicht mehr wahr, er versuchte sich auzumalen,
wo er wohl landen würde. Als die ersten Sonnenstrahlen seinen Standort
streiften, schloß Connor die Augen und ließ sich nach vorne fallen.....
- Anne!
Zuerst reagierte Buffy nicht. die Stimme rief zum zweiten Mal, diesmal eine
Spur ungeduldiger.
- Anne! Wo steckst du? Du wirst hier gebraucht!
Schnell kam Buffy aus dem Hinterraum und ging zu Joanne hinter die Theke. Es
war erst kurz vor sieben, doch der Eßsaal war schon überfüllt, zum größten
Teil mit Lastwagenfahrern, die frühstücken wollten.
- Was gibt es?, fragte Buffy ihre Kollegin.
Joanne war gerade damit beschäftigt, Kaffee einzuschenken.
- Kannst du kurz ins Lager, ein paar Flaschen Saft holen? Wir haben fast
keinen mehr.
- Mach ich, sagte Buffy und nahm einen breiten Tragekorb. Eilig ging sie durch
den Raum, den Kommentaren mancher Gäste schenkte sie keinerlei Beachtung. Sie
drückte gegen die Glastür und trat ins Freie. Als sie um das Gebäude zum
Lager ging, war die Sonne garade aufgegangen. Buffy blieb stehen und sah sich
den immer heller werdenden Himmel eine Weile an. < Um diese zeit würde ich
gerade aufstehen, um in die Schule zu gehen, oder ich säße schon beim Frühstück
mit.....>
- Mama, murmelte Buffy.
< Ich wäre zu Hause, ich hätte Willow, Xander und Giles wieder....ich
will nach Hause >
Erschrocken schüttelte Buffy energisch den Kopf, um den Gedanken so schnell
wie möglich wieder zu vertreiben. Doch es war zu spät: Zum ersten Mal seit
vielen Wochen hatte sie das Bedürfnis verspührt, zurück nach Sunnydale zu
gehen, und zum ersten Mal hatte sie gehofft, daß alles wieder gut werden
konnte. So sehr Buffy es vertreiben wollte, dieser Gedanke hatte sich irgendwo
in ihr festgesetzt , und sie ahnte bereits, daß er sich früher oder später
wieder melden würde, mit jedem Mal lauter.
Buffy begann sich vor der Entscheidung zu fürchten, die sie früher oder später
treffen mußte.
- Anne! Wo bleibst du?
Joannes Stimme holte Buffy wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, und
wenn sie keinen Ärger mit ihrem Chef haben wollte, mußte sie sich beeilen.
Buffy stellte den Korb ab und schloß das Lager auf, ihre Gedanken kreisten
wieder rund um ihren Altag.
Doch irgendwo in einer dunklen Ecke ihres Wesens, flüsterte ihr eine Stimme
immer wieder zu, daß sie sich endlich entscheiden mußte. Buffy kannte diese
Stimme, gefolgt von einem unverkennbar rauen, trockenem Lachen: Connors
Lachen.