- BEDTIME STORIES -
by Saberwing
D.A. 'Angst, vor allem anderen die Angst vor dem Unbekannten, gibt es schon seit Menschengedenken und in unterschiedlichen Zeiten haben sich diese Ängste auf verschiedene Arten manifestiert. In unserer modernen Gesellschaft werden sie weitgehend verdrängt, aber vor allem Kinder machen oft noch Erfahrungen mit unerklärlichen Ängsten. Wie stark die Angst sein kann sollte das O.S.I.R. - Team im Fall #183-965 erfahren.'
Er wachte auf, geweckt durch das kratzende Geräusch, das unter seinem Bett hervorkam, nicht zum ersten Mal. In der Mitte des Bettes setzte er sich auf, zog die Beine an den Körper und wickelte die rote Superman - Bettdecke fest um sich. Gerne würde er nach seiner Mutter rufen, aber er wagt es nicht einmal zu atmen. Vielleicht, wenn es ihn nicht hörte, würde es einfach wieder verschwinden. Dicke Wolken hingen vor dem fahlen Mond, so dass kaum Helligkeit in den Raum drang als plötzlich das Nachtlicht neben der Tür erlosch. Das leise Kratzen unter ihm wirkte in dem stockdunklen Raum noch lauter. Der Junge tastete vorsichtig nach seiner Plastiklaserpistole, die er sich neben seinem Kopfkissen bereitgelegt hatte. Das kratzende Geräusch verstummte und er konnte hören, wie es langsam, ganz langsam hervorkroch. Aus dem Dunkel direkt vor ihm blitzten ihn plötzlich zwei glühend rote Augen an, er zielte genau dazwischen und betätigte den Auslöser. Bunte Lichtblitze strahlten aus der Spielzeugpistole, das rote Augenpaar raste auf ihn zu, verbiss sich in seine Waffe und liess sich nicht mehr abschütteln. Er liess sie zu Boden fallen und schrie laut nach seiner Mutter.
TAG 1, VOR DEM MOBILEN O.S.I.R. LABOR, 09:00 h
"Aktenzeichen #183-965, Leiter der Ermittlungen Connor Doyle, Tag eins." sprach er in sein Diktiergerät. "Wir befinden uns jetzt in Watertown, New York, um das angebliche Auftauchen eines unbekannten Wesens zu untersuchen, das nach Angaben der Familie McPherson ihren achtjährigen Sohn..." Er schlug einen Aktenordner auf, der vor ihm auf der Motorhaube des schwarzen Ford Explorer lag und liess seine Augen kurz über die Zeilen wandern. "... ihren achtjährigen Sohn Malcolm angegriffen und verletzt haben soll." beendete er die Aufzeichnung.
IM MOBILEN O.S.I.R. LABOR, 09:10 h
Sein Team, bestehend aus Anton Hendricks, Lindsay Donner und Peter Axon war bereits um den Tisch versammelt. Er blieb kurz unbemerkt vor den Glasschiebetüren stehen und beobachtete amüsiert eine hitzige Diskussion zwischen Peter und Lindsay bevor er den Raum betrat und das Gespräch seiner Kollegen augenblicklich verstummte. Doyle setzte sich ans Kopfende des Tisches und gab drei Aktenordner an Hendricks weiter, der sie an die übrigen verteilte. Connor nahm währenddessen die Fernsteuerung für den Videoprojektor zur Hand und auf der Leinwand erschien auf einer Seite das Foto eines Jungen im Grundschulalters, auf der anderen Seite sein Name und alle über ihn erhältlichen Daten.
"Malcolm McPherson, sieben Jahre alt." begann Doyle. Er blieb im Licht des Projektors neben dem Bild stehen und fuhr fort: "Nach Aussage der Eltern wird das Kind jede Nacht von einem nicht identifizierten Wesen attackiert."
Axon lehnte sich in seinem Stuhl zurück und gähnte. Doyle überging das. "Der Junge ist davon überzeugt, dass dieses Wesen nachts unter seinem Bett hervorkommt."
Peter schüttelte den Kopf und grinste. "Connor, was soll das? Ein Monster unter dem Bett? Wer hatte das in dem Alter denn nicht?"
Lindsay Donner lächelte zu ihm herüber. "Das sind ja ganz neue Einblicke in ihre Persönlichkeit, Axon."
Mit einem weiteren Knopfdruck erschien ein neues Bild vor ihnen. Axon's Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. Es war dasselbe Kind, wirkte aber ängstlich und durcheinander, sein Körper war an Armen, Beinen und Brustkorb übersät mit kleinen, kreisförmigen Wunden.
"Deshalb sind wir hier." stellte Doyle fest.
Er nahm einen durchsichtigen Plastikbeutel aus dem Regal bevor er sich auf seinen Platz zurückbegab.
"Hiermit hat Malcolm McPherson versucht, sich zu verteidigen." erklärte er und reichte das Beweisstück an Peter weiter, der direkt neben ihm sass.
"Kann ich...?" er warf Connor einen fragenden Blick zu. Der nickte: "Ja, die Proben sind bereits genommen worden." Axon öffnete den Plastikbeutel und nahm die futuristische Spielzeugpistole heraus, um sie sich genauer zu betrachten.
"Wow". kommentierte er angesichts der fehlenden halbkreisförmigen Stücke. "Das sieht allerdings nicht nach meinem Monster unter dem Bett aus." Er drückte den Auslöser, Lichter blitzten und ein Geräusch so durchdringend wie ein Autoalarm ertönte, also gab das Spielzeug an Donner weiter. "Kann der Junge das selbst irgendwie kaputt gemacht haben?"
Doyle schüttelte den Kopf. "Unwahrscheinlich. Es sieht so aus als wären die Teile ausgestanzt worden, im immer gleichen Muster." erklärte er.
"Herausgebissen." warf Lindsay ein bevor sie das Beweisstück an Hendricks weitergab.
"Gebissen? Von einem Monster?" fragte Axon ungläubig .
"Vielleicht irgendwie herausgeschnitten..." überlegte Anton laut.
Connor räusperte sich kurz und unterbrach die Diskussion unter seinen Kollegen, um zu verhindern, dass sie sich in Einzelheiten verlieren würden.
"Lindsay, bitte suchen Sie betreffend die Familie und das Haus nach Hintergrundinformationen. Anton, Sie warten bitte hier auf die Ergebnisse der Proben von dem Plastikspielzeug."
Die beiden nickten, standen auf und verliessen den Konferenzraum.
"Peter, Sie sind für die Umgebungsanalyse im Haus zuständig. Ich werde Sie begleiten, weil ich uns ohnehin bei Familie McPherson vorstellen sollte."
VOR DEM HAUS DER McPHERSONS, 10:00 h
Peter hielt den schwarzen Ford Explorer auf der Einfahrt des grossen viktorianischen Hauses an. Sie stiegen aus dem Wagen und er betrachtete beeindruckt das Gebäude. Mauern aus rotbraunen Steinen, weisse Holzfensterrahmen, Dachgiebelfenster und weisse Säulen an der Frontseite und um den Eingangsbereich. Es wirkte gross und mächtig. Der Garten war gut bewachsen, Efeu rankte sich die Aussenwände hinauf, das Haus schien schon so lange hier zu stehen, dass es zu einem Teil der Umgebung geworden war. Doyle war ebenfalls stehengeblieben und betrachtete die Umgebung als ein knapp 40jähriger Mann aus zu ihnen heraustrat noch bevor sie die Eingangstür erreicht hatten.
"Wer von Ihnen ist Doyle?" fragte er kurz, als er auf sie zukam.
Connor streckte ihm die Hand entgegen. "Connor Doyle, Office of Scientific Investigation and Research." stellte er sich kurz vor und lächelte ihn verbindlich an. "Mr. McPherson nehme ich an? Das ist mein Kollege, Peter Axon."
Peter wollte ihm ebenfalls die Hand schütteln, aber der Mann beachtete ihn kaum, nickte ihm nur kurz zu und fing dann wieder an auf Connor einzureden. "Die Polizei hat mir schon gesagt, dass Sie hier auftauchen würden. Ich weiss nicht, was Sie hier wollen, wir sind eine ganz normale Familie, es gibt hier nichts für Sie zu untersuchen."
Connor sah sich kurz um, sammelte sich und lächelte ihm beschwichtigend zu. "Si********************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************************er Bildfläche. "Hallo, mein Name ist Peter Axon." nutzte Peter seine Chance. Sie lächelte ihm ebenfalls freundlich zu, wirkte aber trotz allem besorgt. "Kommen Sie doch bitte herein." sagte sie und geleitete die beiden O.S.I.R. Mitarbeiter in ihr Haus, Mr. McPherson liess sie ohne ein weiteres Wort draussen stehen, er schien auch keine Anstalten zu machen, ihnen zu folgen.
IM MOBILEN O.S.I.R. LABOR, 10.30 h
Anton Hendricks hielt ein verschlossenes Reagenzglas in der Hand und betrachtete dessen Inhalt. Den Bericht hatte er schon gelesen. An den halbkreisförmigen Zerstörungen an der Plastikpistole waren Speichelspuren gefunden worden, irgendwer oder irgendwas musste also die Stücke aus dem harten Plastik gebissen haben. Mit den ersten Tests konnte nicht festgestellt werden, um was für eine Art von Tier es sich handelte, aber sobald die restlichen Tests durchlaufen wären, sollte das wohl feststehen. Hendricks legte das Glasröhrchen zurück auf den Tisch und schloss den Aktenordner.
IM HAUS DER McPHERSONS, 10:30 h
"Entschuldigen Sie bitte Walt's Verhalten, er hatte viel Stress in letzter Zeit." erklärte Mrs. McPherson. Connor nickte und setzte sich auf den ihm angebotenen Platz auf der Couch. "Ich werde schnell mal etwas Wasser für uns aus der Küche holen, entschuldigen Sie mich." verabschiedete sie sich aus der Tür hinaus. Peter musterte den Raum und strich mit der Hand über den roten Bezug der Couch bevor er sich neben Connor setzte und die Arme vor der Brust verschränkte. "Das Zeug hier ist alles antik, die McPhersons verdienen wohl nicht schlecht." bemerkte er.
Mrs. McPherson kam wieder ins Wohnzimmer und reichte jedem ihrer Gäste ein Glas Wasser.
"Mrs. McPherson, um herauszufinden, was hier vorgeht, wäre es notwendig, dass Dr. Axon einige Messungen und Untersuchungen hier im Haus vornimmt. Wäre das für Sie in Ordnung?"
Sie nickte. "Ja... an sich schon, aber Malcolm kommt um drei von der Schule nach Hause und es wäre mir sehr recht, wenn Sie bis dahin wieder aus dem Haus wären. Ich möchte nicht, dass sie ihn damit noch mehr durcheinander bringen."
"Peter?" Connor sah ihn fragend an. Axon nickte. "Kein Problem. Ich sollte aber sofort anfangen, damit ich rechtzeitig fertig werde." Er stand auf, lächelte Mrs. McPherson noch mal zu und verliess den Raum.
VOR DEM HAUS DER McPHERSONS, 11:00 h
Axon machte sich daran, seine Messgeräte aus dem Ford zu laden. Walter McPherson stand im Schatten des angrenzenden Waldstückes und beobachtete ihn - unbemerkt.
IM MOBILEN O.S.I.R. LABOR KONFERENZRAUM, 15:00 h
Hendricks ergriff als erster das Wort: "Laut Laborberichten sind es definitiv Bissspuren." Er händigte eine Kopie des Berichtes an seine Kollegen aus. "Sie arbeiten noch daran den Abdruck sowie die Speichelspuren einem uns bekannten Tier zuzuordnen."
"Wieso dauert das so lange? Gibt die Gebissform keinen Aufschluss darüber?" fragte Doyle sich selbst laut und überflog den eben erhaltenen Bericht.
Anton schüttelte den Kopf. "Nein, bis jetzt steht noch nichts fest. Ausgehend von der Grösse könnte es sich um einen kleinen Hund handeln, aber die Halbkreisform ist dafür eher uncharakteristisch."
Axon nahm die Fotos aus der Akte zur Hand. "Nein... was auch immer es war, es muss mit sehr grosser Kraft zugebissen haben, die Kanten sind fast glatt, keine Splitter..."
"Ich schlage vor, wir warten die Ergebnisse der restlichen Tests ab." beendete Doyle dieses Thema. "Axon, haben die Messungen irgend etwas ergeben?"
"Nope." antwortete er kurz. "Überhaupt nichts, nicht in dem Zimmer und auch nicht im Rest des Hauses. Für den Garten hatte ich keine Zeit mehr, aber ich halte es ohnehin für unwahrscheinlich, dort noch etwas zu finden."
Auf Peter's suchenden Blick hin schob Connor die Fernbedienung über den Tisch zu ihm hin.
"Danke." Axon stand auf, klickte ein Foto des Kinderzimmers auf die Leinwand. "Das ist sein Zimmer." Seinen Worten folgte ein weiteres Bild. "Und so sieht es unter dem Bett aus."
Das Bett war auf die Seite geschoben worden, so dass der braune Holzlaminatboden zu sehen war. Der Bodenbelag war verkratzt und bei genauerem Hinsehen formten die Kratzspuren einen Kreis, der direkt unter der Mitte des Bettes liegen musste.
"Die Kratzspuren sind überall unter dem Bett, das ist hier nicht so gut zu sehen, aber sie konzentrieren sich hier zu einem Kreis." Mit der Hand deutete er die Form auf dem Bild an. "Ein Teil der Spuren ist schon älter, ein Teil muss erst vor einigen Tagen hinzugekommen sein. Es liessen sich noch keine typischen Spuren irgendwelcher Werkzeuge feststellen, eine Probe ist auf dem Weg ins Zentrallabor." beendete er seine Ausführungen.
Connor machte sich einige Notizen und sah nur kurz auf, als Lindsay das Wort ergriff.
"Das Haus wurde 1881 erbaut von einer Familie Baker, Europäer, eine Verbindung zu den heutigen Bewohnern ist nicht feststellbar. Die Familie ging schon bald nach Europa zurück, das Gebäude wechselte häufig den Besitzer, zuletzt wurde es an Walter McPherson weitergegeben, nachdem seine Eltern dort bis zu ihrem Tode gelebt hatten."
"Schon vorher mal irgend etwas seltsames passiert?" warf Axon ein.
"Nicht so ungeduldig, Peter." lächelte Lindsay ihm zu und fuhr fort. "Seine Eltern zogen 1966, drei Jahre vor Mr. McPhersons Geburt, in das Haus ein. Sie wechselten nur einmal den Wohnsitz, 1976, und kamen vor zehn Jahren wieder in die Stadt und das Haus zurück. Es gibt keine Bestätigungen für irgendwelche paranormalen Aktivitäten, aber es soll eine Legende zu diesem Haus geben..."
"...wie wohl zu fast jedem Haus in dem Alter." beendete Axon den Satz für sie. Connor lächelte, hatte die Arbeit beim O.S.I.R. doch noch immer nicht den Skeptiker in seinem Kollegen vertrieben.
"Genau Peter." antwortete ihm Lindsay. "Und deshalb möchte ich gerne mit ein paar Leuten in der Stadt sprechen, um herauszufinden, was hinter dieser Legende steckt."
Connor nickte. "Tun Sie das. Anton, Sie sollten mit Familie McPherson über die Vorfälle sprechen, aber lassen Sie es ruhig angehen, Mr. McPherson scheint mir ohnehin nicht besonders begeistert von unserem Auftauchen. Um 18:00 h treffen wir uns hier wieder."
Hendricks nickte, stand auf und verliess gefolgt von Lindsay Donner den Konferenzraum.
"Nichts für mich?" fragte Axon, nachdem die Glasschiebetür sich hinter den beiden geschlossen und ihn mit seinem Ermittlungsleiter allein im Raum gelassen hatte.
Doyle lächelte. "Nein, nicht wirklich. Ich hätte gerne eine Überwachung in Malcolm's Zimmer. Sehen Sie eine Möglichkeit, das zu machen, ohne dass der Junge etwas davon bemerkt?"
Axon zog die Augenbrauen hoch und lehnte sich in seinen Stuhl zurück. "Kaum." antwortete er. "Möglicherweise eine versteckte Kamera, aber nicht mehr."
Doyle nickte. "In Ordnung, dann werden wir es fürs Erste mal so probieren."
Er wollte gerade den DAT - Rekorder an seinem Gürtel anschalten und Axon stand auf, um zu gehen.
"Peter?" hielt Connor ihn an der Tür auf. "Sie glauben das alles nicht, oder?"
Axon grinste verlegen und strich sich mit der Hand durch die kurzen grau mellierten Haare. "Mmh... ich weiss nicht." gab er zurück. "Noch nicht. Es gibt keine Beweise."
Doyle lächelte. "Nach allem, was wir gesehen haben, siegt immer noch der Wissenschaftler. Ich werden Ihnen den Skeptiker schon noch austreiben." murmelte er und begann die Aufzeichnung, als Peter den Raum verliess.
"Aktenzeichen #183-965, Connor Doyle, Aktennotiz. Obwohl die Laborergebnisse noch unschlüssig sind, ist davon auszugehen, dass es sich bei den Zerstörungen an Beweisstück A um Bissspuren handelt. Die Umweltanalyse verlief ergebnislos. Auf dem Boden unter Malcolm McPherson's Bett wurden Kratzspuren gefunden, deren Herkunft noch nicht geklärt werden konnte."
WOHNZIMMER DER McPHERSONS, 16:00 h
Hendricks sass gegenüber von Mrs. McPherson, die Kamera bereits neben sich aufgebaut.
"Mrs. McPherson" begann er die Befragung "können Sie mir sagen, wann Malcolm das erste Mal von diesen Geschehnissen erzählt hat?"
Sie wirkte etwas nervös. "Zeichnen Sie das alles auf?"
Anton lächelte ihr freundlich zu. "Ja, aber das ist nur für die Akten, ich möchte sicherstellen, dass ich bei der Auswertung nicht irgend etwas übersehe."
Sie nickte. "In Ordnung. Also das erste Mal hat er schon vor etwa einem Jahr... ja, kurz nach seinem siebten Geburtstag hat er davon erzählt. Malcolm wird in einer Woche acht, wissen Sie. Ich dachte damals natürlich, es wäre nur ein Alptraum gewesen. Eine Zeit lang war dann auch wieder Ruhe, aber in den letzten Wochen ist es immer häufiger geworden, jetzt schon fast in jeder zweiten Nacht."
"Haben Sie selbst schon jemals irgend etwas ungewöhnliches gesehen oder gehört?"
Sie schüttelte den Kopf. "Nein, eigentlich nicht."
"Würden Sie mir erzählen, wovon genau Malcolm Ihnen berichtet hat?"
"Nun ja... da ist irgend etwas unter seinem Bett und es kommt nur nachts heraus. Er sagt es ist ein kleines haariges Monster, schwarz, mit langen Krallen und leuchtend roten Augen..."
In diesem Moment klingelte es an der Tür.
"Entschuldigen Sie mich bitte." Sie stand auf, wirkte fast erleichtert, der Befragung zu entkommen.
"Oh, Professor Doyle, Mr. Axon... gibt es wohl noch etwas, das Sie untersuchen möchten?"
Doyle lächelte. "Ja Ma'am, so ist es tatsächlich. Wir würden gerne eine Kamera im Zimmer Ihres Sohnes..."
"Nein," unterbrach sie ihn. "tut mir leid, aber ich sagte Ihnen ja schon, ich möchte nicht, dass Malcolm so viel davon mitbekommt, und wenn Sie Ihre ganzen wissenschaftlichen Geräte in sein Zimmer... nein, ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist."
"Mrs. McPherson" ergriff Peter das Wort. "es würde sich dabei lediglich um eine kleine Kamera handeln, die ich so anbringen werde, dass Ihr Sohn davon überhaupt nichts merkt, das verspreche ich Ihnen."
Sie zögerte. "Sind Sie sicher?" fragte sie noch einmal nach.
Axon nickte. "Ich gebe Ihnen mein Wort."
"Gut." stimmte sie schliesslich zu. "Aber sagen Sie meinem Mann nichts davon, er wäre nicht einverstanden."
IM WOHNZIMMER DER McPHERSONS, 16:40 h
Axon und Doyle sassen zum zweiten Mal an diesem Tag auf der antiken Couch, Hendricks packte gerade die Kamera wieder ein.
"Malcolm, kommst du mal runter?" hörte man seine Mutter im Treppenhaus rufen, darauf folgten seine Schritte auf den Holzstufen. Seine Mutter versicherte sich mit einem Blick ins Wohnzimmer noch kurz, dass Hendricks die Kamera schon wieder abgebaut hatte und brachte Malcolm dann hinein.
Er trug weite Jeans, Turnschuhe, ein Star Trek T-Shirt und eine Yankees - Baseballkappe.
"Das sind Mr.Axon und Mr.Doyle." stellte sie die beiden O.S.I.R. Mitarbeiter vor.
"Hi. Ich bin Peter." begrüsste er den Jungen. Connor lächelte ihm ebenfalls zu.
"Hi." gab Malcolm kurz zurück.
"Die beiden würden sich gerne mal in deinem Zimmer umsehen und du bleibst so lange hier bei mir in der Küche, okay?" fügte sie hinzu.
Malcolm zögerte. "Aber fass meine Star Trek - Figuren nicht an." erklärte er Peter. Der nickte. "Versprochen."
MALCOLM'S ZIMMER, 16:50 h
Axon legte den schwarzen Plastikkoffer aufs Bett und sah sich kurz im Raum um, nach einer passenden Stelle für die Positionierung der Kamera suchend.
"Wie wäre es hier?" fragte Doyle mit Blick auf das Regal vor dem Bett, vollgestellt mit Actionfiguren.
Axon schüttelte den Kopf. "Star Trek Figuren, Connor. Er hat gesagt ich soll sie nicht anfassen, demzufolge liegt ihm besonders viel an ihnen, da wird er sie sich wohl öfter mal anschauen und dann findet er die Kamera."
Connor lehnte sich an die Wand, die Hände in den Hosentaschen. "Oh, Star Trek. Ich wusste nicht, dass Sie als Wissenschaftler ein Faible für so etwas haben."
"Von da aus sollte die Kamera das gesamte Zimmer im Bild haben." Peter deutete in Richtung des Kleiderschrankes dessen Oberseite vollgestopft war mit teilweise schon etwas angestaubten Stofftieren.
Er fixierte den Fuss der Überwachungskamera mit deinem starken Klebeband auf dem Holzschrank, überprüfte die Batterie und richtete die beiden Antennen aus.
Connor schaltete den schwarz - weiss Monitor im Koffer an. "Noch ein bisschen zu nah dran." kommentierte er das Bild, das er dort sah. Axon spielte noch kurz an der Zoom - Einstellung, dann waren sie beide zufrieden und er begann, die Stofftiere wieder rund um die Kamera aufzustellen.
"Hält die Batterie lange genug?" fragte Doyle.
Axon sah kurz auf seine Armbanduhr. "Wenn wir sie gleich anschalten bis morgen, 09:00 h bis maximal 09:30 h."
Connor nickte. "In Ordnung, das ist lange genug, dann muss heute abend wenigstens nicht noch mal jemand hier vorbeikommen."
Axon und Doyle verabschiedeten sich kurz von Mrs. McPherson und versprachen, dass jetzt alles erledigt sei und bis zum nächsten Morgen niemand von ihnen mehr auftauchen würde.
Malcolm stand draussen und bestaunte den schwarzen Ford Explorer.
"Hi!" lächelte Peter ihn an. Connor nahm ihm den Koffer ab und verstaute alles im Wagen.
"Cooles Auto." bemerkte Malcolm. "Ist das deines?"
Er grinste. "Nein, nicht wirklich, ich darf es nur fahren."
"Seid ihr von der Polizei?" fragt der Junge weiter.
"Uh... nein, wir sind..." Axon zögerte.
"... die Ghostbusters." beendete Doyle den Satz für ihn.
Malcolm grinste. "Habt ihr das Monster eingefangen?"
"Noch nicht." antwortete Connor. "Es war leider nicht da, aber sobald es sich wieder sehen lässt, schlagen wir zu."
Malcolm nickte. "Okay, das ist gut." stellte er fest und verschwand wieder zurück ins Haus.
Connor setzte sich auf den Beifahrersitz und zog die Tür zu, sichtlich erleichtert, dass das Kind nicht noch angefangen hatte, nach Geisterfallen oder sowas zu fragen.
Peter drehte den Zündschlüssel und warf Connor einen fragenden Blick zu. "Die Ghosbusters?"
IM MOBILEN O.S.I.R. LABOR, 18:00h
Die Mitglieder des Teams waren wieder um den Tisch versammelt, nur Lindsay Donner liess auf sich warten.
"Anton, wissen Sie, wo Lindsay bleibt?"
Er schüttelte den Kopf. "Keine Ahnung, sie hat sich nicht bei mir gemeldet."
"Peter und ich haben die versteckte Kamera installiert." Er zögerte kurz, so als ob er darauf warten würde, dass Lindsay hinter den Glastüren auftauchen würde. "Gut, dann fangen wir ohne Donner an. Können wir uns mal das Interview mit Mrs. McPherson ansehen?"
KONFERENZRAUM, 18:14h
Anton hielt das Video kurz an, als die Schiebetüren zur Seite glitten und Donner den Raum betrat.
"Tut mir leid, dass ich zu spät bin." entschuldigte sie sich. "Ich hab mich verfahren."
Axon grinste. "Kein Wort, Peter!" befahl sie, als sie sich auf den freien Platz ihm gegenüber setzte. Sie wusste genau, dass von ihm mit einer spöttischen Bemerkung zu rechnen hatte. Er hob entschuldigend die Hände: "Hatte ich nicht vor."
Auch wenn er es jetzt nicht sagte, irgendwann würde er darauf zurückkommen und seine Witze darüber machen, das war ihr klar, also bedachte sie ihn noch einmal mit einem ausdauernden Blick. Er lächelte zuerst, gab auf und wich ihrem Blick aus.
Connor beobachtete die Szene ohne sie zu unterbrechen. Es schien so als würde sich das Verhältnis zwischen den beiden nun langsam wieder normalisieren, darüber war er froh.
Nach Ende des Video - Interviews schloss Donner sich mit ihrer Berichterstattung an.
"Also, ich habe mich in der Stadt ein bisschen umgehört. Ein Fluch oder ein Geist soll schon immer Kinder heimgesucht haben, die in diesem Haus wohnten. Auf dem Grundstück stand vorher schon einmal ein anderes, viel grösseres Haus, dass aber bis auf die Grundmauern abbrannte. Die meisten glauben, dass es die Geister der damals Verstorbenen sind."
"Wenn das wirklich so ist" fasste Axon zusammen "dann brauchen wir die Bebauungspläne des Grundstücks, um zu sehen, in wieweit die Standorte des alten und des neuen Gebäudes sich überlagern, da die Erscheinung ja stark räumlich begrenzt zu sein scheint. Ausser im Kinderzimmer ist noch nie etwas passiert."
Donner schüttelte den Kopf. "Ich denke eher, das Phänomen bezieht sich auf das Kind, nicht auf das Zimmer."
"Ich möchte auf jeden Fall Bebauungspläne des Grundstückes sowie Baupläne des McPherson Hauses und des damals abgebrannten Gebäudes. Vielleicht lässt sich ja irgendein Zusammenhang finden." fügte Connor hinzu.
MOBILES O.S.I.R. LABOR, 19:40h
Lindsay übertrug die alten Pläne, die aufgefaltet vor ihr auf dem Tisch lagen, in den Computer.
"Wie sieht es aus?" fragte Axon hinter ihr und stellte ihr eine Tasse Kaffee hin.
Sie unterbrach ihre Arbeit für einen Moment. "Die Gebäude standen nicht auf der gleichen Stelle, es gibt keinerlei räumliche Überschneidungen. Ich habe gerade beide Grundrisse übertragen, jetzt müssen wir nur noch sehen, ob es da vielleicht irgendwelche Ähnlichkeiten gibt."
"Also dann, los geht's." sagte Peter und tippte einige Befehle auf der Tastatur. Auf dem Computerbildschirm erschienen die beiden Pläne. Der Rechner arbeitete jetzt ohne weitere Eingaben, verglich die Bilder, drehte, spiegelte und vergrösserte. Fast jeder der Versuche wurde mit einer 'Keine Übereinstimmung' - Meldung beendet. Ein einziger brachte ihnen eine Ähnlichkeit von gerade mal 3% ein.
Axon ärgerte sich, schüttelte den Kopf. "Es kann also nichts mit dem Haus zu tun haben..."
"Vielleicht betrifft es ja das gesamte Gelände?" schlug Lindsay vor.
Er schüttelte den Kopf. "Nein, nein. Es ist ja noch nie irgendwo anders etwas beobachtet worden, nur in dem Zimmer."
Axon wendete sich ab und ging.
MOBILES O.S.I.R. LABOR, 22:10h
"Und, wie sieht es aus?" fragte Connor hinter ihm.
Axon nahm den Blick nicht vom Monitor vor ihm. "Naja, der Junge schläft jetzt seit einer Stunde und vor etwa 15 Minuten ist ihm sein Comicheft aus der Hand auf den Boden gefallen." antwortete er, rieb sich die Augen und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
"Nur nicht die Geduld verlieren. Seine Mutter hat gesagt, es ist noch nie etwas vor Mitternacht passiert." erklärte Connor daraufhin.
"Oh, aber klar, Geisterstunde." entgegnete er-
MOBILES O.S.I.R. LABOR, 01:25h
Aus dem Augenwinkel erhaschte Axon eine Bewegung auf dem Bildschirm vor sich und sah von seinem Laptop auf. Der Junge hatte sich in der Mitte seines Bettes aufgesetzt. Peter griff nach seinem Headset: "Connor? Ich denke, die Show fängt an."
Doyle beugte sich nach vorne und beobachtete das schwarzweiss Bild auf dem Monitor ganz genau. Malcolm sass immer noch in seinem Bett, die Bettdecke fest um sich gewickelt.
"Ist er wach?" fragte Connor.
"Ich gehe davon aus." antwortete Axon. "Ohne jegliche Bio - Werte ist das schwer zu sagen."
"Warten wir, was passiert."
ZUR GLEICHEN ZEIT IN MALCOLM'S ZIMMER
Malcolm sah sich unsicher in seinem Zimmer um. Er hatte seine Laserpistole nicht mehr, wie sollte er sich jetzt verteidigen, überlegte er. Das Kratzen auf dem Holzboden verstummte und kleine Pfoten mit langen Krallen machten sich auf den Weg, unter seinem Bett hervorzukrabbeln. Er konnte es herausschleichen hören. Dann drehte es sich zu ihm um, riss die glühend roten Augen auf und sprang auf ihn zu. Er schrie so laut er konnte und versuchte, sich unter seiner Decke zu verstecken. Dennoch versetzte es ihm einen Hieb und kratzte seinen Arm blutig. Seine Mutter, alarmiert durch seinen Schrei, öffnete die Tür und das Ding war verschwunden.
MOBILES O.S.I.R. LABOR, 02:00h
Schon unendlich viele Male hatte er das Video ablaufen lassen, und auch dieses Mal änderte sich nichts. Nicht auf dem Original, nicht auf der Infrarotbehandlung und nicht auf der wärmebehandelten Version war auch nur das geringste zu sehen.
"Peter, gehen Sie schlafen." hörte er Connor von der Tür her.
Er schüttelte den Kopf. "Nein Connor, da muss etwas zu finden sein. Ich will nur noch..."
"Peter, gehen Sie oder ich schmeisse Sie hier persönlich raus. Die Videos laufen Ihnen nicht weg." bestimmte Connor. Axon zögerte nur noch kurz, schaltete dann widerwillig den Monitor aus und verliess den Raum.
Doyle setzte sich selbst auf den Stuhl, schaltete den Monitor wieder ein und liess das überarbeitete Video ablaufen.
TAG 2, HAUS DER McPHERSONS, 10:00h
Axon baute die Kamera wieder ab, während Doyle mit Mrs. McPherson sprach.
"Mr. Doyle, es ist mir egal, was mein Mann davon hält, ich möchte, dass Sie alles Nötige tun, damit das aufhört."
Er nickte. "Mrs. McPherson, was wir als erstes tun müssen, ist, das Phänomen zu isolieren, also festzustellen, ob die Geschehnisse lokal begrenzt sind oder ob sie vielleicht in irgendeinem Zusammenhang mit Ihrem Sohn stehen."
von Personen ausgelöst werden, aSie wirkte verunsichert. "Was soll Malcolm denn damit zu tun haben? Glauben Sie vielleicht, dass er verrückt ist?!"
Er legte ihr beschwichtigend die Hand an den Arm. "Nein, Ma'am. Es kommt nur durchaus vor, dass paranormale Phänomene von Personen erzeugt werden, die selbst gar nichts davon wissen. Ich würde vorschlagen, dass Ihr Sohn heute Nacht in einem anderen Raum schläft und wir überwachen sowohl ihn als auch sein Kinderzimmer, damit sollte sich einiges klären lassen. Wir müssen dazu das mobile Labor hierher verlegen. Ausserdem wäre es von Vorteil, wenn Dr. Hendricks mit ihm sprechen könnte. Dadurch könnten wir feststellen, ob er die Fähigkeiten dazu hat, so etwas hervorzurufen."
Sie zögerte, schien nicht allzu begeistert davon, wusste aber, dass sie keine Wahl hatte und nickte schliesslich. "In Ordnung. Ich werde Malcolm alles erklären wenn er aus der Schule kommt."
"Connor?" unterbrach Axon die beiden. "Ich habe alles wieder abgebaut."
"Gut. Warten Sie doch bitte eben draussen beim Wagen, Peter, ich komme gleich." Nachdem Axon verschwunden war, wandte Doyle sich noch einmal Mrs. McPherson zu.
"Ma'am, ich hätte da noch eine Frage..." er zögerte.
"Ja, bitte?" antwortete sie.
"Ihr Ehemann, können Sie mir sagen, warum er sich so unkooperativ verhält?"
Sie schüttelte den Kopf. "Nein, ich weiss es nicht. Normalerweise ist er nicht so. Früher jedenfalls. Er hat sich sehr verändert, seit das mit Malcolm angefangen hat. Wahrscheinlich sorgt er sich nur um ihn."
Doyle nickte. "Natürlich, das ist ja verständlich."
VOR DEM HAUS DER McPHERSONS, 10:40h
Axon wartete, ans Auto gelehnt und liess sich nicht anmerken, dass er wusste, dass ihn jemand beobachtete. Eine dunkle Gestalt versteckte sich in den Schatten der grossen Nadelbäume.
"Peter..." begann Doyle, als er auf ihn zuging, wurde jedoch sofort von ihm unterbrochen.
"Connor," Axon grinste ihn an, seine Mimik liess nicht durchscheinen, wovon er sprach. "wir werden beobachtet."
Doyle lächelte zurück, nickte. "Wer ist es?"
Axon drehte sich von ihrem Beobachter weg und gestikulierte mit der Hand in die entgegengesetzte Richtung. "Keine Ahnung, er war schon da, als ich nach draussen kam. Versteckt sich zwischen den Bäumen hinter uns."
"Okay, lassen Sie uns gehen, jetzt erwischen wir ihn ohnehin nicht. Ich werde Ray im HQ anrufen und ihn bitten herzukommen."
Erst als sie mit dem Auto die Einfahrt verlassen hatten, fuhr Doyle mit dem fort, was er eigentlich hatte sagen wollen.
"Peter, Sie können die gesamte Ausrüstung zur Erfassung der Umweltdaten für heute Nacht aufbauen, Mrs. McPherson hat ihre Zustimmung gegeben. Ich habe mit ihr vereinbart, dass Malcolm heute Nacht in einem anderen Zimmer schläft, sie werden also zwei Räume überwachen."
"Sehr gut." grinste er. Endlich bekam er auch etwas zu tun. "Ich werde Hayes mitnehmen, der kann mir beim Aufbauen helfen."
MOBILES O.S.I.R. LABOR, 11:30h
Lindsay Donner wartete vor dem mobilen Labor auf die beiden.
"Connor, Peter, ich habe etwas."
Sie folgten ihr in den Konferenzraum. Anton wartete schon auf sie.
"Also, was gibt es?" fragte Connor und setzte sich ans Kopfende des Tisches.
"Ich habe mit einer Frau gesprochen, Mrs. Eunice Bryton. Sie war früher Postbeamtin hier. Mrs. Bryton kannte die McPhersons, also Walter McPherson's Eltern, schon vor seiner Geburt. Sie waren immer unauffällige Leute, bis Walter in die Schule kam. Es sollen seltsame Dinge im Haus passiert sein, so dass die Menschen zu glauben begannen, das Kind sei verrückt geworden, besessen oder was auch immer. Irgendwann riefen sie einen Pfarrer hinzu, der einen Exorzismus vornahm, aber das änderte nichts an der Situation. Weil sie mit den Gerüchten die über sie verbreitet wurden nicht mehr leben konnten, sind sie weggezogen."
"Das würde vielleicht auch die ablehnende Haltung von Mr. McPherson uns gegenüber erklären." sagte Doyle.
"Wer nicht aus der Geschichte lernt, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." bemerkte Axon.
Donner holte einige Kopien aus ihrer Aktentasche und händigte sie an ihre Kollegen aus. "Genau, und das nicht zum ersten Mal. Überlieferte Geschichten und Zeitungsberichte mit ähnlichem Inhalt reichen bis über 250 Jahre zurück."
Ihre Kollegen überflogen das Material, das sie aus dem Stadtarchiv mitgebracht hatte. "Es war wohl schon etwas in Vergessenheit geraten, weil nichts Ungewöhnliches mehr passiert ist, seit die McPhersons 1976 ausgezogen waren." fügte sie noch hinzu.
"Wenn es tatsächlich eine Heimsuchung ist, muss der Auslöser also schon vor dem Feuer, das das alte Gebäude zerstörte, zu finden sein." stellte Anton fest.
"Aber warum taucht es so unregelmässig auf?" fragte Connor.
"Vielleicht gibt es ja ein Muster und wir sehen es nur noch nicht..." murmelte Axon und sah die in den Berichten genannten Daten durch.
Doyle nickte. "Lindsay, stellen Sie bitte die Daten, Umstände und Ausprägung der besagten Phänomene zusammen, vielleicht ergeben sich ja irgendwelche Zusammenhänge. Peter, Sie bauen die Überwachungsgeräte bei den McPhersons auf. Anton, sie begleiten ihn und sehen sich Malcolm mal an, vor allem im Hinblick auf irgendwelche psychokinetischen Fähigkeiten. Was auch immer es ist, ich will es so schnell wie möglich kriegen."
Als seine Kollegen den Raum verlassen hatten, schaltete er den DAT - Rekorder an seinem Gürtel an.
"Connor Doyle, Aktennotiz. Zweiter Tag. Heute Nacht wird das Haus der McPhersons vollständig überwacht werden. Dr. Hendricks untersucht Malcolm McPherson auf psychokinetische Fähigkeiten. Zur Unterstützung fordere ich Sicherheitskoordinator Ray Donahue vom Hauptquartier an."
Daraufhin machte er seinen Anruf beim HQ.
MALCOM'S ZIMMER, 14:00h
Malcolm beobachtete Peter interessiert beim Aufbauen der Instrumente.
"Wofür ist das?" fragte er.
"Damit misst man elektro - magnetische Energie."
"Und das?"
"Das misst PKE - Signale."
Malcolm grinste. "Das kenn' ich. Genau wie bei den echten Ghostbusters, damit kann man Gespenster finden."
Axon lachte. "Stimmt, genau wie bei den echten. Du kennst Dich aber ziemlich gut aus damit."
"Na klar, hab ich auch in dem Buch gelesen." Er deutete auf ein Kinderbuch, das neben seinem Bett lag. 'Bedtime Stories - Gruselgeschichten für Kinder und Jugendliche'. Axon unterbrach seine Arbeit, nahm das Buch zur Hand und betrachtete den Einband. Er zeigte ein kleines, haariges Wesen mit langen Krallen und roten Augen. "Kriegst Du keine Angst, wenn Du so etwas liest?" fragte er den Jungen.
Der zuckte mit den Schultern. "Doch, schon, aber ich hab es einfach nicht weitergelesen."
Er lächelte. "Denkst Du, Du könntest mir das Buch mal ausleihen?"
Malcolm zögerte. "Aber morgen musst Du es mir wiederbringen."
"Klar, mach ich." antwortete Peter, packte das Buch in seinen Koffer und fuhr mit seiner Arbeit fort.
"Und was ist das?" fragte Malcolm kurz darauf.
"Das ist nur eine Kamera, die macht ein Video von Deinem Zimmer."
VOR DEM MOBILEN O.S.I.R. LABOR, 17:00h
Axon sass auf den Treppen vor dem Mobilen Labor.
"Was lesen Sie denn da?" fragte Lindsay und nahm ihm das Buch aus der Hand. "Gruselgeschichten für Kinder? Also ein bisschen mehr hätte ich sogar Ihnen zugetraut."
Er grinste. "Das gehört Malcolm. Sehen Sie sich lieber mal den Einband an und sagen Sie mir, woran Sie das erinnert."
Sie musste nur einen kurzen Blick darauf werfen. "Malcolm's Monster." stellte sie überrascht fest.
Er nickte. "Yup. Und jetzt raten Sie mal, wie die erste Geschichte heisst: 'Das Monster Unter Meinem Bett'."
Sie gab ihm das Buch zurück. "Aber es kann kein Alptraum sein. Wir haben die Kratzer am Arm des Jungen gesehen und wir wissen, dass er sie sich nicht selbst zugefügt hat."
Axon zuckte mit den Schultern. "Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass das hier ein Zufall ist."
IM MOBILEN O.S.I.R. LABOR, GLEICHE ZEIT
"Connor?" Hendricks betrat den Raum.
"Die Ergebnisse vom Zentrallabor sind da. Sie konnten nicht identifizieren um was es sich handelt, es stimmt mit keiner uns bekannten Tierart überein."
VOR DEM MOBILEN O.S.I.R. LABOR, 17:50h
Ray Donahue, Sicherheitskoordinator beim O.S.I.R., traf mit vier seiner Leute ein.
"Ray, gut, dass sie da sind." Doyle schüttelte ihm die Hand. Sie hatten schon lange nicht mehr miteinander gearbeitet.
"Entweder werden wir oder das Haus der McPhersons von einem Unbekannten beobachtet. Ich möchte, dass Sie und Ihre Leute ein Auge darauf haben. Und wenn Sie Gelegenheit haben, ihn zu erwischen, zögern Sie nicht."
Donahue nickte. "Verstanden."
Doyle wandte sich ab und machte sich auf den Weg zurück ins Mobile Labor.
"Connor!" hielt Ray ihn auf. "Gut, dass Sie wieder da sind."
Doyle lächelte und verschwand durch die Tür.
MOBILES O.S.I.R. LABOR, 18:30h
Axon sass im Konferenzraum und las wieder in dem Buch, das er von Malcolm ausgeliehen hatte.
"Und, Peter, was ist mit der Geschichte?" fragte Lindsay.
Er legte das Buch beiseite und verschränkte die Arme. "Oh, ein Kind hat ein Monster unter dem Bett, jede Nacht kommt es raus und sie kämpfen miteinander, dann kommen die Geisterjäger und fangen es ein."
"Dann kann ja nichts mehr schiefgehen, oder?"
KONFERENZRAUM, 19:00h
"Wir müssen das mobile Labor vor das Haus der McPhersons verlegen, um die Überwachung ordnungsgemäss durchzuführen, also haben wir nicht viel Zeit. Gibt es irgend etwas Neues?" fragte Doyle eilig.
Donner warf Axon einen fragenden Blick zu. Connor war normalerweise nicht so, zeigte nie, wenn er gestresst war, nach aussen wirkte er immer wie die Ruhe selbst. Der zuckte nur mit den Schultern.
"Anton? Sie haben mit dem Jungen gesprochen?" fragte er direkt nach.
"Ja. Keine psychokinetischen Fähigkeiten, das ist so gut wie sicher. Sonst hat er mir nichts neues erzählt."
Doyle nickte. "Gut, dann packen Sie jetzt Ihre Sachen zusammen."
Seine Mitarbeiter verliessen den Raum, nur Axon blieb kurz in der Tür stehen.
"Alles okay, Connor?"
Er lächelte beschwichtigend. "Ja, sicher. Wahrscheinlich habe ich nur ein bisschen zu wenig geschlafen."
Peter gab sich damit zufrieden und folgte den anderen.
MOBILES O.S.I.R. LABOR, VOR DEM HAUS DER McPHERSONS, 21:00h
Hayes und Axon sassen vor ihren Monitoren, Hayes beobachtete das Zimmer, in dem der Junge gerade schlafen gegangen war, Axon das leere Kinderzimmer. Nebenbei las er wieder in dem Buch.
"Sie können sich wohl gar nicht mehr davon losreissen?" fragte Hayes.
Er grinste. "Nein, es ist wirklich spannend. Ausserdem muss ich es ja morgen schon zurückgeben und vor Mitternacht passiert ohnehin nichts."
MOBILES O.S.I.R. LABOR, 02:05h
Die übrigen Mitglieder des Teams hatten sich erst kurz vor Mitternacht bei den Monitoren eingefunden, trotzdem stand ihnen inzwischen die Müdigkeit und auch die Langeweile ins Gesicht geschrieben.
"Vielleicht passiert heute Nacht ja gar nichts." bemerkte Lindsay. In diesem Moment piepste eine der Anzeigen neben Hayes' Bildschirm.
"Was ist los?" fragte Connor.
Axon zog seinen Laptop zu sich heran. "Wir haben einen Temperaturabfall um zwei Grad in dem Zimmer, wo Malcolm schläft."
"Drei Grad, jetzt vier." korrigierte er. Sie warteten einige Minuten. "Temperatur scheint jetzt stabil zu bleiben."
"Er wacht auf." bemerkte Anton und ihre Blicke richteten sich wieder auf den Monitor. Malcolm hatte sich in seinem Bett aufgesetzt.
"Hören Sie das?" fragte Lindsay. Sie konnten ein immer lauter werdendes, kratzendes Geräusch wahrnehmen.
"Temperatur fällt noch einmal, jetzt vierzehn Grad Raumtemperatur und vorläufig stabil. Sonst keine ungewöhnlichen Werte." stellte Axon fest.
Das Bild flackerte kurz. "Was war das?" fragte Hayes.
"Keine Ahnung. Das Messgerät für die elektro-magnetische Energie ist ausgefallen." antwortete Axon.
Malcolm schrie auf, als etwas ihn quer über sein Gesicht kratzte. Er sprang auf, rannte zur Tür und versuchte zu flüchten.
"Starke Luftdruckfluktuationen!"
Die Tür knallte vor dem Jungen zu, liess sich offensichtlich nicht mehr öffnen.
"Ich gehe rein." Doyle sprang auf und verliess den Raum.
"Connor!" Peter griff sich sein Headset und folgte ihm. Er liess ihn nicht mehr aus den Augen, seit er wieder zurück war.
"Peter, die Temperatur sinkt weiter, acht Grad jetzt." hörte er Lindsay über Funk, während Doyle hastig die Haustür aufschloss.
Sie konnten Mrs. McPherson nach ihrem Sohn rufen hören. Sie stand auf dem Gang und schlug mit den Fäusten gegen die Holztür. "Sie geht nicht auf! Die Tür geht nicht auf!" rief sie ihnen zu.
Axon nahm Anlauf und trat gegen das dunkle Holz, aber es gab den Weg nicht frei. Von drinnen hörten sie Malcolm nach seiner Mutter rufen. Die beiden Männer sprangen gleichzeitig mit der Schulter gegen die schwere Holztür, sie gab nach und beide landeten auf dem Fussboden. Malcolm sass ängstlich in einer Ecke und weinte, seine Mutter eilte zu ihm.
"Peter? Alles in Ordnung?" fragte Hendricks über Funk, sie konnten die beiden jetzt auf der Überwachungskamera sehen.
Axon stand vom Boden auf und sah sich im Raum um. Nichts.
"Es ist wieder weg." beantwortete Malcolm seine nicht gestellte Frage.
"Raumtemperatur wieder normal." stellte Hayes fest.
HAUS DER McPHERSONS, 02:30h
Hendricks verarztete Malcolm, Doyle versuchte dessen Mutter zu beruhigen.
"Wie konnte das passieren!" fuhr sie ihn an. "Wofür sind Sie denn hier! Sie machen ja alles noch schlimmer!"
"Ma'am, es tut mir sehr leid, wir haben nicht damit gerechnet, dass..." Sie liess ihn mitten im Satz stehen und ging ins Wohnzimmer.
"Komm her, Malcolm." Sie hielt ihren Sohn fest bei sich und ging wieder auf Doyle los.
"Verlassen Sie mein Haus. Ich will jetzt keinen von Ihnen mehr hier sehen."
Es war klar, dass Diskussionen im Moment keinen Sinn machten.
"Axon, Hendricks, Donner." pfiff er seine Leute zurück. "Kommen Sie, wir gehen." Die drei folgten ihm.
"Entschuldigen Sie, Mr. Doyle." sagte Mrs. McPherson leise, bevor sie die Tür hinter ihnen verschloss.
MOBILES O.S.I.R. LABOR, 03:20h
Das Team sass im Konferenzraum und sah sich die Aufnahmen der Nacht an. Doyle hielt das Band an und rieb sich die Augen.
"Das hat jetzt keinen Sinn mehr. Wir beschäftigen uns morgen damit."
"Peter?" hielt er ihn auf, als er als letztes den Konferenzraum verlassen wollte. "Hätten wir damit rechnen müssen?"
Er schüttelte den Kopf. "Nein. Ich bin davon überzeugt, dass das nichts mit unserer Anwesenheit zu tun hat. Mrs. McPherson hat gesagt, dass das Phänomen schon seit längerer Zeit auftritt und immer häufiger und stärker ausgeprägt wird."
"Glauben Sie das wirklich?"
Er zögerte, dachte darüber nach. "Ja." antwortete er dann.
TAG 3, MOBILES O.S.I.R. LABOR, 11:00h
Das Team sass wieder im Konferenzraum und sah sich die überarbeiteten Videos an. Axon hielt das Band an. "Hier hat die Kamera für den Bruchteil einer Sekunde ausgesetzt, ebenso alle anderen Messgeräte. Danach lief alles wieder, ausser dem Messgerät für elektro - magnetische Energie."
"Stromschwankungen?" fragte Doyle.
"Nein. Der Thermoscanner läuft auf Batterien und ist ebenfalls ausgefallen. Ich habe ehrlich gesagt keine Erklärung dafür. Aber sehen Sie sich das hier an." Er spielte die Infrarotaufnahme ab. "In dem Moment, als die Temperatur begann abzufallen, veränderte sich das Energiefeld um Malcolm McPherson." Er deutete auf den roten Schleier, der Malcolm auf dieser Aufnahme umgab. "Jedesmal wenn noch etwas passiert ist, als die Tür zuschlug und als er verletzt wurde, vergrösserte sich das Energiefeld um ihn herum und das hier entstand daraus."
Er vergrösserte den Ausschnitt und auf dem Boden wurde ein schwaches Energiefeld von der Grösse einer Bowlingkugel sichtbar.
"Malcolm verursacht also die Erscheinung." bestätigte Lindsay.
"Aber wie soll er das gemacht haben?" fragte Anton. "Ich konnte absolut keine paranormalen Fähigkeiten bei ihm feststellen."
Axon warf das Kinderbuch auf den Tisch.
"Was ist, wenn er Angst hatte, vor dem hier." Alle betrachteten das Monster auf dem Buchcover. Anton nickte zustimmend. Das hatte Malcolm ihm gegenüber in ihrem Gespräch erwähnt. "Und was ist" fuhr Peter fort, "wenn diese Angst so stark gewesen wäre, dass sie sich irgendwie..." er gestikulierte mit den Händen in der Luft "... irgendwie manifestiert hat?"
"Aber wenn er dafür verantwortlich ist, wie erklären Sie sich dann, dass so etwas dort schon früher passiert ist?" fragte Lindsay.
Er überlegte und fuhr sich durch die kurzen Haare. "Es muss mit beidem zusammenhängen... dem Kind und dem Haus."
"Ja, genau!" Lindsay nickte. "Ich dachte, ich hätte kein Muster in den dokumentierten Vorfälle, aber immer wenn etwas passiert ist, lebte ein Kind dort. Das ist es."
"Mrs. McPherson hat gesagt, es hätte mit Malcolm's siebten Geburtstag begonnen. Gibt es genaue Daten über die anderen Kinder?" fragte Doyle.
Lindsay durchsuchte die Berichte. Darauf hatte sie nicht geachtet.
"Nein, leider nichts genaues..." murmelte sie. "Nur Malcolm's Vater. Er war sieben Jahre alt, als seine Familie weggezogen ist."
ZUR GLEICHEN ZEIT VOR DEM MOBILEN LABOR
Ray hatte den Schatten bemerkt, der sie aus den Bäumen heraus beobachtete. Er hatte ihn mehr gespürt als tatsächlich sehen können. Unauffällig gab er seinen Männern über Funk den Befehl, den unbekannten einzukreisen und begab sich dann selbst zu der Stelle, an der er ihn vermutete. Der Mann bemerkte Ray nicht, als er sich von der Seite anschlich.
"Entschuldigen Sie, Sir..." sprach er den Beobachter an.
Der Mann schreckte auf und wollte fliehen, doch als er sich umdrehte erkannte er schnell, dass er umzingelt war und gab auf.
"Würden Sie mich bitte begleiten." orderte Donahue höflich.
IM KONFERENZRAUM
Ray öffnete die Glastür einen Spalt.
"Leute, wir haben ihn, den geheimnisvollen Beobachter." informierte er sie und schob den Mann vor sich in den Raum.
Doyle stand auf: "Mr. McPherson." stellte er überrascht fest. "Setzen Sie sich bitte, ich denke, wir haben über einiges zu sprechen."
Der Mann setzte sich an das gegenüberliegende Ende des Tisches. "Geht es Malcolm gut?"
"Ja, es geht ihm gut." bestätigte Doyle. "Sie wissen doch, was hier vorgeht, warum haben Sie nichts gesagt?"
Er schüttelte den Kopf und blickte nach unten. Sie wussten also bescheid. "Ich... ich weiss es nicht, es war..."
"Es geht hier immerhin um Ihren Sohn!" fuhr Axon ihn an. "Warum wollen Sie ihm denn nicht helfen!"
"Peter." ermahnte Anton ihn zur Ruhe.
"Entschuldigen Sie mich." murmelte Axon und verliess den Raum. Er hielt es für besser, das Gespräch von draussen über den Monitor der Überwachungskamera zu verfolgen.
"Also, Mr. McPherson, wollen Sie uns irgendwas dazu sagen?" fragte Anton ruhig.
Der Mann seufzte und sah nicht auf, als er begann, zu sprechen. "Mir ist so etwas ähnliches passiert wie Malcolm jetzt, auch in diesem Haus. Nachts wachte ich auf und mein Zimmer bebte. Ich hatte als Kind wahnsinnige Angst vor einem Erdbeben. Es passierte immer häufiger und wurde jede Nacht schlimmer bis einmal wie aus dem Nichts Gesteinsbrocken auftauchten und von der Decke auf mich fielen. Es war wie ein Erdbeben, nur in meinem Zimmer. Nach dieser Nacht, als die Steine mich unter sich begraben hatten, packten meine Eltern unsere Sachen und verliessen die Stadt."
"Warum sind Sie dann jetzt zurückgekommen und warum haben Sie uns nichts erzählt?" fragte Lindsay.
"Ich... damals dachten alle, ich wäre verrückt, würde mir das einbilden, mir die Verletzungen selbst zufügen. Ich habe deshalb fünf Jahre meiner Kindheit in einer Nervenheilanstalt verbracht! Ich war selbst davon überzeugt, verrückt geworden zu sein. Das wollte ich Malcolm ersparen."
"Und jetzt?" fragte Hendricks.
"Jetzt weiss ich, dass es nicht an mir lag. Es war die Wirklichkeit. Sie müssen Malcolm helfen."
MOBILES O.S.I.R. LABOR, 12:20h
Walter McPherson war zu seiner Familie ins Haus zurückgegangen. Er hatte viel zu besprechen mit seiner Frau, die von all dem nichts gewusst hatte.
Die O.S.I.R. - Mitarbeiter sassen um den Tisch versammelt.
"Manifestierte Ängste aus dem Unterbewusstsein. Nur wie werden wir die wieder los?" fragte Doyle.
"Wir müssten versuchen, dem Kind die Angst zu nehmen." schlug Hendricks vor.
"Falls es nur auf diese spezifische Angst bezogen ist, ja. Aber das glaube ich nicht. Jeder Mensch hat vor irgend etwas Angst. Wahrscheinlich würde es sich dann in einer anderen, vielleicht sogar gefährlicheren Form manifestieren." antwortete Lindsay.
"Was ist, wenn das alles gar nicht nötig ist?" warf Axon ein.
Seine Kollegen sahen ihn erwartungsvoll an und er begann zu erklären.
"Das Phänomen begann mit Malcolm's siebten Geburtstag. Sowohl bei ihm als auch bei seinem Vater trat es von da an immer häufiger und stärker auf, also arbeitet die Sache ja auf irgend etwas hin. Inzwischen passiert es jede Nacht, beeinflusst bereits die Umwelt und hat Malcolm verletzt, das sieht schon ziemlich nach dem Höhepunkt der Erscheinung aus. Und da es so datumsbezogen zu sein scheint... in drei Tagen wird er acht Jahre alt. Was ist, wenn es dann vielleicht einfach wieder verschwindet?"
Die anderen dachten kurz darüber nach.
"Einen Versuch ist es wert." beschloss Doyle. "Wir werden die Familie auf jeden Fall bis zu diesem Datum aus dem Haus evakuieren, vielleicht löst das Problem sich so von selbst."
ZWEI WOCHEN SPÄTER
"Nach Malcolm McPherson's achten Geburtstag ist die Familie wieder in ihr Haus zurückgekehrt. Seitdem gab es keinerlei ungewöhnliche Vorkommnisse mehr. Es scheint so, als ob das Phänomen einer sich manifestierenden Angst in diesem Haus allein auf Kinder im Alter von sieben Jahren beschränkt ist. Die Familie wird noch weiter routinemässig beobachtet, es ist aber nicht damit zu rechnen, dass noch etwas passiert. Leiter der Ermittlungen, Connor Doyle, schliesst die Akte #183-965."
Er stellt den DAT - Rekorder ab und trat nach draussen. Sein Team hatte sich gerade von der McPherson - Familie verabschiedet und er tat dasselbe.
"Das einzige, was du fürchten musst, ist die Furcht an sich." bemerkte Axon mit einem letzten Blick auf das grosse alte Haus, in dem die McPhersons gerade verschwunden waren.
"Haben Sie eigentlich für alles einen passenden Spruch bereit?" fragte Lindsay und grinste.
"Ja, hat er." antwortete Connor für ihn.
D.A.: Emotionen sind das, was den Menschen auszeichnet. Sie machen das Leben für uns lebenswert. Aber nicht alle sind positiv. Was wären jedoch Liebe, Glück und Freude wenn es keine Trauer oder Angst gäbe? Jeder muss sich irgendwann seinen Ängsten stellen, und manchmal sind sie realer, als wir es uns hätten vorstellen können.
THE END